CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
Gespräch über Modellraketen in Zusammenhang mit den Ermittlungen in einem Mordfall offenbar überhaupt nicht ungewöhnlich finden.«
»Ich dachte, Sie wollten mit dem Gerede über Raketen auf etwas anderes hindeuten.«
»Ich ziehe es vor, die Dinge beim Namen zu nennen, Mr Kim. Und die Rakete, von der ich rede, ist – wie Sie sicherlich wissen – ein ganz reales Objekt … das sich zurzeit im Besitz des Miami-Dade-Kriminallabors befindet. Wir wissen, dass sie vom Dach des Earthly Garden abgeschossen wurde, um einen Blitz auszulösen, und wir wissen auch, dass dieser Blitz Phillip Mulrooney töten sollte.«
»Das klingt reichlich bizarr«, entgegnete Kim. »Das würde wohl auch jede Geschworenenjury so sehen.«
Horatio lächelte. »Wissen Sie, wie man aus etwas Bizarrem etwas ganz Reales macht, Mr Kim? Mithilfe von Beweisen. Man erklärt es, Schritt für Schritt. Und meiner Erfahrung nach folgen die Geschworenen früher oder später immer dieser Argumentation.«
Vor dem Eingang zum Miami-Dade-Kriminallabor gab es ein Wartezimmer, eine Art Foyer mit eigenwilliger Form. An einer schwarzen Wand stand eine lange, gepolsterte Bank, und ihr gegenüber gab es ein Fenster, das eine Neigung von fünfundvierzig Grad hatte. Horatio fand, es hatte etwas von einer pyramidenartigen Gruft an sich – von einem Wartezimmer für Tote.
Im Augenblick war er ganz allein im Raum und starrte das Fenster an, ohne es wirklich wahrzunehmen. Er hatte etwas ganz anderes vor Augen: ein Gesicht mit zwei verblüffend grünen Augen.
Ruth Carrell.
Sie war von Tampa nach Miami gekommen, hatte sie gesagt. Als eines von vielen übergewichtigen Mädchen, die sich ihren Traum erfüllen wollten, schlank, hübsch und beliebt zu werden. Akzeptiert zu werden.
Und Dr. Kirpal Sinhurma hatte ihr Potenzial erkannt und festgestellt, dass es sich lohnen würde, sie aufzunehmen. Sie hatte nicht viel Geld, aber sie war jung, unsicher und willig und damit bestens als Fußsoldat zu gebrauchen. Um sich von den ganz Großen unterstützen und mit Spenden versorgen zu lassen, musste man zunächst einmal Erfolgsgeschichten vorweisen, die nachprüfbar waren. Man musste gesunde schlanke Körper und strahlende Gesichter präsentieren, die vor Engagement und Leidenschaft brannten. Durch diese Bewunderung erschien man nur noch größer und beeindruckender.
Und wenn jemandes Loyalität auch nur für eine Sekunde abzuflauen drohte, rangierte man denjenigen aus wie eine kaputte Birne in einer Lichterkette. Denn Zweifel waren ein Luxus, den man sich nicht leisten konnte … und junge, unsichere Mädchen waren genauso billig und in großen Mengen erhältlich wie Zitrusfrüchte.
Wegen ihrer Unsicherheit hatte Sinhurma Ruth beeinflussen können. Er hatte sie dazu gebracht zu glauben, dass sie das, was er von ihr verlangte, aus eigenem Antrieb tat. Und ganz offensichtlich hatte er von ihr verlangt, dass sie jemanden ins Nest holte – jemanden, der sich von einer jungen, attraktiven Frau leicht bezirzen lassen würde. Aber wen? Und warum hatte Sinhurma denjenigen so unbedingt haben wollen?
Horatio hatte den Doktor offenbar falsch eingeschätzt. Er hatte ihn lediglich für einen Soziopathen gehalten, dem Mitgefühl und Menschlichkeit abgingen, im Grunde nicht schlimmer als viele Geschäftsleute und Politiker, mit denen er schon zu tun gehabt hatte.
Möglicherweise hatte er sich tatsächlich geirrt. Wenn Sinhurma schuldig war, dann war er nicht nur ein Soziopath, sondern vielmehr ein Psychopath, für den es ein und dasselbe war, zwei oder zwanzig Menschen zu töten.
Falls er schuldig war.
Jeder Polizist würde dazu raten, sich auf seinen Bauch zu verlassen. Jeder Wissenschaftler würde dazu raten, unvoreingenommen zu bleiben und die Beweise für sich sprechen zu lassen. Horatio war Polizist und Wissenschaftler zugleich und versuchte ständig, den goldenen Mittelweg zu finden. In diesem Moment sagte ihm sein Bauch, dass Sinhurma ungefähr so weit von einem rechtschaffenen Leben entfernt war wie ein Mönch von einer Lasterhöhle – aber es gab nur Indizienbeweise .
Aus diesem Grund saß Horatio auch ganz allein im Wartezimmer und grübelte. Leider war er nicht ganz überzeugt davon, dass Sinhurma sich des Mordes schuldig gemacht hatte. Der Manipulation ganz bestimmt, aber wenn das gesetzeswidrig wäre, säßen jede Menge Vertreter und Verkäufer hinter Gittern. Jedes Mitglied von Sinhurmas Organisation war verrückt genug, um in seinem Namen zu töten – in der
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