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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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byzantinischen Kuppeln wirkte, als sei hier die Zeit stehen geblieben.
    Sein Blick schweifte über das Deck, verweilte auf Al Kaddafi im karierten Hemd und kakifarbenen Hosen und blieb an der schwarzen Silhouette von Rabinovitch hängen, der seine Uniform des orthodoxen Juden trug und sich nicht um die Blicke der anderen Passagiere kümmerte. Aus seiner Jackentasche ertönte ein Klingeln. Er zog das Handy heraus und gab knappe Antworten. Guzman stand auf, ging zur gegenüberliegenden Bootswand und setzte sich neben ihn.
    »Neuigkeiten?«
    »Vor heute Nacht«, sagte Rabinovitch, »wird ein israelisches Motorboot Anker vor der Küste von Iviron werfen.«
    »Der Treffpunkt?«
    »Morgen bei Sonnenaufgang wird der Kapitän die Nordküste entlangfahren, um eine geeignete Stelle zu suchen, etwas wie eine Bucht. Sobald wir ihm melden, dass wir bereit sind, schickt er eine Schaluppe.«
    Der Monsignore kehrte an seinen Platz zurück. Al Kaddafi, der näher zum Heck saß, warf ihm einen fragenden Blick zu. Guzman beruhigte ihn mit einem Kopfnicken. Der Saudi besaß die hundert Augen des Riesen Argus. Was mochte er vorhaben? Über Ouranoupolis zu fliehen, wie sie?
    Einige Augenblicke lang blieb sein Blick an einem braun gebrannten Kerl mit aschblonden Haaren hängen, der neben dem Saudi saß. Der Mann hatte einen athletischen Körper und trug eine verspiegelte Sonnenbrille. Zu seinen Füßen lag ein Bergsteigerrucksack. Der Monsignore schüttelte den Kopf. Wieder so ein Globetrotter mit mystischen Anwandlungen.
    »Daphni!«, schrie der Kapitän und zeigte mit dem Arm auf ein Häufchen weißer Häuser an einem kleinen Hafen.

    Zwei Matrosen sprangen auf den Kai und banden die Taue um die Poller. Das Boot leerte sich.
    Der Monsignore stellte sich, gefolgt von Pater Pinkus, mit den anderen Pilgern vor der Hütte auf, die als Zoll- und Polizeistation fungierte. Wo waren die beiden Idioten? Er beugte sich vor und entdeckte sie weiter vorn, einer hinter dem anderen. Sie ignorierten sich gegenseitig.
    Caramba . Die beiden Mönche hinter dem Schreibtisch sahen aus wie die Richter des Jüngsten Gerichts. Al Kaddafi reichte ihnen seine Papiere. Ein Mönch musterte ihn, überprüfte den diamonitirion und blätterte in seinem Pass. Dann stempelte er ihn ab und gab ihn dem Saudi zurück.
    »Ich kann gar nicht hinschauen«, flüsterte Pater Pinkus, mit einer Kopfbewegung auf Rabinovitch weisend, den Nächsten in der Reihe.
    Die beiden Mönche blickten Rabinovitch finster an. Sie blätterten in seinen Papieren und sprachen miteinander. Einer der beiden stand auf, hob den Hörer eines an der Wand hängenden Telefons und wählte. Das Telefonat dauerte mehrere Minuten, während deren die Stimme des Mönchs immer lauter wurde. Was passierte da? Der Mönch legte wieder auf und setzte sich brummend neben seinen Kollegen. Dann versetzte er Pass und Aufenthaltsgenehmigung einen energischen Hieb mit dem Stempel und gab sie Rabinovitch mit grimmiger Miene zurück. Pater Pinkus stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    Der spanische Pass des Monsignore und auch die Papiere von Pater Pinkus wurden anstandslos gestempelt.
    Als sie aus der Polizeistation herauskamen, blieb Guzman stehen, um die Reihe der Pilger zu beobachten, die Daphni verließen. Ein Mönch durchwühlte gründlich jedes Gepäckstück, während sein Kollege nach eigenem Gutdünken hier und da Leibesvisitationen durchführte. Diablo , Pater Pinkus hatte recht gehabt, die machten Ernst. Über Daphni zu fliehen war undenkbar. Blieb noch Ouranoupolis. Nun, ein Marsch von fünfundzwanzig Kilometern über die Berge war auf jeden Fall besser als das Fischerboot des Juden.
    »Monsignore, was habe ich Ihnen gesagt?«, murmelte Pater Pinkus. »Was machen wir, wenn wir nicht über die Berge bis nach Ouranoupolis kommen?«
    »Pessimisten hat keiner je ein Denkmal gesetzt, Pater.«
    »Ja, Monsignore. Aber Pessimisten, bei allem Respekt, pflegen in ihrem Bett zu sterben, die mit den Denkmalen dagegen meistens nicht.«
    Als der Monsignore sich umdrehte, sah er sich Al Kaddafi gegenüber. Der wandte sich ab und ging schweigend davon.
    Ein verrosteter, grün und gelb angestrichener Autobus mit der Aufschrift »Karyes« und staubbedeckten Fenstern stand mit laufendem Motor in der Sonne. Am Steuer saß ein Mönch mit Pferdeschwanz. Guzman und Pater Pinkus eilten der Gruppe hinterher und stiegen ein. Die Türen schlossen sich, und das Gefährt fuhr unter lautem Knarren und Quietschen an, um in eine Sandstraße

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