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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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blind vertraut haben, wenn Sie über so etwas sprechen konnten.«
    Pater Montague lächelte. »Wir kannten uns seit über dreißig Jahren. Wir hatten zusammen am Priesterseminar von Saint-Sulpice in Paris studiert, wo wir Freunde wurden.« Er seufzte. »Dieselben Träume damals, dieselben Enttäuschungen heute.«
    »Wie wird der Tod von Vanko und Pater Ascanio in Kirchenkreisen kommentiert?«
    »Der Heilige Stuhl hat sich hinter der offiziellen Version der Polizei verschanzt. Für den Vatikan ist der Fall abgeschlossen.«
    »Was denken Sie, Pater? Glauben Sie, dass hinter den beiden Morden das Opus Dei steckt?«
    »Über das Opus Dei wird viel geredet, das stimmt, aber es ist zu einfach, sie zum Sündenbock für die vielen Übel zu machen, unter denen unsere Kirche leidet.«
    »Anfangs hatten Théo und ich an Opus Dei gedacht. Doch jetzt glauben wir, dass jemand anderes seine Hände im Spiel hat.«
    Ihr Instinkt sagte Raisa, dass sie dem Pater vertrauen konnte. Sie erzählte ihm die ganze Geschichte und ging besonders auf das ein, was Constance und sie über Pico della Mirandola herausgefunden hatten.
    »Ich habe Sie um dieses Gespräch gebeten, weil ich die Antwort auf eine Frage finden muss, und ich glaube, ich kann sie nur von Ihnen bekommen.«
    »Was meinen Sie?«
    »Wie ist Pico della Mirandola gestorben?«
    Auf Raisas Worte folgte ein längeres Schweigen.
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich bin sicher, dass Pico ein Geheimnis entdeckt hatte, das auf das alte Ägypten zurückging, ein Geheimnis von unermesslich großer Bedeutung. Jemand könnte ihn getötet haben, um ihn zum Schweigen zu bringen.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, wer das sonst noch gewesen sein könnte?«
    »Meine Idee mag Ihnen romanhaft erscheinen, doch ich denke, dass es sich um eine Geheimsekte oder um eine Machtgruppe handelte. Menschen, die sich dieses Geheimnis vielleicht schon seit ewigen Zeiten überlieferten.«
    Pater Montagues Miene wurde skeptisch. »Eine Sekte von Fanatikern, die töten würden, weil sie ein Geheimnis um seiner selbst willen wahren möchten?«
    »Nein. Ich denke eher an jemand sehr Kluges und Berechnendes. Jemand, der töten würde, weil die Verbreitung des Geheimnisses seinen Interessen schaden würde.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihre Frage nach Picos Tod beantworten könnte?«
    »Die Tatsache, dass Sie diese Pergamente gefunden haben, lässt mich vermuten, dass Ihre Bibliothek ein Geheimarchiv enthält, ein Archiv, das weit über die im ersten Stock ausgestellten Handschriftensammlungen hinausgeht. Irre ich mich?«
    Pater Montague nahm seine Brille ab und fuhr sich mit einem der Bügel über die Lippen. »Nein, Sie irren sich nicht.«
    »Und?«
    »Versprechen Sie mir, dass Sie mit niemandem über das sprechen, was ich Ihnen jetzt zeigen werde?«
    »Théo werde ich es sagen müssen.«
    »Warten Sie hier.« Er ging hinaus.
    Wenig später kam Pater Montague, einen Kodex unter dem Arm, wieder herein und setzte sich neben Raisa. »Zu der Zeit, als Pico della Mirandola in diesen Mauern lebte, gab es unter den Klosterbrüdern einen monachus infirmarius , eine Mischung zwischen einem Arzt, einem Pharmakologen und einem Apotheker. Er hieß Uguccione della Rosa.«
    Der Kodex war in dunkles Leder eingebunden, an den Ecken durch brünierte Metallstücke verstärkt und mit einer rostigen Metallschnalle verschlossen. Unten auf dem Einband stand »Spezieria del convento San Marco, Anno Domini MCCCCLXXXXIV«.
    Pater Montague löste die Schnalle und blätterte die Seiten auf. Sie bestanden aus gelblichem Pergament und waren mit einer Handschrift voller Schnörkel beschrieben. Die verblasste Tinte hatte eine Sepiafarbe angenommen.
    »Dieser Kodex war eine Art ärztliches Berichtsbuch des Klosters, wo Bruder Uguccione den Namen des Kranken, die Symptome, die Diagnose und die Heilmittel eintrug. Es war Uguccione, der Pico behandelte.«
    »Er hat das also alles geschrieben?«
    Pater Montague reichte ihr den Kodex. »Lesen Sie.«

    Nach der Vesper kam Fra Ghino, der Spetial, außer Atem zu mir und bat mich, in die Zelle von Giovanni Pico della Mirandola zu eilen, da Giovanni starke Schmerzen habe.
    Ich fand Giovanni, welcher unter Schmerzen ächzte, ganz in Schweiß gebadet. Er sagte, er verspüre eine heftige Übelkeit und starke Schmerzen in Magen und Eingeweiden, begleitet von Erbrechen und Durchfall. Sein Odem roch nach Knoblauch. Ich frug ihn, ob er außer dem Abendessen im Refektorium andere Speisen zu sich genommen

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