Crystall (German Edition)
steck mich ein. Ich leide mindestens genauso wie du, eigentlich noch mehr. Aber es ist nun einmal meine Pflicht.“
„Na schön“, gab sich Mandy geschlagen und ließ Niestchen einfach in eine Seitentasche plumpsen.
„Hey, mach gefälligst sachte“, krakelte die Fee, bis ihre Stimme nicht mehr herauf drang.
Mandy atmete durch. „Das hättet ihr mir wirklich vorher sagen können.“
Nawarhon lachte ausgiebig. „Viel Spaß ... sie ist lästig, aber auch nützlich. Nur ganz selten erringt jemand die Gunst einer Fee. Außerdem können drei Wünsche im Jahr ganz brauchbar sein.“
„Wenn du es sagst.“
Das Gespräch endete ohne weitere Verzögerung. Als wäre nie etwas gewesen, setzten die Flüchtlinge ihren gewohnten Weg schweigsam fort.
Mandy wusste es zeitlich nicht einzuordnen, aber nach schätzungsweise einer halben Stunde veränderte sich erstmalig wieder ihre Umgebung. Zur Linken endete die Reihe an Bäumen und bot Sicht zu einem riesigen, grünen Feld, das irgendwo in eine Steppe überlief. Die Vormittagssonne schien angenehm von der Seite zu ihnen. Es war still. Auf der anderen Seite war dichter Dschungel, ihr Weg wurde zu einem Feldpfad, dessen Ende sie noch nicht einschätzen konnte. Zumindest war jedoch erst mal offensichtlich, dass sie keine Feinde im Nacken hatten. Wahrscheinlich machten die sich gar keine Mühe, sie zu verfolgen. Sie waren vollkommen alleine hier.
„Es tut mir leid für dich.“
Mandy schrak aus ihren Gedanken und betrachtete überrascht den Prinzen. Sie musste sich erst der Tatsache bewusst werden, dass er sie angesprochen hatte. „Was genau meinst du?“
„Alles ist irgendwie schief gelaufen“, seufzte Nawarhon traurig. „Wir haben dich hergeholt, weil wir dich brauchten. Nun brauchen wir alle Hilfe, das ist nicht fair dir gegenüber.“
„Ihr könnt nichts dafür.“
Nawarhon war sich darin unschlüssig und legte den Kopf schief. „Trotzdem ... du hast das Recht, sicher durch unsere Welt geleitet zu werden, ohne auf der Flucht sein zu müssen. Es ist falsch, denn wir haben dich schließlich gegen deinen Willen hergeholt.“
Mandy musste unfreiwillig an Zuhause denken. Sie schwieg und senkte den Kopf nieder. Zwar musste bei ihr noch tiefe Nacht sein, aber dennoch fürchtete sie, ihre Mutter könne sich Sorgen machen. Auch sie sehnte sich verborgen nach ihrer Welt.
„Ich verspreche dir, bei der erst besten Gelegenheit kommst du zurück.“
„Ich werde euch helfen, insofern es in meiner Macht steht“, widersprach das Mädchen.
Nawarhon schüttelte energisch den Kopf. „Es sollte ja nicht so laufen. Nun hast du noch nicht einmal die Schönheiten unserer Welt kennen gelernt ... sie ist normalerweise wundervoll.“
„Kann ich mir vorstellen.“
Der Junge sah Mandy zuckend von der Seite an. Er überlegte krampfhaft, ihr eine bestimmte Frage stellen zu dürfen. „Vielleicht ... vielleicht kannst du ja ... etwas über eure Welt erzählen, sie ist doch schön, oder?“
Sie erwiderte seinen Blick mit der selben Unentschlossenheit. „Weißt du, dass ist eine sehr schwere Frage.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Eigentlich ist unsere Welt kompliziert und ich weiß nicht so recht, wo ich sie einordnen soll.“
„Versuch es“, bat der Prinz.
„Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass sie idyllisch ist. Wenn bei euch Frieden herrscht, ist es bestimmt hundert Mal schöner als es bei uns je sein wird.“
„Ist es so schlimm?“
Mandy dachte einen Moment nach. Es war sehr schwer, ihm das verständlich zu machen. „Du darfst dir unsere Welt nicht wie eure vorstellen, Nawarhon. Bei uns gibt es hoch komplizierte Technik, die Menschen streiten sich darum, manchmal mit Gewalt.“
„So wie bei uns und den Kristallen?“
„So ungefähr“, bejahte sie zögernd. „Viele Menschen bekriegen sich sinnloser Weise, man könnte sagen, der Planet ist zu klein für uns alle. Wir kommen nicht so recht miteinander aus. Andererseits können wir auch freundlich sein.“
„Ihr habt auch unterschiedliche Wesen?“
„Ja ... es gibt eine Menge gute Menschen, sie können besonders gut und zuvorkommend sein. Einzeln betrachtet sind wir völlig normal, nur auf die ganze Welt gesehen können wir uns einfach nicht vertragen.“ Mandy zuckte mit den Schultern. „Die Hypermoderne hat uns verdorben. Viele werden träge und egoistisch, suchen Streit ohne jeden Grund. Bei uns gibt es Gesetzte ... so etwas wie Flüche, die immer in Erfüllung gehen. Diese Gesetze sind zu
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