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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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hielt Schwert und Beutel so, daß sie ihn nicht beim Laufen behinderten, und nahm die Beine in die Hand – mit der schnellsten der Frauen dicht auf den Fersen.
    Nach einer halben Meile gab die Frau die Verfolgung auf. Cugel blieb kurz stehen, um wieder zu Atem zu kommen. Schon jetzt stieg Rauch aus Nisbets Behausung auf, als die Frauen sich durch sinnlose Verwüstung an Nisbet rächten. Die Männer richteten sich auf ihren Säulen auf, um alles besser sehen zu können. Hoch am Himmel trieb der Wagen mit dem Wind ostwärts, und Nisbet spähte über seine Seite. Cugel seufzte schwer. Er schlang sich den Beutel über die Schulter und stapfte südwärts, wo Port Perdusz liegen mußte.

Faucelm e
    Cugel richtete sich nach der aufgedunsenen rotenSonne und wanderte südwärts durch dürres Ödland. Kleine Felsblöcke warfen schwarze Schatten. Hin und wieder streckte ein Busch mit Blättern, die wie flei schige rosige Ohrläppchen aussahen, seine dornigen Zweige nach Cugel aus, wenn er zu nahe daran vorbeikam.
    Der Horizont ringsum lag hinter einem Schleier von verwässertem Karminrot verborgen. Nichts deutete auch nur auf Spuren von menschlichen Behausungen hin, und keinerlei Lebewesen irgendwelcher Art waren zu sehen, außer ein einziges Mal fern im Süden ein Pelgran mit beeindruckender Flügelspannweite, der lässig von Westen nach Osten flog. Bei diesem Anblick hatte Cugel sich hastig flach auf den Boden geworfen und völlig ruhig verhalten, bis die Kreatur im östlichen Dunst verschwunden war. Danach bürstete er sich den Staub von der Kleidung und stapfte weiter.
    Der bleiche Boden warf die Hitze zurück. Cugel blieb stehen und fächelte sich mit dem Hut Kühlung zu. Dabei streifte sein Handgelenk ganz leicht »Sprühlicht«, die Himmelsbruchschuppe, die er jetzt als Hutzier benutzte. Die Berührung verursachte sofort einen brennenden Schmerz und ein Gefühl des Saugens, als wäre »Sprühlicht« darauf versessen, Cugels ganzen Arm einzusaugen und vielleicht noch mehr. Erschrocken starrte Cugel auf die Schuppe. »Sprühlicht« war wahrhaftig etwas, das man nicht leichtnehmen durfte.
    Vorsichtig setzte er den Hut wieder auf und beeilte sich weiterzukommen, in der Hoffnung, noch vor Einbruch der Nacht einen Unterschlupf zu finden. So hastig waren seine Schritte, daß er fast über den Rand eines etwa hundertfünfzig Fuß breiten Schlundlochs gestürzt wäre. Im letzten Augenblick konnte er noch stehenbleiben, mit einem Bein über dem Abgrund, in dem tief unten schwarzes Wasser schimmerte. Ein paar atemlose Sekunden kämpfte Cugel um sein Gleichgewicht, dann taumelte er rückwärts in Sicherheit.
    Nachdem er sich von seinem Schrecken erholt und wieder zu Atem gekommen war, ging er mit größerer Vorsicht weiter. Dieses Schlundloch war hier nicht das einzige, wie er bald feststellte. Während der nächsten paar Meilen stieß er auf weitere, größere und kleinere, und wenige machten rechtzeitig auf sich aufmerksam: Da war immer bloß der plötzliche Rand und tief unten schwarzes Wasser.
    Bei größeren dieser Löcher hingen dunkle Trauerweiden über den Rand und verbargen fast die Reihen seltsamer Behausungen. Diese waren schmal und hoch, wie übereinander gestapelte Kisten. Ein Auge für Genauigkeit schienen ihre Erbauer nicht gehabtzu haben, Teile ruhten sogar auf den Ästen der Trauerweiden.
    Unter dem Schatten des Laubwerks waren die Bewohner schwer zu sehen. Cugel erspähte sie nur, wenn sie an ihren merkwürdigen kleinen Fenstern vorüberhuschten, und mehrmals glaubte er zu sehen, daß sie auf Rampen aus poliertem, einheimischen Kalkstein die Schlundlöcher hinunterrutschten. Ihr Körperbau war der eines kleinen Menschen, ja fast Kindes, ihre Züge dagegen ließen an eine eigentümliche Kreuzung zwischen Reptil, Hängenasenkäfer und Kleingid denken. Als Kleidung über ihrem graugrünen Fell trugen sie gerüschten Bauchschutz aus hellem Fasergeflecht und Kappen mit schwarzen Ohrenklappen, offenbar aus Menschenschädeln hergestellt.
    Auf Cugel machten diese Leutchen nicht den Eindruck, daß sie ihn gastlich aufnähmen, und er hielt es für klüger, sich davonzustehlen, ehe sie ihm nachstellen würden. Je tiefer die Sonne sank, desto nervöser wurde Cugel. Des Nachts durfte er nicht weiterwandern, wollte er nicht in ein Schlundloch stürzen. Versuchte er dagegen, in seinen Umhang gehüllt, im Freien zu schlafen, mochte er ein Opfer der Vispen werden, die neun Fuß groß waren, mit rosa Leuchtaugen durch die Nacht

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