Crystall (German Edition)
donnernde Ruf kam von Sator, der plötzlich und etwas verschlafen aus seinem Zelt kam. Er ging auf das Mädchen und ihre Bewacher zu. „Was soll der Krawall?“
Mandy wurde schlagartig ruhiger und hörte auf, um sich zu schlagen. „Ich wollte nur zu dir, um mit dir zu sprechen. Aber deine Männer überfallen mich, als wäre ich ein Sandriese.“
„Herr, das Mädchen war...“
Sator hob die Hand und sofort endete der Mann in seiner Rede. „Ihr habt eure Arbeit getan. Zu dir, Mandy.“ Er stellte sich unmittelbar vor ihr auf und blickte auf sie herab. „Was soll das mal wieder? Brauchst du mehr Aufmerksamkeit?“
Mandy stand einen Moment schweigend da. Sie musste ihn so lange wie möglich hinhalten, damit Nirrka und Maxot eine Chance hatten. Aber irgendwie viel es ihr plötzlich wieder schwer, vor Sator zu sprechen. Ihre Knie wurden weich. Eigentlich war ihr Plan gewesen, ihn anzubrüllen und Vorwürfe zu machen, doch das verging so rasch, wie die Idee gekommen war. Sie war im Gegenteil gelassen, um nicht zu sagen, fast eingeschüchtert. „Na ja, ich...“
Sator seufzte leise. „Na sag schon, ich dachte, wir hätten gestern alles geklärt.“
Mandy fasste sich. „Schon, und ich bin dir mehr als dankbar. Aber hör mal, ich weiß immer noch nicht, wie es weitergehen soll. Ich wollte nur zu dir, um mit dir darüber zu reden.“
„Reden?“, fragte einer der Wachen spöttisch. „Sie kam herausgestürmt wie der Leibhaftige und brüllte herum.“
Sator hob abermals die Hand und wieder verstummte der Mann. „Red weiter, Mandy.“
„Gut“, sagte sie, legte eine bewusst lange Pause ein und unterdrückte mit Mühe ihre Nervosität. „Ich will wissen, was du jetzt vorhast? Warum behältst du mich bei dir und was versprichst du dir davon?“
„Ich dachte, ich hätte dir das zur Genüge erklärt?“
„Nicht deutlich“, widersprach Mandy mutig und spürte, wie sich die Wachen in ihrem Rücken spannten. „Willst du mich irgendwann töten, heiraten oder wie soll das werden?“
Sator verstand und er lächelte amüsiert. „Mandy, ich habe dir das erklärt. Mach dir keine Hoffnungen.“
„Ich glaube dir aber nicht, Sator. Wovor hast du Angst? Du hast dich längst verraten.“ Mandy war über sich selbst erstaunt. Sie hätte niemals gedacht, einen solchen Mut aufbringen zu können.
„Vergiss es, Mädchen.“
„Ein Kuss ... ein Kuss auf die Wange ... und, und ich lasse dich in Ruhe, versprochen.“
Sator verdrehte die Augen. „Ich weiß ja nicht, was du dir davon versprichst, aber...“ Er beugte sich herab und erfüllte ihren Wunsch.
Es war nichts als ein harmloser Kuss auf die Wange, und doch schmolz Mandy sichtlich dahin. Sie hatte alle Mühe, wieder ihre Fassung zu erlangen. Dann lächelte sie, denn insgeheim wusste sie, dass sie Sator nicht ganz gleichgültig war. Wenn es etwas gab, dass seine Intelligenz untergraben konnte, dann waren es wirre Gefühle. Andernfalls hätte er sie längst durchschaut gehabt.
„Zufrieden?“
Mandy lächelte. Und diesmal war sie es, die sich zweideutig gab.
„Yahoo!“ Ein gellender Schrei drang aus der Nähe. Dann stürmten zwei Gestalten aus einem der Zelte, schnappten sich ein Pferd und ritten auf Sator zu.
„Was...?“ Sator fuhr herum und starrte gelähmt auf das Mädchen und den Troll, die mit seinem Kristall in den Händen auf sie zu sprengten.
Auch Sators Mannen standen wie unter Hypnose.
Mandy lachte und lief auf Sator zu. Sie drückte dem völlig überrumpelten Mann einen Kuss auf die Lippen. „Ich danke dir.“ Ohne Zögern rannte sie los, sprang auf das Tier zu und ließ sich von Nirrka auf den Rücken des Pferdes ziehen. Dann machte es einen gewaltigen Ruck zur Seite und raste mit irrsinnig schnellen Beinen aus dem Lager und hinein in die Wüste. Die drei krakelten sich in ihrem Jubel die sprichwörtliche Seele aus dem Leib.
„Verdammt, dieses Miststück“, fauchte einer der Männer und spielte am Griff seines Schwertes. „Du hättest sie töten sollen, mein König.“
Das Lager war in vollem Aufruhr und auch noch, als die Schreie der Flüchtlinge längst schwach geworden waren und von ihnen nichts als eine sandige und staubige Wolke übrig geblieben war.
Sators ernste Miene verschwand und machte einem fast amüsierten Lächeln Platz. „Runde eins geht an dich, Mandy. Aber wir werden uns bestimmt wiedersehen.“
Die Beschwörung
Fast ein ganzer Tag verstrich, ehe sie wieder auf Leben trafen und der direkten Gefahr zumindest
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