Cryptonomicon

des Deprimierten. Schließlich macht er sich klar, dass der Kram in diesen Papieren größtenteils wahrscheinlich keinen direkten Bezug zu Arethusa hat und dass er sich einfach nur beruhigen und das Material sorgfältig sichten muss.
    Zwei Wochen vergehen. Seine Gebete im Hinblick auf den Hunk of Burning Love werden erhört und verschaffen ihm zumindest ein paar Tage Erleichterung, sodass er die Vorstellung von Amy Shaftoe, wenn auch nur in sehr nüchterner und leidenschaftsloser Form, an sich heranlassen kann. Ab und zu erscheint Rechtsanwalt Alejandro, um Randy mitzuteilen, dass es nicht sehr gut aussieht. Überraschende Hindernisse hätten sich ergeben. Sämtliche Leute, die er habe bestechen wollen, seien bereits präventiv von jemand anderem bestochen worden. Für Randy, der meint, alles ausklamüsert zu haben, sind diese Zusammenkünfte öde. Zunächst einmal ist es Wing, und nicht der Dentist, der für das Ganze verantwortlich ist, und deshalb geht Rechtsanwalt Alejandro von fehlerhaften Annahmen aus.
    Enoch hat, als er Randy im Flieger anrief, gesagt, sein alter Kumpel von der NSA arbeite für einen Kunden der Krypta. Mittlerweile scheint klar zu sein, dass es sich bei dem Kunden um Wing handelt. Wing glaubt, dass die Arethusa-Funksprüche Informationen über die Hauptlagerstätte enthalten. Er möchte, dass Randy diese Funksprüche entschlüsselt, damit er weiß, wo er graben muss. Daher die ganze Situation mit dem Laptop. Alle Anstrengungen von Rechtsanwalt Alejandro, Randy frei zu bekommen, werden erfolglos bleiben, bis Wing die Informationen hat, die er will – oder das glaubt. Dann wird ganz plötzlich das Eis brechen und Randy wird aufgrund einer Formalie unversehens freikommen. Randy ist sich dessen so sicher, dass er Rechtsanwalt Alejandros Besuche ärgerlich findet. Er würde ihm das alles gern erklären, damit der andere das fruchtlose Unterfangen und seine zunehmend trostlosen und faden Lageberichte sein lassen kann. Aber dann würde Wing, der diese Besprechungen von Anwalt und Mandant vermutlich überwacht, wissen, dass Randy ihm auf die Schliche gekommen ist, und Randy will nicht, dass er das weiß. Also döst er sich durch diese Zusammenkünfte und bemüht sich anschließend, wenn er Enoch Root auf den neuesten Stand bringt, sicherheitshalber auch noch um einen überzeugend verwirrten und deprimierten Ton.
    Er gelangt konzeptuell an den Punkt, an dem sich sein Großvater befunden hat, als er begann, die Arethusa-Funksprüche zu knacken. Das heißt, er hat nun eine Theorie darüber, wie Arethusa funktionierte. Er kennt zwar nicht den genauen Algorithmus, aber er weiß, welcher Familie von Algorithmen er angehört, und das engt den Suchraum sehr viel stärker ein, als es zuvor der Fall war. So stark jedenfalls, dass ein moderner Computer ihn erforschen kann. Randy gibt sich einer achtundvierzig Stunden dauernden Hack-Orgie hin. Der Nervenschaden in seinen Handgelenken hat sich so sehr verschlimmert, dass ihm praktisch Funken aus den Fingerspitzen sprühen. Sein Arzt hat ihm gesagt, er dürfe nie mehr an nichtergonomischen Tastaturen arbeiten. Auch seine Augen lassen ihn allmählich im Stich und er muss die Bildschirmfarben umkehren und mit weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund arbeiten, wobei er die Buchstabengröße in dem Maße erhöht, wie er die Fähigkeit zum Scharfsehen einbüßt. Doch endlich kriegt er etwas hin, von dem er meint, dass es funktionieren wird, und er startet es und lässt es über die Arethusa-Funksprüche laufen, die im Gedächtnis des Computers leben, aber bis jetzt noch nie auf den Bildschirm geholt worden sind. Er schläft ein. Als er aufwacht, informiert ihn der Computer darüber, dass er möglicherweise einen der Funksprüche geknackt hat. In Wirklichkeit sind es drei, die alle am 4. April 1945 abgehört worden und demzufolge alle mithilfe desselben Schlüsselstroms verschlüsselt sind.
    Im Gegensatz zu menschlichen Codeknackern können Computer kein Englisch lesen, ja es noch nicht einmal erkennen. Sie können mit ungeheurer Geschwindigkeit mögliche Entschlüsselungen eines Funksspruchs ausspucken, aber wenn man ihnen zwei Zeichenfolgen wie
    SCHICKT SOFORT HILFE
    und
    XUEBP TOAFF NMQPT
    vorsetzt, besitzen sie keine ihnen eigene Fähigkeit, die erste als erfolgreiche Entschlüsselung eines Funkspruchs und die zweite als Misserfolg zu erkennen. Aber sie können eine Häufigkeitszählung der Buchstaben durchführen. Wenn der Computer feststellt, dass E der