Crystall (German Edition)
reisen und bei ihr waren gerade lächerliche zwei Stunden verstrichen.
Wahrscheinlich besäße sie einen stärkeren Willen, wenn die Aussicht auf Erfolg nur nicht so klein wäre. Wohin das Auge blickte, überall schimmerte das warme Gold der Wüste, eine Düne glich der anderen. Wer sollte da Lust bekommen, ewig weiter zu latschen?
Schließlich blieb Mandy stehen, genau am Kamm einer Sandböschung. Ihr Blick ragte über mehrere Meter und doch war nichts als Sand zu sehen. Erschöpft brach sie auf die Knie und schloss für Sekunden die Augen. Sie wusste genau, dass diese Reaktion ein Fehler war, wenn sie hier einschlief, würde sie sterben.
Sie versuchte zu schlucken, doch es rieb ihr nur den Rachen wund. Ihre Lippen fühlten sich spröde an und die Zunge wollte beinahe am Gaumen festkleben. Und diese wohltuende, schwarze Hand ... nur noch der Müdigkeit nachgeben. Was soll´s, der Tod gehört auch nur zum Kreislauf des Lebens. Sie wollte nur noch schlafen.
„Mandy, steh auf. Wir werden es schaffen, ich verspreche es dir.“ Selbst Maxots Stimme klang nicht mehr so stark wie zuvor. Er war schließlich auch kein Wesen der Wüste.
„Ich ... will ... nicht.“
„Mandy.“ Der Troll rüttelte vergeblich an der Schulter des Mädchens. Verzweifelt starrte er sie an. „Steh auf, du wirst sonst sterben.“
„Na ... und.“
„Du...“
Mandy schrak so plötzlich in die Höhe, dass Maxot auf den Rücken fiel. Kerzengerade saß sie da und riss ungläubig die Augen auf. Da war etwas gewesen, das ihr noch einmal den Willen gab, dieses Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Etwas in ihr, bei ihr ...
Der Kristall!
Instinktiv griff sie in eine ihrer Taschen, ließ einen Moment erfolglos die Hand darin herumkreisen und zog schließlich das weißfunkelnde Mineral hervor. Mandy wog es in ihrer zur Schale gekrümmten Handfläche, als sehe sie das kostbare Stück zum ersten Mal. Und irgendwie hatte sie dieses Gefühl, diese unbeschreibliche Ahnung, dass sie erst jetzt spürte, welche Kräfte der Kristall wirklich barg. Noch vorhin im Tempel war es anders gewesen. Sicher, die Verwandlung war nicht irgendeine, aber dennoch hatte zu jenem Zeitpunkt keine unendliche Magie gewirkt. Jetzt dagegen konnte sie spüren , welch geheimen Kräfte in ihm wohnten.
Es war nicht nur zu fühlen, sondern auch sichtbar. Der Kristall lag nicht mehr starr in weiß vor ihr, nun glühte er regelrecht, aus einem inneren Feuer, dessen Quelle unergründlich blieb. Das Licht glich einem Blinken, mal wurde die Intensität geringer, dann wieder nahm sie zu. Das weiße Leuchten war auf eine nicht in Worte zu fassende Art grell und stark, dennoch ließ es nicht blenden. Mandy konnte den Schatz beruhigt anschauen.
„Er ... er leuchtet“, faselte Maxot nach Minuten der Stille, als bemerke er das Phänomen erst jetzt.
„Ja, das tut er“, bestätigte Mandy ebenso überflüssigerweise. Gespannt drehte sie den Mineralstern in ihrer Hand, beäugte ihn von allen Seiten. Trotz der messerscharfen Sternenspitzen und winzigen Größe lag er unglaublich leicht und passend in der Hand. Wenn sie ihn schleuderte, musste er eine tödliche Waffe sein – und jetzt erst recht. Mandy fühlte die angenehme Wärme, die mit dem Leuchten an die Oberfläche drang. Und die Kraft.
„Bei den Göttern, ich weiß, was das zu bedeuten hat!“
Erschrocken sah Mandy auf und fassungslos in das Antlitz von Maxot. Der Troll saß unmittelbar neben ihr im Sand und hatte gebrüllt, als wären sie Meilen voneinander getrennt. Aus großen Augen beglotzte er den Kristall.
„Seine Macht entfaltet sich“, vermutete das Mädchen einsilbig, als wäre dies das normalste der Welt.
„Nein, wir sind auf dem richtigen Weg, Mandy“, behauptete der Troll überzeugt. „Der Kristall, seine Energie ... er fühlt die Kraft der anderen Steine.“
Übertrieben laut räusperte sich das Mädchen. „Und das bedeutet?“
„Das bedeutet“, erklärte Maxot mit funkelnden Augen. „Der Kristall hat dich hierher geführt. Deshalb deine plötzliche Gewissheit, das Richtige zu tun. Das Ding da hat dich geführt, weil es die Nähe eines anderen Kristalls spürt.“
„Das...“ Mandy blinzelte entsetzt und sah sich gehetzt um. Sie war sich plötzlich nicht mehr sicher, in dieser Umgebung alleine zu sein. „Aber das heißt ja, da der junge Prinz höchstwahrscheinlich nicht hier sein dürfte, befindet sich in der Nähe nur einer der beiden Kristalle, die wiederum beide jeweils in Besitz des Bösen
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