Crystall (German Edition)
und Sekunden in Angst. Ihre Arme und Beine waren gestreckt und aneinander gelegt. Sekunden wurden zur Ewigkeit und die Angst steigerte sich ins Immense. Ihr letzter Gedanke war der, weshalb sie eigentlich gesprungen war.
Wie ein maschinell betriebener Bohrer schraubte sie sich ins Wasser. Es gab ein lautes Klatschen und sie spürte Schmerzen an jeder Stelle, als wäre sie auf Asphalt geprallt. Der Schaum wirbelte um sie herum, während Mandy immer tiefer sank und sank und sank ...
Und plötzlich auf dem Trockenen lag! Überrascht öffnete Mandy die Augen und blinzelte in die Sonne. Sie lag am Ufer und war kein bisschen nass und verletzt, wobei der Wasserfall noch da war. Der Heiden Lärm war nicht zu überhören.
Mandy blies erleichtert den Atem aus und erhob sich. Um sie herum war nun Wald, grüner Rasen und Tierlärm. Außerdem stand nicht sehr weit entfernt eine Holzhütte mit einem sagenhaften Durchmesser von mindestens dreißig Metern.
Mandy blinzelte mit Erstaunen und lief schließlich darauf zu. Sie genoss die neue Luft und Landschaft. Sie hatte sich schon fast abgewöhnt, die Zauberei dieser Welt infrage zu stellen. Es war eben so!
Sie klopfte an der Holztür. „Jemand da?“ Sie wartete geraume Weile, doch niemand antwortete. Deshalb probierte sie die Klinke und siehe da, die Tür sprang auf. Mandy trat ein Stück hinein, sah jedoch nicht fiel, denn der Art Vorraum war fast völlig dunkel. „Ist denn niemand zu Hause?“
„Doch.“
Mandy zuckte zusammen und fuhr hastig herum. Trotz all der bisherigen Erfahrungen erschrak sie zu tiefst, als sie die alte Frau nur wenige Schritt vor ihr stehen sah. „Sie ... Sie sind ja hier?“
Die Alte lächelte triumphierend. „Jaja ... ihr Menschen könnt nicht sehr weit sehen, es wird Zeit, dass du einiges lernst.“
„Ja, aber ...“
Die Frau hob die Hand und ließ Mandy mit Sanftmut verstummen. „Ich weiß, es gibt eine Menge zu bereden. Und deswegen gehen wir rein, oder willst du dich hier im Türrahmen unterhalten?“
Sie schüttelte widerspruchslos den Kopf und trat etwas zur Seite, als die Frau in leicht gekrümmter Haltung an ihr vorbei schlich. Schweigend führte sie Mandy in eines der Zimmer. Sie waren für eine Holzbude recht beachtlich und gemütlich eingerichtet, mit weichen Möbeln und sauberen Vorhängen.
Die Alte wartete geduldig ab, bis Mandy irgendwo saß und ging dann für ein paar Minuten weg. Sie kam mit einem Glas Wasser zurück, das sie dem Mädchen reichte. Dann nahm sie selbst Platz und lehnte ihren Stock an den Holztisch.
Aufgrund des Marsches durch die Öde war Mandy durstig. Dennoch beherrschte sie sich und trank mit Bedacht. „Ich danke Ihnen für das Wasser, Kaija ... Sie sind doch die berühmte Prophetin, nicht wahr?“
Die Alte lachte leise auf. „Du hast Recht, ich bin Kaija, keine andere, als du gestern getroffen hast. Aber ich bin kein Prophet, sondern eine Seherin.“
Mandy blinzelte Kaija erwartungsvoll an. „Und wo soll da der Unterschied sein?“
Die Frau stieß einen Ton aus, der einem Seufzen nahe kam. „Ein Prophet kann die Zukunft weissagen, die möglich ist. Ich aber behalte nur im Gedächtnis, was in der Vergangenheit passiert ist. Ich kann lediglich sehen, was in diesem Moment geschieht, auf dem gesamten Planeten.“
„Ist ja cool“, staunte das Mädchen, leerte das Glas zur Hälfte, um es dann wieder weg zu stellen. „Man hat mir viel über Sie berichtet.“
„Was denn?“
Mandy kramte flüchtig in ihrem Gedächtnis. „Na ja, dass Sie einmal eine mächtige Zauberin waren, die Herrin dieser Welt. Sie sind etwas Heiliges, das sich nicht mehr jedem offenbart.“
„So ... könnte man es ausdrücken“, bestätigte Kaija vorsichtig. „Deshalb will ich dich auch sehen, Mandy. Es ist von äußerster Bedeutung, was ich dir heute erzählen werde.“
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, als hätte sie die Worte gar nicht richtig verstanden. „Ehrlich gesagt, Sie verschwenden Ihre Zeit. Ich bin schon einen Tag hier und ich weiß gerade mal etwas über die Macht von Leben und Tod.“
„Das ist korrekt, nur wo ist das Problem?“
Problem?! Mandy wollte schallend aufbegehren, verkniff sich aber ihre zurecht gelegten Worte und holte tief Luft. „Weil mir bisher noch niemand etwas genaues gesagt hat. Ich weiß überhaupt nicht, worum es hier geht.“ Zum ersten Mal viel Mandy auf, wie selbstbewusst sie mit der Alten sprach. Eigentlich kannte sie die wahre Rolle Kaijas kein Stück, sie müsste
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