Crystall (German Edition)
Seite kämpfte, war es nur noch ein Narren. Lyhma war längst nicht so kalt, wie sie allen Glauben machen wollte. Auch sie war im Grunde ein gefühlsbestimmtes, sanftes Wesen, daran würden auch ihre Fechtkünste nichts ändern. Jeder Charakter entstand durch das eigens geführte Leben. Da brachte es wenig Sinn, sich selbst etwas vorzumachen.
Sie alle schwiegen noch immer und Mandy war das egal, sollten sich ihre Freunde ruhig auch mal die Augen ausglotzen. Wenn man bedachte, dass jede Minute in der anderen Welt bereits Stunden kostete, dann waren sie eigentlich unklug.
Im selben Zusammenhang sah Mandy zu einer Digitalanzeige hinauf. Die Uhr bewies ihr, dass es in ihrer Welt bereits um Drei morgens war. Das würde also bedeuten, seit ihrem Verschwinden waren gerade mal zwei Stunden vergangen, nicht schlecht. Vielleicht hätte sie es nicht einmal geglaubt, würde sie es nicht gerade selbst sehen. Dementsprechend konnte sich ihre Mutter wohl noch keine Sorgen machen.
Sie starrte nun ebenfalls die Straßen entlang. Für Sommerzeit war es noch recht erstaunlich dunkel hier draußen. Die Straßen lagen einsam in der Finsternis, als wäre Mitternacht. Seltsam, aber so würden sie wenigstens nicht so schnell entdeckt werden. Mandy hatte keinen blassen Schimmer, was sie unternehmen sollte, wenn jemand ihre Freunde entdeckte.
„Was für komische Sachen“, stellte Lyhma nach einer Ewigkeit des Schweigens fest und verzog das Gesicht. Die Verwirrung konnte man ihr ablesen.
„Alles so groß“, fügte Maxot hinzu. „Bunte Vierecke, ein glatter, schwarzer Weg und ... diese überdimensionalen Streichhölzer.“ Der Troll deutete mit einem Kopfschütteln auf die Straßenlaternen. „Wirklich seltsamer Ort, nicht mal Pferde haben die.“
„Hier ist alles ein wenig anders“, erklärte Mandy knapp. „Daran müsst ihr euch gewöhnen.“
„Dafür haben wir aber keine Zeit“, erwiderte Lyhma mit ausdruckslosem Gesicht. „Wo ist denn nun dieser blöde Kristall?“
„Es hieß...?“ Der Troll dachte angestrengt nach. „Warte mal, die Legende sagt, der heilige Kristall befindet sich nahe der Gans ... oder nein, Grenze ... oder so ähnlich.“
„Welche Grenze?“, fragte Mandy rasch, obwohl die Antwort vor ihren Augen lag.
„Bei den Schetchen ... oder halt, das waren irgendwelche Menschen ... hm?“
„Tschechen“, half ihm Mandy aus.
„Genau.“ Maxot schnippte mit dem Finger. „Ich wusste es doch, bei den Teescheunen war das.“
„Verstehe schon.“ Mandy dachte einen Moment nach. „Tja, dass ist noch ein gutes Stück bis dahin. Wir müssen der BEinhundertvierundsiebzig lang ... Richtung Reitzenhain, dort kommen wir am schnellsten rüber.
„Wo rüber?“
„Egal“, winkte Mandy ab. „Auf jeden Fall wird das zu knapp, wir brauchen ein Fahrzeug.“
„Klasse“, meinte Shou begeistert. „Endlich wieder Kutsche fahren.“
Mandy verdrehte die Augen. „Schwachsinn, hier bei uns gibt es Autos.“
„Autos?“ Lyhma runzelte die Stirn und zog ein misstrauisches Gesicht. „Sind das Feinde?“
Mandy lachte genüsslich. „Nein, nein ... damit kann man schneller von einem Ort zum anderen, wie eine Kutsche mit Dach und die Pferde haben sich im Gehäuse versteckt.“
„Wer hat sich denn so was ausgedacht?“ Maxot schüttelte unverständlich den Kopf. Für ihn war das Ganze wohl doch eine Nummer zu hoch.
Mandy beachtete ihn gar nicht, sondern spähte die Gegend ab und fand rasch, was sie wollte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand ein Taxi. „Perfekt ... und ab geht die Post, kommt schon.“
Neugierig liefen die Freunde ihr nach.
Mandy blieb vor dem Wagen stehen und sah zum Fenster hinein. Der Fahrer bemerkte sie und öffnete die Tür, blieb aber sitzen. „Was kann ich tun?“
„Ich...“
Bevor sie etwas sagen konnte, waren ihre Freunde herbei und mussten unbedingt neugierig das Taxi beschnuppern. Ihr Anblick lähmte den Fahrer.
„Seltsam“, bemerkte Shou und tätschelte das Autodach wie den Hals eines Pferdes. „Ziemlich klein geraten, das Pferdchen. Bekommt wohl nicht viel Heu, was?“
„Dummkopf“, fuhr ihn Lyhma an. „Mandy hat doch gesagt, das Pferd sitzt da drinnen.“
„Ach ja?“ Maxot huschte ebenfalls zu dem Taxi und legte die Lauscher an die Karosserie. „Hey, komm doch raus, da drinnen ist es doch viel zu ungemütlich.“
„Wwas?“ Der Fahrer sah die Neulinge betreten an. Er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
„Ist das euer König?“, wollte Shou wissen
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