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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zusammenfügen und das Ganze einen Sinn ergibt.
    Es läuft alles auf eine Gleichung hinaus, die auf einem Blatt Papier steht. Ihr bloßer Anblick ruft ein seltsames Gefühl der Nostalgie in ihm hervor, denn es ist derselbe Typ von Gleichung, mit dem er sich damals in Princeton mit Alan und Rudi beschäftigt hat.
    Dann legt er erneut eine Schlafpause ein, weil er für den letzten Schritt hellwach sein muss.
    Der letzte Schritt sieht folgendermaßen aus: Er begibt sich in den Keller eines Gebäudes in Manila. Das Gebäude ist von der United States Army in ein Fernmeldehauptquartier umgewandelt worden. Waterhouse ist einer von einem halben Dutzend Leuten auf dem Planeten, die dort Zugang zu einem speziellen Raum haben. Der Raum beansprucht nur etwas mehr als ein Viertel der Gesamtgrundfläche des Kellers und teilt sich diesen mit mehreren anderen Räumen, von denen einige größer sind und einige als Büros für Männer dienen, die einen höheren Rang haben, als ihn Waterhouses Uniform ausweist. Aber in Verbindung mit Waterhouses Zimmer gibt es ein paar Merkwürdigkeiten:
    1. Unmittelbar vor der Tür zu diesem Raum lungern jederzeit nicht weniger als drei United States Marines herum, die Repetierflinten und andere, auf die innerhäusige Fleischzerkleinerung aus nächster Nähe optimierte Waffen tragen.
    2. Eine Menge Stromkabel führen in diesen Raum; er hat seinen eigenen, von der Stromversorgung des übrigen Gebäudes getrennten Sicherungskasten.
    3. Aus dem Raum dringen gedämpfte und dennoch ohrenbetäubende, quasimusikalische Geräusche.
    4. Der Raum wird als der Keller bezeichnet, obwohl er nur einen Teil des Kellers bildet. Geschrieben wird »der KELLER« in Großbuchstaben. Wenn irgendwer (sagen wir Lieutenant Colonel Earl Comstock) dies verbalisiert, hält er mitten im Satz inne, sodass sich die vorangegangenen Worte gewissermaßen ineinanderschieben wie Autos bei einer Massenkarambolage. Er klammert den »KELLER« mit einem Paar Zäsuren ein, die jeweils eine volle Sekunde dauern. Während der ersten hebt er die Augenbrauen, spitzt zugleich die Lippen und ändert dadurch die gesamten Proportionen seines Gesichts, sodass es sich in der Senkrechten auffallend längt, und seine Augen huschen zur Seite, falls es irgendwelchen japanischen Spionen irgendwie gelungen sein sollte, der jüngsten Apokalypse zu entrinnen und eine Möglichkeit zu finden, an den Rändern seines Gesichtsfeldes zu lauern. Dann sagt er »der« und dann sagt er »KELLER«, wobei er kurz auf den beiden L verharrt und das R deutlich artikuliert. Dann folgt die zweite Zäsur, während der er den Kopf dem Zuhörer entgegenneigt und ihn mit einem ernsten, taxierenden Blick fixiert, der von diesem so etwas wie eine durch Worte oder Gesten erfolgende Bestätigung zu erheischen scheint, dass sich soeben etwas ungeheuer Bedeutsames zwischen ihnen ereignet hat. Und dann fährt er mit dem fort, was er gerade gesagt hat.
    Waterhouse nickt den Marines zu, von denen ihm einer die Tür aufreißt. Kurz nachdem man den KELLER eingerichtet hat – damals war noch kaum mehr als ein Haufen Holzkisten und ein Stapel zehn Meter langer Abflussrohre vorhanden und die Elektriker waren noch damit beschäftigt, die Leitungen zu legen -, passierte etwas wirklich Komisches: Lieutenant Colonel Earl Comstock versuchte, den KELLER zu betreten, um ihn zu inspizieren. Doch aufgrund eines bürokratischen Versehens stand sein Name nicht auf der Liste, und so kam es zu einer Meinungsverschiedenheit, die darin kulminierte, dass einer der Marines seine 45er Colt-Pistole zog, den Sicherungshebel umlegte, die Waffe durchlud, den Lauf mitten auf Comstocks Oberschenkel drückte, sich dann in Reminiszenzen über einige spektakuläre Verletzungen mit Oberschenkeltrümmerbruch erging, die er persönlich an Orten wie zum Beispiel Tarawa erlebt habe, und überhaupt alles tat, um Comstock eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie sein Leben sowohl kurz- als auch langfristig aussähe, wenn ein großes Stück Blei mitten durch besagten Knochen schlüge. Zur allgemeinen Überraschung freute, ja entzückte diese Begegnung Comstock, der seither nicht mehr aufgehört hat, davon zu reden. Natürlich steht sein Name mittlerweile auf der Liste.
    Der KELLER ist mit ETC-Kartenlesegeräten und mehreren Gestellen voller Geräte gefüllt, die keine Firmenlogos tragen, insofern sie von Waterhouse in Brisbane konstruiert und weitgehend auch selbst gebaut worden sind. Wenn alle diese Geräte auf die richtige

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