Crystall (German Edition)
knurrte und stürzte sich gellend auf den Unhold, der seinen Freund angegriffen hatte. Wutentbrannt sprang er auf ihn, klammerte sich an den Kleidern fest und schrammte seinen Hals mit den langen, spitzen Trollnägeln. Den Echsenmann brachte das keineswegs zu Fall, aber zumindest aus dem Konzept.
Nun endlich reagierte auch der Prinz. Er wich einen Schritt vor Lyhma zurück und zog in der gleichen Bewegung sein Schwert. Er führte es mit spielerischer Leichtigkeit und begann ein Duell mit seiner Schwester.
Noch immer saß Mandy mit entsetztem Blick auf dem Boden. Der Schmerz war längst vergangen, doch nun lähmte sie die Fassungslosigkeit. Sie hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging und vor allem, wer nun noch Freund und wer Feind war.
Nawarhon lieferte sich mit seiner Schwester einen erbitterten Kampf, dessen Ausgang keine Sekunde fest stand. Auf beiden Seiten wurde brillant pariert und ebenso geschickt angegriffen. Sie liefen vor und zurück, legten für Sekunden kleine Pausen ein und verzerrten die Gesichter zu einer erbitterten Maske. Trotzdem hatte Lyhma vielleicht einen kleinen Vorteil, denn ihr Bruder saß der Schock sicher im Nacken und er würde sich fragen, weshalb sie ihn angriff. Ein Wesen, der er jahrelang vertraute.
Mandy überlegte verzweifelt, wie sie eventuell in den Kampf eingreifen könnte. Doch sie bezweifelte, dass es etwas nützen würde.
Hin und wieder kamen Nawarhons verständnislose Worte zu ihr, in denen er Lyhma nach dem Grund fragte. Aber sie antwortete nicht, sondern schlug dann nur umso verbitterter zu. In ihren Augen war der blanke Hass zu sehen. Sie kämpfte mit eisernem Willen und ließ keine Gnade walten. Ihr Bruder kam nach und nach weiter in Bedrängnis, denn er konnte sie nicht umbringen. Im Moment verließ er sich auf seine größere Ausdauer.
Mandy hievte sich endlich auf und suchte nach einem Überblick. Durch das Toben stob der Dreck auf und bildete einen fast undurchdringlichen Mantel. Die Geschwister duellierten sich mit blutiger Wahrheit. Dort eingreifen wäre sinnlos gewesen.
Aber Maxot könnte Hilfe gebrauchen. Er hing noch immer verbissen an der Riesenechse auf zwei Beinen, doch konnte sich keinen Vorteil ergattern. Außerdem waren auch die letzten beiden Kreaturen im Anmarsch.
Mandy umklammerte den Griff ihres Schwertes und zog mit aller Kraft. Der Schweiß rann ihr von der Stirn, während sie das übergroße Monstrum aus der Scheide zog. Die Klinge fiel auf den Boden und Mandy verschnaufte kurz, der Kampflärm beflügelte ihren Willen. So hob sie das Schwert erneut an, stolperte hastig auf Maxot und seinen Feind zu, um mit aller Mühe und knapper Not der Echse den Griff gegen die Schläfe zu prellen. Die Kreatur kreischte und stürzte auf die Seite.
Mandy wurde die Waffe aus der Hand geschlagen und sie musste sich zuerst danach bücken. Vorsichtig steckte sie es zurück in den Lederriemen.
„Danke“, schnappte Maxot keuchend. „Aber du solltest verschwinden.“ Der kleine Troll stürzte sich sogleich auf den Dritten der Echsenmänner.
Nawarhon hatte seine Schwester zu Fall gebracht und huschte hastig zu dem anderen Wesen hinüber, dem er kurzer Hand die Kehle durchschnitt. Auch diese Echse fiel zu Boden. „Hau ab und geh zurück zur Burg ... uns passiert nichts.“
Mandy starrte den Prinzen hypnotisiert an. Er konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass sie davon lief.
Nawarhon kämpfte inzwischen wieder mit Lyhma. „Mach endlich!“, schrie er, ohne den Kopf zu wenden und Mandy gehorchte gegen ihren Willen. Erstens konnte sie hier rein gar nichts ausrichten und zum zweiten war der Kampf nun fair.
Sie zögerte noch einen Moment, bevor sie herum fuhr und in die entgegengesetzte Richtung floh. Ihre Beine griffen weit aus und sie hetzte mit unglaublicher Geschwindigkeit über den verdorrten Boden, dass sie das Schlachtfeld nach zwei Minuten schon kaum noch sehen konnte. Dennoch warf sie nur flüchtige Blicke über die Schulter zurück. Wenn Maxot und der Junge verloren, dann würden die Unholde auch sie jagen.
Der Gedanke spornte sie zu noch größerem Tempo an. Sie rannte so schnell, dass der Boden unter ihr verschwamm und sie bald zu schnaufen begann.
Noch einmal vergingen fast drei Minuten, ehe auch der Lärm erlosch und von dem Kampf nichts als die Staubwolke zu sehen war. Erst jetzt drosselte sie ihr Tempo um mehr als die Hälfte, wagte es aber noch nicht, ganz stehen zu bleiben. Es war gar nicht so bequem über den ganzen Schotter zu laufen.
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