Culpa Mosel
den angestrengt dreinschauenden Presseleuten ein zweites Mal vorlesen. Bei der Erklärung der Schriftart wurde nur vereinzelt mitgeschrieben. Es entspann sich ein kurzer Dialog über die Deutung des Textes und darüber, wie er im Zusammenhang mit den Morden gesehen werden konnte.
»Gibt es weitere Fragen?«, übernahm Monika wieder das Wort.
»Ist das alles, was Sie seit Freitag herausgefunden haben?«
»Wir verfolgen weitere vielversprechende Spuren, aber aus ermittlungstechnischen Gründen …«
»… können wir zu diesem Zeitpunkt leider … bla, bla, bla.«
»Ich muss doch bitten.« Der Präsident beugte sich vor und blickte streng, jedenfalls versuchte er es.
»Gibt das jetzt eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung?«, nuschelte ein älterer Journalist in seinen Bart.
»Ich glaube, wir haben alle etwas Besseres zu tun, als hier auf Kindergartenniveau zu parlieren.« Die Stimme des Mannes, der in der Mitte der zweiten Reihe saß, klang wie die eines Ressortleiters, der eine ausufernde Redaktionskonferenz zum Thema zurückzuführen versuchte. »Könnten wir Näheres zu den Todesumständen der Opfer erfahren?«
Eine Frau in der ersten Reihe hob die Hand und fragte: »Ja, was hat zum Beispiel der Panther damit zu tun?«
Während er sich fragte, wie die Presse an diese Infos gekommen war, wirkte Grabbe äußerlich gelassen. Am Abend würde er seiner Frau erzählen, er sei cool geblieben. Wer einen Scherz machen konnte, sollte auch ein Pokerface besitzen. »Ich weiß nicht, wie Sie einen Zusammenhang herstellen zwischen dem Panther aus der Nordeifel, oder sind es schon die Ardennen, und unseren Fällen?«
»Aber Sie wissen vom dem Panther?«, hakte die Journalistin nach.
»Ja, ich lese Zeitung …«
Stiermann beugte sich zu den Mikrofonen vor. »Ich möchte anmerken, dass wir das Ermittlerteam personell deutlich aufgestockt haben und auch die Methode des Profilings zur Anwendung kommen wird.« Als augenblicklich mehrere Arme in die Höhe schossen, hob der Polizeipräsident abwehrend beide Hände. »Bitte lassen Sie uns nun unsere Arbeit machen.« Er hatte nicht bemerkt, dass seine Füße nervös zu scharren begonnen hatten. »Sobald es neue Erkenntnisse gibt, lassen wir es Sie selbstverständlich umgehend wissen!«
Am späten Nachmittag rief Walde zu Hause an. Doris meldete sich beim dritten Klingeln.
»Ich bin es. Ich wollte hören, wie es bei euch läuft.«
»Andrea ist mit Annika im Garten und sucht nach Kräutern.«
»In unserem Garten?« Außer der Wiese, ein paar Hecken und Blumen gab es dort keine Pflanzen.
Seine Gedanken erratend sagte sie: »Soviel hab’ ich auch schon gelernt: auch das, was wir als Unkräuter bezeichnen, können Kräuter sein. Allein in der Wiese gibt es davon jede Menge. Annikas Kindergartengruppe war heute Morgen nebenan im Kloster zu einer Treibhausbesichtigung eingeladen.«
»Bestimmt bei Edelberga«, sagte er.
»Was ist das denn für ein Name? Woher kennst du sie?«
»Den wird sich die alte Ordensschwester wohl mal selbst gegeben haben und nun, auf ihre alten Tage, gärtnert sie noch ein bisschen. Sie hat früher ein Kinderheim geleitet, das in unseren Ermittlungen eine Rolle spielt.«
»Vorhin hat sich der Personenschützer vorgestellt. Er scheint ganz nett zu sein. Andrea wollte ihm nachher einen Kaffee bringen.«
»Nee, sag ihr, sie soll das lassen. Das würde nur die Aufmerksamkeit auf den Mann lenken. Am besten ihr ignoriert ihn.«
»Werde ich ausrichten.«
»Was hat sie vor?«
»Keine Ahnung.«
»Habt ihr nicht darüber gesprochen?«
»Doch, ich hab’ ihr angeboten, noch eine Weile bei uns zu bleiben. Oder ist das ein Problem, brauchst du dein Arbeitszimmer?«
»Nee, ich bringe keine Arbeit mit nach Hause, ich arbeite noch ein bisschen im Büro. Hast du keine Angst? Ich meine, dieser Typ, der Andrea bedroht hat, könnte wieder auftauchen.«
»Den hat die Bernkasteler Polizei heute Nacht noch geschnappt. Es soll ein harmloser Winzer, ein älterer Junggeselle aus dem Dorf sein, der noch nie gewalttätig geworden ist, aber manchmal herumkrakeelt, wenn er zu viel getrunken hat.«
»Aha.«
»Er hat alles zugegeben und will sich persönlich bei Andrea entschuldigen.«
Auf dem Nachhauseweg wusste Walde nicht so recht, warum er den Umweg über den Hauptmarkt einlegte. An den drei Tischen draußen vor der Gerüchteküche saßen noch Gäste, obwohl es schon deutlich abgekühlt war. Uli kam schnellen Schrittes mit drei sauberen Aschenbechern in der
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