Culpa Mosel
schließlich dafür bezahlt. Als Kommissar für Reblausbekämpfung und Weinexperte in der Landwirtschaftskammer kann ich schlecht abstinent leben, abgesehen davon, dass ich es auch nicht will und es auch kein Problem ist, auch nicht zu Hause. Marie hat sich noch nicht über meinen Weinkonsum beschwert.«
»Du musstest auch lange suchen, bis eine Französin aus der Medoc bereit war, dich zu heiraten«, bemerkte Uli, der hinter der Theke Bier zapfte.
»Nur zu! Wenn du deine besten Gäste vergraulen möchtest«, rief er Uli nach, der mit einem Tablett mit Gläsern zu den Gästen vor der Tür unterwegs war.
Walde nahm sich eine Scheibe von dem Baguette, spießte eine Olive auf und trank den kühlen Rosé.
»Schmeckt’s?«, fragte Jo, der sein Wasserglas prüfend gegen das Licht der Strahler über der Theke hielt.
»Mhm.« Walde trank sein Glas leer.
»Ich glaube, ich bestelle mir auch eins.«
»Ich dachte, heute ist dein Wassertag?«
»Ich möchte nicht päpstlicher sein als der Papst. Wir alten Lateiner wissen doch: Keine Regel ohne Ausnahme.«
Walde zuckte mit den Schultern.
»Wo wir beim Latein sind, ich habe vorhin bei Tele Mosel was über eure Pressekonferenz gesehen. Interessant.«
»Was war denn für dich interessant?«
»Na, rate mal.«
»Auch wenn mir nicht mehr groß nach Raten zumute ist, denke ich, es sind die lateinischen Verse gewesen.«
»Richtig!«, Jos Stimme nahm den Ton eines niederländischen Showmasters an. »Obwohl nicht gerade originell. Er ist nicht der erste Mörder, der Sprüche am Tatort hinterlässt.«
»Ich frage mich, warum dieser kryptische Text von Konstantin gewählt wurde.«
»Das war schon ein interessanter Typ, der Konstantin. Trier hat ihm eine Menge zu verdanken. Und natürlich auch Helena, seiner Mutter. Die Gute, er muss sie wirklich geliebt haben.«
»Wie kommst du zu der Vermutung?«
Jo grinste. »Immerhin soll sie als eine der wenigen aus seiner Familie eines natürlichen Todes gestorben sein.«
»Wie?«
»Du weißt nichts von den Gräueltaten in Konstantins Clan? Ich kann dir jetzt nur die aufzählen, die mir spontan einfallen. Seinen Schwiegervater soll er in den Selbstmord getrieben haben. Den Mann seiner Halbschwester ließ er hinrichten. Und das war erst der Anfang.« Jo nickte, als würde er damit den Wahrheitsgehalt seines Berichtes bekräftigen. »Deren Mann wurde ebenso getötet und deren Sohn versklavt und später in Karthago erschlagen. Selbst seinen eigenen Sohn ließ Konstantin umbringen, weil der angeblich mit seiner Konkubine Fausta angebändelt haben soll.«
»Was erzählst du denn da für Schauergeschichten?« Uli schenkte Wein in Waldes Glas nach.
»Das sind keine Geschichten. Mir auch einen.« Jo zeigte auf sein Glas. »Die Fausta blieb ebenfalls nicht verschont. Obwohl er mit ihr drei Söhne und zwei Töchter gehabt haben soll. Er ließ sie im Bad verbrühen.«
»Wie kommt man auf so eine grausame Idee?«
»Die Römer waren nicht zimperlich, was Hinrichtungsmethoden angeht, da gab es eine Menge ausgefeilter Varianten.«
»Würdest du es auch so nennen, wenn das Opfer in einen Sack mit Schlangen gestopft und in den Fluss geworfen wird?«
»Wie ich das nennen würde, habe ich mir noch nicht überlegt, bei den Römern hieß das poena cullei, auf Deutsch Säcken.«
»Und das hast du jetzt nicht erfunden?«
»Nein, ich hab’ vielleicht eine blühende Fantasie, aber so schlimm ist sie nun doch nicht.« Jo leckte sich die Kuppen von Daumen, Zeige- und Mittelfinger, bevor er sie in die Höhe reckte. »Übrigens haben selbst die Römer diese Tötungsmethode, die vornehmlich bei Verwandtenmördern zur Anwendung kam, im dritten oder vierten Jahrhundert abgeschafft.«
»Kannst du dich entsinnen, dass einer aus Konstantins Umfeld gesackt wurde?«
»Säcken direkt nicht, aber Maxentius ist unter der Milvischen Brücke in Rom ertrunken.«
»Alle Achtung, du weißt aber wirklich Bescheid.«
»Wir hatten hier vor vier Jahren eine große Ausstellung über Konstantin, falls du dich erinnerst. Marie hat etliche Führungen zu diesem Thema gemacht und Doris auch. Konstantins Schandtaten waren dabei der Renner gewesen.«
»Möchtest du noch einen?« Uli hielt die Flasche über die Gläser.
Walde hatte nicht gemerkt, dass er schon wieder ausgetrunken hatte.
In seiner Straße war außer Walde niemand mehr zu Fuß unterwegs. Er nickte dem Kollegen vom Personenschutz im Wagen zu, bevor er ins Haus ging.
Doris kam ihm in der Diele mit der
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