Cupido #1
reichte es Janine, der Protokollführerin.
Der Obmann war sichtlich erleichtert, aus dem Rampenlicht zu sein, als er sich zurück zu den anderen elf Jurymitgliedern auf die Geschworenenbank setzte. Alle starrten jetzt unbehaglich zur Richterbank. Keiner wagte es, einen Blick in Bantlings Richtung zu werfen.
«Protokollführerin, bitte verlesen Sie das Urteil.» Richter Chaskel setzte sich in seinem hohen ledernen Stuhl auf, die Hand ruhte auf dem hölzernen Hammer auf der Richterbank.
«Am fünften Januar zweitausendeins sind wir, die Geschworenen in Miami Dade County im Staat Florida, zu dem Urteil gekommen, dass William Rupert Bantling schuldig im Sinne der Anklage ist.»
Schuldig. Schuldig im Sinne der Anklage. Ein ersticktes Schluchzen war zu hören, C. J. nahm an, es kam von Ms. Prado.
«Bitte bleiben Sie noch auf Ihren Plätzen, Ruhe im Gerichtssaal, bitte», sagte der Richter ernst, seine tiefe Stimme verlangte Gehorsam von der erregten, zappeligen Menge. «Ms. Rubio, möchten Sie die Geschworenen einzeln befragen?»
Lourdes zögerte, dann sagte sie schlicht: «Ja, das möchte ich, Euer Ehren.» Sie hielt sich mit beiden Händen an der Tischkante fest. Bantling starrte den Richter an, als hätte er nicht verstanden, was eben verkündet worden war.
«Ladies und Gentlemen der Jury, ich werde jetzt jeden einzelnen von Ihnen fragen, ob Sie das Urteil selbständig gefällt haben. Geschworene Nummer eins, zu welchem Schluss sind Sie gekommen?»
«Schuldig», sagte die Sekretärin im Ruhestand aus Kendall weinend.
«Geschworener Nummer zwei?»
«Schuldig.»
Und so ging es die ganze Reihe durch. Einige der Geschworenen hatten feuchte Augen, andere wirkten erleichtert, und wieder andere bestätigten das Urteil, als sie an der Reihe waren, voller Zorn und Abscheu.
Nachdem auch der Geschworene Nummer zwölf die Schuld des Angeklagten festgestellt hatte, brach im Gerichtssaal Chaos aus. Ms. Prado heulte laut, Angehörige der anderen Opfer schrien und klatschten Beifall, die Journalisten stürmten aus dem Saal, um ihre Agenturen zu informieren, und C. J. senkte den Kopf zu einem stillen Dankgebet zu einem Gott, an dessen Existenz sie schon nicht mehr geglaubt hatte.
Es war vorbei. Endlich war es vorbei.
86.
In diesem Moment begann William Rupert Bantling zu schreien.
Es war das gleiche haarsträubende, tobsüchtige Gekreische, das C. J. schon im Gefängnis gehört hatte. Der Lärm im Gerichtssaal verstummte, und alle Augen und Kameras richteten sich auf Bantling.
Er riss sich mit beiden Händen an den Haaren und schüttelte heftig den Kopf. Sein Gesicht war purpurfarben, die Augen weit aufgerissen. Er drehte sich in C. J.s Richtung, zeigte mit dem Finger auf sie und schrie außer sich vor Zorn: «Du dreckige Fotze!», gellte er. «Ich hätte dich umbringen sollen, du verdammte Hure! Ich hätte dich damals umbringen sollen! Damit kommst du nicht durch!»
«Ruhe! Ruhe im Gerichtssaal! Jetzt, sofort!», bellte Richter Chaskel, auch sein Gesicht lief dunkelrot an. «Mr. Bantling, hören Sie? Ich will, dass Sie schweigen!»
Lourdes legte die Hand auf Bantlings Arm, um ihn zu beruhigen, doch er schüttelte sie ab, warf sie fast gegen das Geländer. «Fass mich nicht an, du doppelzüngige Schlampe! Du steckst mit ihr unter einer Decke – ich weiß es!»
«Mr. Bantling, ich werde diesen Ton in meinem Gerichtssaal nicht dulden. Ich lasse Sie knebeln, wenn das nötig sein sollte!» Er sah sich nach Hank um. «Führen Sie die Geschworenen hinaus, Hank! Jetzt gleich!»
Hank drängte die Geschworenen, die Bantlings Zusammenbruch mit offenem Mund zusahen, in die schalldichte Geschworenenkammer.
Bantling wandte sich jetzt zur Richterbank. «Euer Ehren, ich verlange einen anderen Anwalt. Ich will jetzt sofort einen anderen Anwalt.»
«Mr. Bantling, Sie sind gerade wegen Mordes verurteilt worden. Wenn Sie in Berufung gehen, können Sie sich jeden Verteidiger aussuchen, den Sie haben möchten und den Sie bezahlen können. Und wenn nicht, dann sucht das Gericht Ihnen einen aus. Aber nicht jetzt.»
«Euer Ehren, Sie verstehen nicht! Ich habe es nicht getan, und das wissen die beiden ganz genau!»
«Sie müssen sich erst einmal beruhigen! Reißen Sie sich zusammen.»
«Vor Jahren habe ich die Staatsanwältin gefickt! Schlimm gefickt, in ihrem Apartment in New York, und jetzt rächt sie sich dafür! Ich bin unschuldig! Ich will eine neue Verhandlung! Ich will einen neuen Anwalt!»
Richter Chaskel runzelte
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