Cumberland Nash (German Edition)
Beschwörungsformel
preisgaben.
Der Atem des Hünen wurde schwerer. Er vernahm ein Knistern und
Vibrieren in der Luft vor sich, fast, als würde er sein Ohr an eine
Hochspannungsleitung halten. Der Geruch um ihn herum änderte
sich. Dort, wo zuvor Staub und Verfall bestimmten, war nun der
metallische Duft von Blut und menschlichen Absonderungen
vorhanden. Er spürte mit einem Ruck massive Übelkeit in sich
aufkommen und wollte sich übergeben. Seine Zähne schlugen
aufeinander und er versuchte, mit aller Macht dem Brechreiz zu
widerstehen.
Ein leises, kaum vernehmbares Keuchen lenkte ihn ab. Das
Geräusch erklang vor ihm, aus dem Raum heraus und konnte somit
nicht von Baker kommen, der neben ihm kniete. Shanes Augen
wollten sich nicht öffnen und sein Körper verweigerte jeden Befehl,
den er erteilte. Es fühlte sich an, als wäre er sturzbetrunken und
nicht Herr seiner Gedanken, geschweige denn Motorik. Träge sackte
die Frage durch seinen Verstand, ob Baker überhaupt noch neben
ihm war, oder ob das Geräusch vielleicht doch von diesem stammte.
Erneut drang ein leises Stöhnen und Keuchen an seine Ohren.
Edwards wusste in diesem Moment mit Gewissheit, dass es nicht
Baker war. Es klang schwach, gequält und unendlich leidend.
Erst formten sich die Worte in seinem kaum funktionierenden
Verstand, dann sprach er sie leise aus: „Nash.“
Shane Edwards nahm all seine verbliebenen Kräfte zusammen,
sammelte sie und seine Augen folgten verlangsamt dem Befehl sich
zu öffnen. Vor ihm, auf dem Boden der Zelle, lag ein bis zur
Unkenntlichkeit geschundenes Bündel, das man als menschlichen
Körper hätte deuten können.
Der Dämonenjäger beugte sich vor und konnte der Übelkeit nicht
mehr standhalten, die ihn zuvor zu überwältigen versuchte. Kaum
kam er wieder zu Atem, fühlte er sich ein Stück klarer. Seine Augen
öffneten sich erneut und er blickte auf den zuckenden Haufen, der
sich knappe zwei Meter entfernt von ihm befand.
„Oh Gott“, stöhnte Shane bei dem Anblick qualvoll.
Wenn jemand so aussah, nachdem er der Hölle entrissen wurde,
wollte er dem Verursacher niemals über den Weg laufen. Edwards
Kopf bewegte sich langsam, erkundete die Stelle, an der zuvor noch
Ty Baker gekniet hatte. Dieser war zur Seite gekippt und lag
regungslos auf dem Boden. Er bemerkte das ruhige Heben und
Senken des Brustkorbs und war für den Moment beruhigt. Während
er beschloss, sich später um Baker zu kümmern, griff seine Hand
automatisch nach dem Mauerwerk.
Mühsam rappelte er sich auf und hätte ihn der Türrahmen nicht
gestützt, so wäre Shane Edwards einfach umgefallen. Während er
versuchte, sich aufrecht zu halten, jagte immer wieder die Frage
durch seinen hämmernden Schädel, warum Nash dort vor ihm auf
dem Boden lag und nicht, wie von Margarite prophezeit, in
Cumberlands Körper zurückgekehrt war.
„Nash“, brachte seine Kehle brüchig hervor.
Das Bündel auf dem Boden gab einen gequälten Laut von sich.
Shane bewegte sich langsam auf den Mann zu. Sein Körper
schwankte, als würde er sich auf hoher See befinden, dann sackte er
vor dem anderen in die Knie. Seine Hand glitt an eine Stelle der
Hüften, die nicht verletzt zu sein schien. Der Leib des Mannes zuckte,
wie unter einem Schlag.
„Lasst mich endlich sterben“, drang es kaum verständlich an die
Ohren des Dämonenjägers.
„Nash, ich bin es, Shane“, flüsterte er, doch Edwards wusste nicht
mal, ob die Worte überhaupt zu dem anderen vordrangen.
Ein Schluchzen war die einzige Reaktion und der Hüne fühlte sich so
hilflos, wie noch nie zuvor in seinem Leben.
„Wir brauchen einen Notarzt“, flüsterte Shane.
„Oh, ein Priester, der einen Dämon beschwört? Das hatte ich ja auch
noch nicht! Ein Arzt wird nicht mehr viel helfen können. Du hast ihn
menschlich werden lassen. Ein kleiner Nebeneffekt, wie es scheint,
wenn Leute wie du den Pfad verlassen.“
Shanes Kopf ruckte in die Richtung, aus der er die Stimme
vernommen hatte. Der Mann, der sich an die Wand gegenüber
gelehnt hatte, schien die Perfektion der Schöpfung zu sein.
Schwarze, glänzende Haare umrahmten ein Gesicht, das nicht
schöner hätte sein können und der Körper, der sich darunter befand,
hätte ihm den Atem geraubt, wären es andere Umstände gewesen.
Shane Edwards wusste sofort, mit wem er es zu tun hatte.
Ein leises, raues Lachen war zu hören und grüne Augen blitzten ihn
belustigt an.
„Er hat nicht mehr lang Priester, vielleicht solltest du ihm den letzten
Segen
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