Crystall (German Edition)
sich zu Lyhma herum. „Ich ... ich weiß nicht.“ Sie schluchzte. „Mein Zuhause...“
„Du kannst auch von uns zurück.“
Mandy schüttelte den Kopf und weinte. „Alles könnte so sein wie früher.“
Nun tat Lyhma etwas völlig überraschendes. Sie sagte, woran das Mädchen niemals geglaubt hätte. „Mandy ... bitte, du musst uns helfen.“
„Ich...“ Sie verstummte und blickte Lyhma eine Weile geschockt an. Dann betrachtete sie ihre Welt, das Tor, dieses flimmernde Etwas in der Luft, bestehend aus pulsierender Materie und fähig, sie von ihrer eigenen Welt zu trennen. Ein titanisches Gebilde in der Nacht, das eine mystische und zugleich fantastische Aura abströmte.
„Haltet sie auf!“, rief ein Polizist plötzlich.
Mandy fuhr herum und sah ihnen entgegen. Vier Mann stürmten auf sie zu, mit vorgehaltenen Pistolen. Sie wusste , dass sie schießen würden. Unglaublich schnell überwanden sie die Distanz und holten auf.
Sie begann zu zittern, ihre Gedanken überschlugen sich. Dann sah sie zum Himmel und breitete die Arme aus, schrie schließlich aus Leibeskräften: „ Zur Hölle mit euch allen!!!“ Auf dem Absatz wirbelte Mandy herum, fixierte das Weltentor mit ihren Augen und sprintete los.
Im Tempel der tausend Sinne
Das Teleportieren war eine seltsame Reise. Jedenfalls glaubte sie, dass es so war. Ihr fehlten für Details nicht nur Wahrnehmungssinne, sondern auch das nötige Wissen dafür. Und das besaß sie nun einmal nicht. Dennoch brodelte eine leichte Erinnerung in ihr, die Schritt für Schritt empor kroch und mit jeder Sekunde klarer wurde. Das Gefühl war fast unbeschreiblich. Von einem Moment zum anderen befand sie sich wieder in der anderen Welt, wie in Millionstel kleiner Partikel aufgelöst und im selben Augenblick wo anders zusammengefügt. Sie hatte nicht nur das Gespür, sie wusste es irgendwie, denn ihre Bewegungen glichen denen, als sie in das Tor hineingesprungen war. Das also war die geheimnisvolle Transferreise, das Ziel vieler Wissenschaftler und Techniker.
Mandy fand sich auf einem grasbewachsenen Hang wieder, von dem seltsamen Tor war keine Spur mehr. Es hatte sich in Luft aufgelöst. Dennoch riskierte sie einen Blick über die Schulter, wohl um sich zu überzeugen, dass ihnen die Polizisten nicht gefolgt waren. Aber die hatten sicher genügend damit zu tun, eine Erklärung für das Geschehene zu finden. Sie konnten lange suchen.
Trotzdem atmete Mandy erleichtert auf und wand den Blick wieder ins Tal hinab. Die Böschung ging beachtlich steil in die Tiefe, mit einem sichtlichen FünfMinutenMarsch. Dafür gab es aber dort unten einiges geboten oder um genau zu sein, etwas. Direkt am Fuße des Hangs stand ein gewaltiger Tempel, der nicht im geringsten einer antiken Prunk glich, sondern eher einem modernen Gebäude, für diese Zeit hier überdurchschnittlich. Er bestand nicht aus Säulen und Verzierungen, sondern aus gehärtetem Eisen, scheinbar bunt lackiert. Er maß an die zwanzig Meter in Höhe und Breite und noch einmal um das dreifache in die Länge. Es war eine gewaltige Anlage, die nur so vor Heiligkeit sprühte, als strahle sie Sonnenlicht ab und wäre glänzend poliert. Der Stahl ringsum war überzogen mit weinroten Hochglanzfarben, einem Violettstich, sowie schwarzen Rändern. Am außergewöhnlichsten jedoch erbot sich das Dach, das auf eine schwer in Worte zu fassende Art unbeschreiblich wirkte, mit jedem Winkelverschieben der Sonnenstrahlen schien sich auch die Farbe zu ändern. Mal blitzte es in kostbarer Goldpracht auf, dann schimmerte es silbern. In diesem Farbbereich wechselte es hin und her. Aber eines hatten sie gemeinsam, sie blendeten ungemein. Würde jemand auch nur länger als eine Minute darauf starren, könnte es um sein Augenlicht geschehen sein.
Fasziniert blinzelte sie den Tempel noch weitere zwei, drei Minuten geschlagen an, dann sah sie weg, aber einzig, weil ihr der Glanz zu extrem wurde. Sie wollte etwas sagen, aber irgendetwas musste ihr die Kehle zuschnüren. Sie spürte eindeutig, dass dies nicht nur ein Tempel war, sondern viel mehr.
Nur um sich irgendwie abzulenken, untersuchte sie plötzlich die Reihe ihrer Freunde. Es waren alle heil angekommen, von Shou bis hin zu Nawarhons Schwester. Sie standen in einiger Entfernung da und beäugten das Tal, nicht einmal so sehr den Tempel. Er schien ihnen fast gleichgültig. Trotzdem war in ihren Blicken etwas Seltsames. Sie wirkten angespannt, auf unheimliche Weise fast verängstigt. Sie
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