Crystall (German Edition)
zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte keine Ahnung von der Wüste, aber was Nirrka behauptete, klang irgendwie realistisch.
„Ist das Pferd schon wieder bei Kräften?“, fragte Maxot, der alle Mühe hatte, nicht im Sand zu ertrinken.
„Bis zur Nacht könnten wir es schaffen, danach ist es nicht mehr weit.“
„Du kennst dich also aus?“, fragte Mandy mit neuem Hoffnungsschimmer.
„Ich...“
Ein markerschütterndes Brüllen ließ Nirrka augenblicklich verstummen. Die Freunde wirbelten gleichzeitig herum und warteten auf den Fremden, dem diese Laute gehörten.
„Was wird das?“, fragte Mandy murmelnd.
„Ein Sandriese“, antwortete Nirrka sorglos.
Maxot erschrak schon bei dem Namen. „Ist der gefährlich?“
„Sehr gefährlich sogar.“
Der Troll wechselte einen nervösen Blick mit Mandy. Sie konnten Nirrkas Ruhe überhaupt nicht teilen.
Und dann kam der Sandriese. Er tauchte auf einer Dünenspitze auf, nur wenige Meter über ihnen. Er glich einem wütenden Titan aus der Mythologie, nur glücklicherweise nicht so riesig. Dennoch musste er doppelt so groß sein wie Mandy, für Maxot wahrscheinlich ein Koloss. Der Sandriese brüllte ununterbrochen und schlug mit den Fäusten auf den Boden. Sein gesamter Körper bestand aus Sand, seine Arme waren länger als die Beine.
Und er blickte sie an.
„Was sollen wir machen?“, wollte Mandy wissen.
„Keine Ahnung“, erwiderte Nirrka. „Ich habe noch niemals gehört, dass jemand eine Begegnung mit einem Sandriesen überlebt hätte.“
„Wie beruhigend“, spottete Maxot.
Der Sandriese starrte aus seinen tiefen, schwarzen Augen auf seine Opfer hinunter. Dann lief er langsam, aber stetig den verängstigten Freunden entgegen. Dabei wirbelten seine Fäuste ununterbrochen umher.
Mandys allmählich aufflackernde Furcht ging nun endgültig in Panik über. Das war das erste Mal, dass sie auf Anhieb einem Monster gegenüberstand, der schon böse aussah und es auch war. Und sie spürte ebenso, dass sie ihm nicht gewachsen sein würden. Verzweifelt lauschte sie ihrem heftig schlagenden Herzen und wich Schritt für Schritt zurück. Auch ein Blick auf ihre Freunde trug nicht unbedingt zu ihrer Beruhigung bei, denn beide machten den Eindruck, als wüssten auch sie keinen Ausweg.
„Was sollen wir machen, Nirrka?“ Maxots Worte zitterten und waren kaum noch verständlich. Für ein Wesen seiner Größe musste der Sandriese eine doppelte Gefahr darstellen. Der Troll hatte allein alle Hände voll damit zu tun, überhaupt durch den Sand zu waten.
Nirrkas Gesichtszüge waren schon Antwort genug. Dennoch sagte sie: „Ihr habt euch die falsche Begleiterin ausgesucht. Bis gerade eben habe ich noch nicht einmal persönlich einen Sandriesen gesehen, ich kenne ihn nur aus Erzählungen. Zur Hölle, wir sind ihm ausgeliefert.“
„Es muss doch eine Möglichkeit geben“, widersprach Mandy. Sie wusste im selben Augenblick, dass ihre Worte nur noch Verzweiflung waren.
„Vorsicht, er kommt!“
Der Sandriese war das letzte Stück der Düne hinab gerutscht und stand unmittelbar vor seinen Opfern. Er blickte sie der Reihe nach an und brüllte wieder erbärmlich. Dabei konnte Mandy erkennen, dass dieses Biest keine Zähne besaß. Ein gutes Zeichen?
Das panikerfüllte Wiehern ihres Pferdes ließ alle Köpfe zur Seite fliegen. Das Tier bäumte sich einmal auf und rannte dann wie vom Donner geschlagen davon. Hinter ihm blieb eine Wand aus Sand zurück.
„Auch das noch, großartig“, gab Nirrka von sich. „Jetzt sind wir entgültig verloren.“
Mandy hörte die Worte nur am Rande, denn im nächsten Moment machte ihr Herz einen gewaltigen Satz. Der Riese sah sie kurz an und stürmte ihr mit unglaublich schnellen Schritten entgegen.
„Mandy, Achtung!“
Das Mädchen vernahm die Worte, aber keinen Sinn mehr dahinter. Sie stand zur Salzsäule erstarrt da und blinzelte dem Monstrum verängstigt entgegen. Der machte gar keine Anstalten, in seinem Spurt inne zu halten. Wie der Leibhaftige persönlich kam er näher, die Fäuste drohend erhoben.
„Lauf weg!“
Das würde ich ja gern, aber meine Beine sind wohl anderer Meinung. Verzweifelt überlegte sie, was sie unternehmen sollte. Nur noch wenige Schritte trennte sie von dem Ungeheuer. Instinktiv und weil ihr nichts besseres einfiel, beugte sie sich weit vorn über und schlug die Arme über dem Kopf zusammen.
Es vergingen nur zwei Sekunden, die Mandy wie eine Ewigkeit des Horrors erschienen. Sie hatte ihren eigenen,
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