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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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funktioniert. Dann macht er das Bett und legt sich hin, einfach weil es ein tolles Gefühl ist, sich hinzulegen. Es ist das erste Mal seit mindestens einer Woche, dass er so etwas wie eine Privatsphäre hat. Ungeachtet Avis sonderbarer Warnungen vor der Selbstbefriedigung am Strand von Pacifica ist es höchste Zeit, dass Randy sich um etwas kümmert. Er muss sich jetzt stark konzentrieren und eine gewisse Ablenkung überwinden. Sein letztes Gespräch mit Amy noch einmal Revue passieren zu lassen genügt, um ihm eine gute Erektion zu verschaffen. Er greift hinunter in seine Hose und schläft abrupt ein.
    Er erwacht von dem klirrenden Geräusch, mit dem sich die Tür des Zellenblocks öffnet. Ein neuer Häftling wird hereingeführt. Randy versucht sich hinzusetzen und stellt fest, dass seine Hand immer noch in seiner Hose steckt, ohne dass sie ihren Auftrag dort erfüllt hat. Widerstrebend zieht er sie heraus und richtet sich auf. Er schwingt die Füße vom Bett auf den Steinfußboden. Jetzt sitzt er mit dem Rücken zu der angrenzenden Zelle, die ein Spiegelbild seiner eigenen ist, das heißt, die Betten und Toiletten der beiden Zellen liegen unmittelbar nebeneinander entlang dem Trenngitter, das beiden gemeinsam ist. Er steht auf, dreht sich um und schaut zu, wie der andere Häftling in die Zelle neben seiner geführt wird. Der Neue ist ein Weißer, vermutlich in den Sechzigern, vielleicht sogar Siebzigern, wenngleich man auch auf Fünfziger oder Achtziger plädieren könnte. Ziemlich vital jedenfalls. Er trägt denselben Gefängnisoverall wie Randy, allerdings mit anderen Accessoires versehen: Anstelle eines Laptops hat er ein Kreuz, das an einem Rosenkranz mit gewaltigen Bernsteinperlen baumelt, und eine Art Medaillon an einer Silberkette, und er presst mehrere Bücher an sich: eine Bibel, etwas Großes in Deutsch und einen aktuellen Bestseller.
    Die Wärter behandeln ihn mit äußerstem Respekt; Randy nimmt an, dass der Typ Priester ist. Sie sprechen Tagalog mit ihm, stellen ihm – wie Randy glaubt, eifrig um sein Wohl und Wehe besorgt – Fragen und der Weiße antwortet ihnen in beruhigendem Ton und erzählt sogar einen Witz. Er bittet höflich um etwas; ein Wärter eilt hinaus und kommt bald darauf mit einem Pack Spielkarten zurück. Schließlich verlassen die Wärter, praktisch katzbuckelnd, rückwärts die Zelle und schließen ihn unter fortwährenden Entschuldigungen, die langsam monoton werden, ein. Der Weiße sagt etwas, vergibt ihnen mit einer witzigen Bemerkung. Sie lachen nervös und gehen. Einen Moment steht der Weiße mitten in seiner Zelle und starrt nachdenklich auf den Fußboden; möglicherweise betet er oder so etwas. Dann hört er abrupt damit auf und sieht sich um. Randy lehnt sich an das Trenngitter und streckt seine Hand zwischen den Eisenstäben durch. »Randy Waterhouse«, sagt er.
    Der Weiße schleudert seine Bücher aufs Bett, schwebt zu ihm hinüber und schüttelt ihm die Hand. »Enoch Root«, erwidert er. »Sehr erfreut, Sie persönlich kennen zu lernen, Randy.« Seine Stimme ist unverkennbar die von Pontifex – [email protected]
    Randy erstarrt für lange Zeit, wie ein Mann, der soeben gemerkt hat, dass man ihm einen kolossalen Streich gespielt hat, aber nicht weiß, wie kolossal er ist und wie er darauf reagieren soll. Enoch Root sieht, dass Randy wie gelähmt ist, und springt geschickt in die Bresche. Er biegt den Pack Karten in einer Hand und lässt ihn in die andere hinüberschnellen; die Schlange aus in der Luft schwebenden Karten hängt, einem Akkordeon gleich, für einen Augenblick einfach zwischen seinen Händen. »Nicht so biegsam wie ETC-Karten, aber erstaunlich nützlich«, sinniert er. »Mit etwas Glück, Randy, können Sie und ich eine Brücke machen – solange Sie ohnehin nur wie ein Brückenpfeiler dastehen.«
    »Eine Brücke machen?«, wiederholt Randy, der sich ziemlich blöd fühlt und vermutlich auch anhört.
    »Ach, tut mir Leid, mein Englisch ist etwas eingerostet – ich meinte natürlich das Kartenspiel Bridge. Kennen Sie es?«
    »Bridge? Nein. Aber ich dachte, dazu bräuchte man vier Spieler.«
    »Ich habe mir eine Version ausgedacht, die von zweien gespielt wird. Ich hoffe nur, dass dieser Pack komplett ist – für das Spiel sind vierundfünfzig Karten nötig.«
    »Vierundfünfzig,« grübelt Randy. »Hat Ihr Spiel etwas mit Pontifex zu tun?«
    »Es ist ein und dasselbe.«
    »Ich glaube, ich habe die Regeln für Pontifex irgendwo auf meiner Festplatte

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