CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
und Tod. Wenn jemand einmal verinnerlicht hat, dass er im Notfall jemanden töten könnte, fällt es ihm schwer, auf die Waffe zu verzichten. Jemanden von vornherein vom Waffenbesitz abzuhalten, ist viel einfacher, als ihm erst eine Waffe zu geben und dann zu versuchen, sie ihm wegzunehmen.«
Horatio nickte. »Letztlich hat das Ganze mit Macht zu tun, nicht wahr? Wenn man jemandem damit droht, ihm die Kontrolle zu entziehen, fürchtet er, seine Macht zu verlieren. Und dann verhält sich keiner mehr rational, nicht wahr?«
»Das stimmt. Ich halte ja sonst nicht viel von den Sprüchen auf Autoaufklebern, aber das ehrlichste Statement, das ich je im Hinblick auf Waffenkontrolle gelesen habe, war: ›Ihr könnt meine Waffe haben, wenn ihr sie mir aus den kalten, toten Fingern reißt!‹ Ich teile diese Ansicht natürlich nicht – besonders nachdem ich das schon so oft tun musste –, aber im Grunde kann man sämtliche Diskussionen über die Verteidigung von Haus und Hof, Sportschießen und die Ethik der Jagd auf die einfache Tatsache reduzieren, dass die Leute nicht die Macht verlieren wollen, die ihnen der Besitz einer Waffe verleiht.« Calleigh seufzte.
»Emotionales Denken, emotionale Reaktion«, bemerkte Horatio. »Und Leute, die emotional handeln, machen Fehler.«
»Du hast bei diesem Fall keine Fehler gemacht, Horatio«, entgegnete Calleigh leise. »Nicht dass ich wüsste.«
»Danke, aber eigentlich hast du mich auf die Idee gebracht, mich noch einmal intensiver mit unserem Freund Sinhurma zu befassen. Vielleicht rüttelt es ihn ja ein wenig auf, wenn er seine Macht bedroht sieht.«
»Du willst ihn zu einer emotionalen Reaktion bewegen, in der Hoffnung, dass er einen Fehler macht?«
»Genau. Die Frage ist nur, was benutze ich als Munition?«
»Ich wünschte, ich könnte dir dabei helfen«, erwiderte Calleigh und erhob sich. »Ich bin nur vorbeigekommen, um dir zu sagen, dass ich mit den Sachen von Lucent fertig bin. Keine Fingerabdrücke außer seinen eigenen. Als Nächstes befasse ich mich mit den Haushaltsgeräten und versuche herauszufinden, ob sie von demselben Händler stammen.«
»Okay.«
Während Calleigh wieder in ihr Labor zurückging, blieb Horatio nachdenklich sitzen. Nach einer Weile machte er sich auf den Weg, um Alexx einen Besuch abzustatten.
Calleigh verfolgte die Spur der Handrührgeräte und Mixer zurück bis zu einer Firma in Kalifornien. Florida gehörte eigentlich nicht zum Einzugsgebiet dieser Firma, aber sie hatte einmal zahlreiche Elektrogeräte an ein Restaurant in Georgia verkauft. Kurze Zeit später ging dieses Restaurant Bankrott, und ein Großteil der Geräte war durch einen Liquidator namens Charette & Sons, der Ausstattung und Inventar von solchen Betrieben aufkaufte, veräußert worden.
Das Lagerhaus von Charette & Sons befand sich in dem Industriegebiet von Opa Locka, einem Viertel, das schon bessere Zeiten erlebt hatte. Es war in den Zwanzigerjahren von dem Bauunternehmer Glenn Curtiss aufgebaut worden, der den mediterranen Stil von Coral Gables hatte übertrumpfen wollen, indem er sich etwas weiter östlich orientierte – am Nahen Osten, um genau zu sein. Das Rathaus mit seinen maurischen Kuppeln und Minaretten bot einen höchst ungewöhnlichen Anblick. Die gesamte Vorstadt war im Laufe der Jahrzehnte zu einem Ort geworden, an dem überwiegend einkommensschwache Familien lebten. Calleigh hatte es schon immer merkwürdig gefunden, in einem McDonald’s auf dem Ali Baba Way zu essen.
Der Ausstellungsraum von Charette & Sons war erheblich sauberer als der bei Leakyman Plumbing. An der einen Wand standen Herde und Spülbecken für die gewerbliche Nutzung, an einer zweiten waren vom Boden bis zur Decke Regale festgeschraubt, auf denen diverse Küchengeräte, herumlagen, und vor einer dritten sah Calleigh eine lange gläserne Vitrine, die gleichzeitig als Theke und Computerplatz genutzt wurde. In der Vitrine selbst lagen glänzende Messer, Metzgerbeile und andere Utensilien.
Ein rotgesichtiger Mann mit Hängebacken und birnenförmigem Körper eilte auf Calleigh zu. »Hallo! Kann ich Ihnen helfen?« Er sprach mit einem Südstaatenakzent, der um zwei Kentucky-Täler ausgeprägter war als ihr eigener.
»Nun, das hoffe ich sehr«, entgegnete sie und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Fast automatisch nahm ihre Aussprache eine südlichere Färbung an, denn die Leute fühlten sich stets wohler, wenn sie es mit ihresgleichen zu tun hatten oder zumindest mit jemandem, von
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