Cupido #1
nicht ausweichen. Sie hörte ihr eigenes Herz wild gegen den Brustkorb hämmern.
Die Klimaanlage schaltete herunter und summte tiefer. Draußen trommelten jetzt schwere Regentropfen gegen das Fenster. Das Gewitter war angekommen. Das Krachen des Donners zerriss die Luft, ein Blitz zuckte auf, und in dem Licht, das durch die Ritzen der Jalousien drang, flackerte die Gestalt momentlang auf. Sie sah die struppigen roten Augenbrauen, die schwarze Kontur seines Grinsens. Strähnen weißblonden Haars klebten an seinem bloßen Nacken.
Plötzlich wandte er sich von ihr ab und legte das Messer auf den Nachttisch. Er öffnete die Schublade und nahm zwei Duftkerzen und ein Päckchen Streichhölzer heraus. Sie beobachtete, wie er sie anzündete, die Flammen verströmten weiches Licht und erfüllten das Zimmer mit süßlichem Kokosgeruch. Minutenlang starrte er sie schweigend an, sein Atem unter dem winzigen Loch im Gummi ging schnell. Im Kerzenlicht war sein Schatten an der Wand riesig und verzerrt.
«Hallo, Chloe.» Das Gummigesicht mit dem klaffenden Lächeln sah auf sie nieder. Seine Worte pfiffen durch das schmale Loch der Maske. Sie meinte, durch die Gucklöcher in eisblaue Augen zu sehen.
«Ich habe dich vermisst, Chloe. Ich hatte schon gedacht, du kommst gar nicht mehr heute Nacht.» Er drehte sich um, nahm das Messer vom Nachttisch und wandte sich ihr wieder zu. «Hast du etwa deine Aerobicstunde geschwänzt, nur um den Abend mit deinem Freund zu verbringen? Böses Mädchen, na, na, na.» Er kicherte heiser.
Chloes Haut wurde kalt und feucht. Er kannte ihren Namen. Er wusste, dass sie Aerobic machte. Arbeitete er im Fitnessstudio? Sie versuchte verzweifelt, seine Stimme irgendwo einzuordnen. Sie war von der Gummimaske tief und gedämpft. Hörte sie da den Hauch eines Lispeins heraus und vielleicht einen Akzent, den er zu verbergen versuchte? Einen britischen Akzent?
Er beugte sich herunter und kniete neben ihr nieder. Das Gummigesicht war jetzt auf der Höhe ihres Ohrs. Er strich ihr eine Haarsträhne von der Wange. Sie konnte den Latex riechen und einen Hauch von Quorum, dem Eau de Toilette, das sie Michael einmal zu Weihnachten geschenkt hatte. Sein Atem roch nach kaltem Kaffee.
«Du hättest ihn lieber hier übernachten lassen sollen, findest du nicht?» Der Clown flüsterte ihr direkt ins Ohr. Noch ein Blitz erhellte das Schlafzimmer, und sie sah, wie das Messer aufblinkte,
das plötzlich über ihr schwebte, nur wenige Zentimeter über ihrem Bauch. Ihre Augen weiteten sich.
Er lachte und stand auf. Mit einem Finger fuhr er über ihren Körper, ihren Arm, die Schulter und die vom Pyjama bedeckte Brust. Und über seinem Finger schwebte, nur wenige Zentimeter darüber, die ganze Zeit das Messer. «So ein hübsches Mädchen wie meine Chloe sollte man nicht alleine lassen.» Plötzlich senkte er die Klinge und schnitt mit einer schnellen Bewegung den untersten Knopf ihres Pyjamaoberteils ab.
«Weil man nie weiß, was einem Mädchen in der großen Stadt alles passieren kann.» Das Messer köpfte den nächsten Knopf. Fast gleichzeitig mit dem Blitz erschütterte ein krachender Donner die Luft. Irgendwo ging die Alarmanlage eines Autos los.
«Aber keine Angst, Beany. Ich werde mich gut um mein großes Mädchen kümmern. Ach, wie werde ich dich verwöhnen!» Ein weiterer Knopf fiel ab.
Sie erschauerte. Um Himmels willen, woher kannte er ihren Spitznamen?
Er schnüffelte übertrieben durch die Löcher in seiner Maske. «Mmmmh, Chanel No. 5. Wunderbar. Ich hoffe, du trägst es nur für mich. Es ist nämlich nicht nur dein Lieblingsparfüm.»
O Gott, er kannte sogar ihr Lieblingsparfüm.
«Was hast du heute Abend sonst noch für mich?» Der letzte Knopf wurde abgeschnitten und rutschte seitlich über ihre Brust, bevor er zu Boden fiel. Mit einem leisen Geräusch kam er auf dem Teppich auf. Jetzt öffnete der Clown mit der Spitze des Messers das Pyjamaoberteil. Langsam, bedächtig schob die Klinge erst die eine Seite weg, die seitlich aufs Bett rutschte. Dann fuhr das Messer über den bloßen Bauch und den Bauchnabel zur anderen Seite hinüber, sodass ihr Busen freigelegt war. Er starrte sie an. Sein Atem wurde heftiger.
Er fuhr mit dem Messer langsam über beide Brüste, die angststarren Brustwarzen, dann ihren Nacken hinauf. Chloe fühlte die kalte, scharfe Spitze, die sich tief in ihre weiche Haut drückte, ohne sie einzuschneiden. Er stoppte an dem Herzanhänger, der auf ihrer Kehle lag, und
Weitere Kostenlose Bücher