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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Jim kennenzulernen und sich von den ungünstigen Verhältnissen im Elternhaus endgültig zu lösen.
    Sie durfte Holly gar nicht erzählen, daß sie Joe seit Jahren gebeten hatte, diese Reise unternehmen zu dürfen, und daß sie es nur ihrer eigenen brutalen Strategie zu verdanken hatte, daß es endlich geklappt hatte, ja, daß Joe sie fast mit seinem Gürtel verprügelt hätte. Wenn sie Holly das erzählte, hätte sie weder guten Zuspruch noch Hilfe zu erwarten. Holly würde mit Entsetzen und Wut reagieren. Warum mit Entsetzen und Wut? Vielleicht weil viertürige Buicks, Sony-Farbfernsehgeräte mit Trinitronbildröhre und Parkettfußböden niemals ganz beruhigen können. Weil Holly erkennen würde, daß sie einer ähnlichen Ehe, einem ähnlichen Leben nur ganz knapp entgangen war.
    Sie hatte es Holly nicht erzählt, weil sie sich in ihrem Leben als Angehörige der gehobenen Mittelklasse so verschanzt hatte wie ein wachsamer Soldat in seinem Schützenloch. Sie hatte es ihr nicht erzählt, weil sie nicht dastehen wollte wie eine Frau, die ihre Tage, Wochen, Monate und Jahre mit einem unangenehmen, wortkargen und manchmal beängstigenden Mann verbringen mußte. Charity hatte entdeckt, daß es Dinge gab, die man nicht gern erzählte. Scham war nicht der Grund. Manchmal war es einfach besser - und höflicher -, die Fassade aufrechtzuerhalten.
    Hauptsächlich aber hatte sie nicht darüber gesprochen, weil es ihre Probleme waren. Was aus Brett wurde, war ihr Problem … und während der letzten beiden Tage war sie mehr und mehr zu der Überzeugung gekommen, daß es weniger von ihr und Joe abhing, was aus ihm wurde, sondern eher von Brett selbst.
    Es würde keine Scheidung geben. Sie würde nach wie vor gegen Joe den nie endenden Guerillakrieg um Bretts Seele führen, was immer es nützen mochte. In ihrer Sorge wegen Bretts Bemühungen, seinem Vater nachzueifern, hatte sie vielleicht vergessen - oder übersehen, daß die Zeit kommt, da die Kinder urteilen und die Eltern - Vater und Mutter - sich diesem Urteil stellen müssen. Brett war aufgefallen, daß Holly mit ihren Kreditkarten protzte, und Charity konnte nur hoffen, daß es ihm eines Tages auch auffallen würde, daß sein Vater beim Essen den Hut aufbehielt… unter anderem.
    Es wurde langsam hell. Sie nahm ihren Morgenmantel vom Haken an der Tür und zog ihn an. Sie beabsichtigte zu duschen, aber sie würde warten, bis die anderen im Haus sich bewegten. Die Fremden. Es waren Fremde. Selbst Hollys Gesicht war ihr jetzt fremd, ein Gesicht, das nur noch geringe Ähnlichkeit mit den Schnappschüssen in ihren Fotoalben hatte. Soga.r Holly selbst hatte sich die Fotos ein wenig verwirrt betrachtet.
    Sie würden nach Castle Rock zurückfahren, zurück zu dem Haus am Ende der Straße Nummer 3, zurück zu Joe. Sie würde ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen, und alles würde so weiterlaufen wie bisher. Das würde das beste sein.
    Sie nahm sich vor, Alva kurz vor sieben anzurufen, denn das war seine Frühstückszeit.

    Es war kurz nach sechs Uhr morgens und schon heller Tag, als Tad seine Krämpfe bekam.
    Er war um viertel nach fünf aus einem anscheinend tiefen Schlaf aufgewacht und hatte Donna aus ihrem unruhigen Schlummer gerissen und geklagt, daß er hungrig und durstig sei. Als hätte er bei ihr auf einen verborgenen Knopf gedrückt, merkte Donna zum ersten Mal, daß auch sie Hunger hatte. Durstig war sie die ganze Zeit gewesen - das war mehr oder weniger gleich geblieben - aber seit irgendwann gestern morgen hatte sie an Nahrungsmittel eigentlich nicht mehr gedacht. Jetzt hatte sie plötzlich einen Heißhunger.
    Sie tröstete Tad, so gut sie konnte, aber es waren nur leere Worte, die für sie keine wirkliche Bedeutung mehr hatten. Daß bald Leute kommen würden, um den bösen Hund wegzubringen und sie zu retten.
    Real war nur der Gedanke an Nahrung.
    Sie dachte an ein Frühstück: zwei Spiegeleier, nicht zu scharf gebraten, bitte. Französischer Toast. Ein paar Gläser frisch gepreßten Orangensaft, so kalt, daß Tropfen am Glas herabperlen. Kanadischer Schinken. Gebratenes. Flakes mit Sahne und obendrauf eine Portion Blaubeeren. Ihr Magen knurrte laut, und Tad lachte. Sie schrak bei seinem Lachen zusammen, aber dann freute sie sich, weil es so unerwartet kam, unerwartet wie eine Rose, die auf einem Müllhaufen wächst. Sie lächelte ihn an. Beim Lächeln taten ihr die Lippen weh.
    »Hast du das gehört?«
    »Du mußt auch Hunger haben.«
    »Nun, ich würde ein gutes

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