Crystall (German Edition)
Weissagung geendet und blickte nun Mandy an. Ihr Mund bewegte sich nicht, dennoch sprach sie auf irgendeine Weise zu ihr. Du dummes Mädchen, sterben wirst du, so wie alle. Nadju wird dein Untergang sein.
Mandy verstand die Worte nicht wirklich. Sie schüttelte den Kopf, packte ihre Freunde gleichzeitig und stürmte trotz deren Protestes aus dem Zelt.
„Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren?!“, rief Nirrka entsetzt. Sie sah Mandy scharf in die Augen, allerdings lag darin mehr Überraschung als Bosheit. Nirrka holte tief Luft.
„Ich wollte euch retten.“
„Retten – wovor?“, fragte Maxot verwirrt. Für ihn war das alles viel zu schnell gegangen.
„Ich ... ich wollte nur...“ Mandy stammelte verzweifelte Silben, konzentrierte sich einen Moment und fuhr dann ruhiger fort: „Ich habe etwas gesehen.“
„Und was?“, wollte Nirrka wissen. Ihre Stimme klang beinahe widersprüchlich sanft.
Mandy winkte ab. „Schon gut, wahrscheinlich habe ich mich nur verrückt machen lassen.“
Nirrka seufzte leise und legte ihr tröstlich einen Arm um die Schulter. „Lass gut sein, wir alle sind überspannt. Auch mich macht diese friedvolle Umgebung in Wahrheit nervös, denn sie entspricht nicht der eigentlichen Situation. Wir werden gleich morgen aufbrechen, versprochen.“
„Wegen mir...“
„Ich finde auch, wir sollten keine weitere Zeit verschwenden“, unterbrach sie der Troll.
Mandy nickte widerwillig.
Der Rest des Tages verging rasch und Mandy verdrängte ihren Schrecken sogar gut. Sie vergaß ihn nicht, unterdrückte ihn aber. Ihre Gedanken liefen wieder auf geordneten Bahnen. Hin und wieder ließen sich die Freunde auch von der friedfertigen Umgebung anstecken. Es gab jede menge Spaß und Gerede, Nirrka feilschte nur so zum Vergnügen und hielt die Verkäufer zum Narren. Sie entdeckten selbst eine Art Zirkusvorstellung. So ging es in den Abend hinein. Sie speisten noch einmal, was ihre Mägen hergaben und legten sich dann zur letzten Nachtruhe. Doch ...
Auch in der zweiten Nacht erwachte Mandy, diesmal unfreiwillig. Es war ein bisher unidentifizierbares Geräusch daran schuld und es hatte den absurden Anschein, dass sie mit diesem Erlebnis allein war. Zumindest spürte sie nicht, dass ihre Freunde auf den Beinen waren. Allerdings konnte sie das nur Schwach deuten, denn sie fühlte sich um den Schlaf ihres Lebens gebracht. Die Augen brannten wie Feuer, ihre Mundhöhle fühlte sich pelzig, ja beinahe taub an. Zudem schlug ihr Herz revoltierend und machte ihr klar, dass sie aus einem Tiefschlaf gerissen worden war. Aber das empfand sie nicht annähernd seltsam. Es erging ihr nie anders, wenn sie tief in der Nacht unfreiwillig geweckt wurde. Ein Scherz des Schicksals... Dennoch gab sie sich alle Mühe, um entgültig wach zu werden. Das dauerte seine Zeit, denn ihre Glieder waren nahezu gelähmt und die Gedanken nicht fähig, etwas Vernünftiges und Logisches hervor zu bringen.
Es war die Rückkehr der seltsamen Geräusche, die sie endgültig in die Höhe trieben. Sie konnte noch immer nicht wirklich auffassen, um was für eine Art Nachtstörung es sich handeln musste, aber ihre müden Gedanken wurden klar und ihr Herz machte einen solch heftigen Satz, dass sie beinahe über den Bettrand hinaus gesprungen wäre. So setzte sie nur ihre Füße auf den Boden, beugte sich schwer auf die Oberschenkel und kämpfte verbissen – zur Hölle, Mandy, warum legst du dich nicht einfach wieder hin und schläfst?! – gegen die wohltuende Dunkelheit vor ihren Augen. Es wäre ja so einfach gewesen, die Lider zu schließen und ...
Verdammt, sie konnte es nicht. Dieses sonderbare Gefühl eines Schuldbewusstseins hatte in Nadju begonnen und sie erlag neuerlich diesem eigenartigen Gespür . Sie glaubte schlicht, dass sie etwas Wichtiges verpassen könnte, sollte sie tatsächlich einpennen. Es war absurd, dennoch ein realistisches Gefühl. Es machte ihr nicht einmal Angst.
Mandy rieb sich die letzte Müdigkeit aus den Augen und warf einen fast gelangweilten Blick auf ihre Freunde. Wie immer schliefen die tief und fest und wollten unbedingt nichts von dem nächtlichen Spaß mitbekommen.
Na ja. Sie zuckte mit den Schultern und lauschte. Sie musste die Herkunft ihres Peinigers herausfinden, denn sie war sich absolut bewusst, ein Geräusch wahrgenommen zu haben. Momentan aber wiederholte es sich nicht und sie dachte ernsthaft darüber nach, ob sie sich nicht gerade eben lächerlich machte. Sie war in einer
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