Cryptonomicon
Gänge, die älter und weniger benutzt zu sein scheinen, und schließlich durch eine altmodische Gefängnistür aus Eisenstangen in einen lang gestreckten Raum mit einem Steingewölbe; darin befindet sich eine einzige Reihe von vielleicht einem halben Dutzend Zellen und einem Durchgang für die Wachen, der an den Türen der Eisenkäfige entlangführt.Wie die Nachbildung eines Gefängnisses in einem Themenpark. Sie führen ihn ganz ans Ende und stecken ihn in die letzte Zelle. Dort erwarten ihn ein eisernes Bettgestell, eine dünne Baumwollmatratze mit fleckigen, aber sauber gewaschenen Laken und eine Armeewolldecke, die zusammengefaltet obendrauf liegt. Außerdem hat man einen alten hölzernen Aktenschrank und einen Klappstuhl hergebracht und in eine Ecke gestellt, direkt an die Steinmauer, an der dieser lang gestreckte Raum endet. Der Aktenschrank soll Randy natürlich als Schreibtisch dienen. Die Schubladen sind verschlossen. Mithilfe mehrerer Windungen einer schweren Kette und eines Vorhängeschlosses ist der Aktenschrank an diese Stelle fixiert, sodass völlig klar ist, dass Randy den Computer dort, in dieser Ecke der Zelle und nirgendwo sonst, benutzen soll. Wie Rechtsanwalt Alejandro versprochen hat, wurde eine Verlängerungsschnur in eine Wandsteckdose in der Nähe des Zellenblockeingangs gesteckt, den Gang entlanggeführt, außerhalb von Randys Reichweite sicher um ein Rohr geknotet und das Ende hinüber in Richtung Aktenschrank gelegt. Allerdings reicht es nicht ganz bis in Randys Zelle, sodass die einzige Möglichkeit, den Computer anzuschließen, darin besteht, ihn auf diesen Aktenschrank zu stellen, das Anschlusskabel auf der Rückseite einzustecken und das andere Ende durch die Gitterstäbe hindurch einem Wärter zuzuwerfen, der es mit der Verlängerungsschnur verbindet.
Anfangs wirkt das Ganze lediglich wie das lästige Manöver eines dieser Kontrollfanatiker, eine aus schierem sadistischem Vergnügen erfolgende Machtdemonstration. Doch nachdem Randy, von den Ketten befreit und in seiner Zelle eingesperrt, für ein paar Minuten allein gewesen ist und es im Kopf durchspielen konnte, denkt er anders darüber. Normalerweise könnte Randy den Computer natürlich auf dem Aktenschrank stehen lassen, während die Akkus geladen würden, und ihn dann zu seinem Bett hinübertragen und ihn dort benutzen, bis sie wieder leer gelaufen wären. Die Akkus wurden jedoch entfernt, bevor Rechtsanwalt Alejandro ihm das Gerät gab, und in seiner Zelle scheinen auch nirgendwo Akkupacks für den ThinkPad herumzuliegen. Er wird das Gerät also die ganze Zeit angeschlossen lassen müssen, und aufgrund der Art, wie sie den Aktenschrank aufgestellt und die Verlängerungsschnur gelegt haben, ist er durch gewisse unveränderliche Eigenschaften der dreidimensionalen euklidischen Raumzeit gezwungen, die Maschine an einem und nur einem Platz zu verwenden, nämlich genau auf diesem dämlichen Aktenschrank. Das hält er nicht für einen Zufall.
Er setzt sich auf den Aktenschrank und sucht Wand und Decke nach Videokameras für Aufnahmen über die Schulter ab, schaut dabei allerdings nicht besonders genau hin und erwartet im Grunde auch nicht, welche zu finden. Um Text auf einem Bildschirm zu erkennen, müssten es hochauflösende Kameras sein, was gleichbedeutend wäre mit groß und sichtbar; unauffällige Lochkameras würden dafür nicht ausreichen. Große Kameras gibt es hier nicht.
Allmählich ist sich Randy nahezu sicher, dass er, könnte er diesen Aktenschrank aufschließen, elektronische Gerätschaften darin fände. Unmittelbar unter seinem Laptop ist vermutlich eine Antenne angebracht, um von seinem Bildschirm ausgehende Van-Eck-Signale aufzufangen. Darunter dürfte sich eine Vorrichtung befinden, die diese Signale in eine digitale Form übersetzt und die Ergebnisse an eine nahe gelegene Abhörstation, wahrscheinlich gleich hinter einer dieser Mauern, weitergibt. Im Schrankboden liegen vermutlich irgendwelche Batterien, die dafür sorgen, dass das Ganze überhaupt läuft. Er schüttelt den Schrank, so weit die Ketten es erlauben, und findet, dass er in der Tat ziemlich bodenlastig ist, so als stünde in der untersten Schublade eine Autobatterie. Vielleicht bildet er sich das aber auch nur ein. Vielleicht lassen sie ihm seinen Laptop auch, weil sie einfach nette Jungs sind.
So sieht es also aus. So ist die Lage. Das ist der Deal. Alles sehr klar und einfach. Randy startet den Laptop, nur um festzustellen, ob er noch
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