Cujo
selten, aber das hat noch keinen Vater davon abgehalten, Ratschläge zu geben. Mein erster Rat an dich ist dieser: Der Bursche, den ihr jetzt besuchen wollt, diese* Jim, ist nichts als ein Stück Scheiße. Ich lasse dich auch nur mitfahren, weil du schon zehn bist, und das ist alt genug, einen Haufen Scheiße von einer Teerose zu unterscheiden. Lern ihn nur kennen, dann wirst; du schon sehen. Er tut nichts, als im Büro zu sitzen und Papiere hin und her zu schieben. Das meiste” Elend dieser Welt kommt von Leuten wie ihm, denn ihr Gehirn hat nichts mehr mit ihren Händen zu tun.« Hektische Flecken erschienen in Joes Gesicht. »Er ist ein Stück Scheiße. Du wifst schon sehen, daß ich recht habe.«
»Okay«, sagte Brett leise.
Joe Camber lächelte. »Mein zweiter Rat ist: Achte auf deine Brieftasche.«
»Ich habe doch kein Ge …«
Camber hielt ihm einen zerknüllten Fünfdollarschein vor die Nase. »Jetzt hast du welches. Gib nicht alles auf einmal aus. Ein Narr .wird sein Geld schnell los.«
»Okay, Daddy. Vielen Dank!«
»Bis bald«, sagte Camber. Er verlangte keinen zweiten Kuß.
»Good-bye, Daddy.« Brett stand auf dem Bürgersteig und sah seinen Vater in den Wagen steigen und wegfahren. Es war das letzte Mal, daß er seinen Vater lebend sah.
Um viertel nach acfct an diesem Morgen taumelte Gary Pervier in seinen vollgepinkelten Unterhosen aus seinem Haus und urinierte an den Zaun mit den Heckenkirschen. Er hatte die perverse Hoffnung, daß sein Urin eines Tages vom Schnaps so scharf sein würde, daß die Heckenkirschen eingingen. Aber dieser Tag war noch nicht gekommen.
»Arrrrggh, mein Kopfll« schrie er und hielt ihn sich mit der freien Hand, während er die Heckenkirschen besprühte, die sich an seinem Zaun hochrankten. Seine Augen waren blutunterlaufen. Sein Herz rasselte und stampfte wie eine alte Wasserpumpe, die mehr Luft als Wasser einzog. Als er sich entleert hatte, bekam er entsetzliche Magenkrämpfe - sie hatten sich in letzter Zeit gehäuft - und als er sich zusammenkrümmte, entluden sich seine Blähungen in einem dröhnenden übelriechenden Furz.
Er wollte wieder ins Haus gehen, und in diesem Augenblick hörte er das Knurren. Es war ein tiefer, kräftiger Laut, der von der Stelle kam, wo sein von Unkraut überwucherter Hof in das hohe Gras der benachbarten Wiese überging.
Rasch wandte er sich nach dem Geräusch um. Die Kopfschmerzen, das Herzklopfen und die Magenkrämpfe waren vergessen. Er hatte lange nicht mehr diese Rückblenden auf seine Kriegserlebnisse in Frankreich erlebt, aber jetzt erlebte er eine. Plötzlich schrie es in ihm: Deutsche! Deutsche! Alles hinlegen!
Aber es waren nicht die Deutschen. Als das Gras sich teilte, erschien Cujo.
»Hey, Junge, warum knurrst du denn …» sagte Gary und stockte.
Es war zwanzig Jahre her, daß er einen tollwütigen Hund gesehen hatte, aber diesen Anblick vergißt man nicht. Er war von einem Camping Trip in der Gegend von Eastport gekommen und hatte östlich von Machias eine Esso-Tankstelle angesteuert. Wie ein Gespenst war ein keuchender, dürrer gelber Hund an der Tankstelle vorbeigeschlichen. Er atmete hastig und flach, und seine Flanken bewegten sich rasch dabei. Schaum troff ihm aus dem Maul, und er rollte wild mit den Augen. Sein Hinterteil war von seinem eigenen Kot verschmiert. Das Tier taumelte mehr als es lief, als ob eine unfreundliche Seele ihm billigen Whiskey ins Maul geschüttet hätte.
»Verdammt, da ist er wieder«, hatte der Tankwart gesagt. Er hatte den Schraubenschlüssel fallen lassen und war in das winzige Büro neben der Tankstelle gerannt. Mit einem Gewehr .30-.30 in den kräftigen ölverschmierten Händen kam er wieder heraus. Er trat auf den Asphalt hinaus, ließ sich auf die Knie fallen und fing an zu schießen. Der erste Schuß lag zu tief und riß dem Hund in einer Wolke von Blut ein Hinterbein ab. Der gelbe Hund bewegte sich nicht einmal. Daran erinnerte sich Gary genau, als er Cujo jetzt sah. Er sah sich nur ausdruckslos um, als hätte er nicht die geringste Ahnung, wie ihm geschah. Der zweite Versuch des Tankwarts hätte das Tier fast in zwei Teile gerissen. Schwarz und rot klatschten seine Gedärme gegen eine der Pumpen der Tankstelle. Einen Moment später hielten drei weitere Kerle an, die sich im Fahrerhaus eines 1940er Dodge Pickup drängten. Sie waren alle bewaffnet. Sie stürzten aus ihrem Wagen und gaben acht oder neun Schüsse auf den toten Hund ab. Eine Stunde später, als der Tankwart an Garys
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