Cubuyata - Die Rückkehr des Propheten (Science Fiction Thriller) (German Edition)
Wählerschaft durch ein sanftes Reformprogramm, dass auch die Nöte der vom Wahlrecht durch die noch immer bestehende Drittelung der jayun-Stimmen begünstigten guayun bedachte. Hierzu gehörte eine teilweise Umstrukturierung des maroden Schulsystems und eine Frischzellenkur des aufgeblasenen Bezirkshaushalts. Er war ein Arbeitstier, aber kein Karrierist der sein Ego über Inhalte stellte. Er wusste, dass trotz der nominellen Mehrheit für die Zweitbesiedler die Erstbesiedler die Stimmmehrheit stellten und ein Sieg bei der kleinsten Stimmungsschwankung der guayun auf der Kippe stände.
Sein Konkurrent, der amtierende Bezirksverwalter und damit Abgeordneter im Landesparlament, war ein grauer guayun Mitte sechzig. Nach Jingleis Recherchen, die sie nicht hatte veröffentlichen dürfen, war er einer jener korrupten Politbürobeamten, die bar jeder Qualitäten für ein solches Amt über die richtigen Kontakte und Nähe zur mächtigen Parteispitze treu ergeben ihre Jahre mehr als Marionette denn Gestalter absolvieren durften. Jinglei und andere investigative Journalisten hatten in bislang acht Jahren Amtszeit zwei Affären, drei vom Steuerzahler finanzierte Bordellparties mit Wirtschaftsgrößen, sowie Unterschlagungen und Bestechungsgelder recherchiert. Nichts davon war je an die Öffentlichkeit geraten. Es bestand zwar eine vitale Onlinegemeinschaft im offenen Netz - befeuert von Studenten, Journalisten und politischen Aktivisten um Haruto und Matsuo und zahllose dieser Artikel standen für Jedermann abrufbar bereit, die breite Masse interessierte sich dafür aber nicht. Die allumfassende Medienmacht in TV, E-Print und den großen Netzportalen ließ die Wahrheiten auf Cubuyata im Dunkeln.
Der letzte Zettel listete Zukos Aufgabe für Jinglei auf: die Überarbeitung einer Rede, die er am folgenden Tag auf einer Wahlkampfveranstaltung halten würde. Es waren noch vier Tage bis zur Wahl am Sonntag. Allen Beteiligten war bewusst, dass das Wahlvolk jeden Blick auf die Uhr, jede zögerliche Antwort und jede inhaltsleere Rede mit Minuspunkten quittieren würden. Sie hatte dafür an diesem Tag zwei Stunden Zeit. Anschließend hatte sie am späten Vormittag eine Verabredung mit dem Informanten bei den Revolutionären. Sie hoffte positive Informationen übermittelt zu bekommen, die die Gruppe um Haruto in politische Nachbarschaft zu Geeintes Cubuyata rückten ohne der Partei zu schaden. Sollten tatsächlich die Revolutionäre den Anschlag geplant und durchgeführt haben, hätte dies immense Auswirkungen auf die Haltung der Partei zu der Gruppe, die in den letzten Monaten immer stärker von ihrem gewalttätigen Kurs abkam. In der Partei flüsterte man, dass Matsuo und Haruto nach Jahren des Streits wieder näher zueinander gefunden hätten. Ein vollständiger Gewaltverzicht auf Seiten der Revolutionäre ließe die Partei durch ihre Ausgleichspolitik im Volk deutlich besser da stehen. Nach all den Jahren des Terrors glaubte Jinglei indess nicht an eine Wandlung zum Guten. Vielleicht hatte sie sich über die Jahre aber auch zur Pessimistin gewandelt.
Sie las die von Zuko selbst verfasste Rede und notierte sich gelegentlich Anmerkungen am Rand, wusste aus der Erfahrung der vergangenen Wochen allerdings, dass sie die Zeilen des aussichtsreichen Anwärters auf einen Parlamentssitz nur in geringem Maße korrigieren musste.
Die behandelten Themen bedachten guayun gleichermaßen wie jayun, Arme so sehr wie Reiche. Zuko vermied den einfachen und prominenten Blick auf die Vergangenheit, richtete ihn vielmehr auf künftige Vorteile, die die Kasten bei einer Annährung zueinander hinzugewinnen könnten. Aufhänger war hier die Stärkung der Wirtschaftsmacht der jayun, was laut einer Studie insbesondere die guayun-Wirtschaft anzukurbeln vermochte. Auch die Mischung aus intellektuellen Einwürfen und volksnahen Erklärungen gelang ihm in jedem Absatz.
Jinglei las aufgrund der angeeigneten Routine schneller Korrektur als erwartet und hatte im Anschluss noch Zeit, mit Xiaomeng und einem weiteren Wahlkampfhelfer eine Tasse kräftigen schwarzen SoyCafs zu trinken.
"Habt ihr das mit der Schlägerei gehört? Zwei der Männer sind wohl schwer verletzt, beides jayun. Laut unabhängigen Journalisten vor Ort waren die Rothulaner der Aggressor, nicht die revolutionären Demonstranten. Wenn das so weitergeht finden kommenden Sonntag keine Wahlen, sondern eine Bürgerkriegsschlacht statt." Der Mann, der erst seit kurzem mit an Bord war und dessen Namen
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