Curia
Tonfall des Monsignore wurde weihevoll. »Der mächtigste der Welt. Und das Opus Dei ist sein Gehirn.«
Pater Pinkus schluckte. »Mon-Monsignore, ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.«
Guzman ließ wieder den Rosenkranz kreisen. »Noch weiß ich nicht, wer hinter all dem steckt, aber eines weiß ich sicher: Es ist jemand, der großes Interesse daran hat, dass wir – ich spreche von unserer christlichen Kirche, aber das Gleiche gilt für Jerusalem und Riad – weiterhin das tun, was wir immer getan haben.«
»Und was wäre das?«
»Auf jede mögliche Weise den Fortschritt der Menschheit aufhalten, was auch immer es ist.«
Pater Pinkus schluckte hörbar, dann räusperte er sich. »Es tut mir leid um Santi. Er war mir sympathisch, ich würde fast sagen, er rührte mich. Eine reine Seele, wie man sie kaum mehr findet.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass ich mich schuldig fühlen müsste?«
»Monsignore, ich habe nichts gesagt.«
»Aber Sie haben es gedacht. Wenn Sie es wissen wollen, ich fühle mich ganz und gar nicht schuldig. Erfolg bringt Verantwortung mit sich, und was geborene Führer verbindet, ist ihr Mut, diese Verantwortung auf sich zu nehmen. Claro ?«
Pater Pinkus schwieg.
»Schmerzen formen den Charakter, Pater. Ich erlaube meinem Herzen nie, sich dem Schmerz hinzugeben, sondern befehle meinem Geist, über all die Arbeit zu jubeln, die es noch zu tun gibt. Sind die Koffer für Athos gepackt?«
»Ja, Monsignore. Aber …«
»Kein ›aber‹. Rufen Sie den Piloten an. In zwei Stunden muss die Gulfstream startbereit sein. Das einzige Heilmittel gegen den Schmerz ist die Tat.« Der Monsignore stand auf. »Pater, es geht auf die Reise!«
Der Polizeipräfekt von Rom – Doppelkinn, Marderaugen und ein Bauch, gegen den die Hemdknöpfe ankämpften – klopfte mit der CD -Hülle gegen seine Handfläche.
»Der Minister ist fast durchgedreht … Ach, Dominici, was reitet Sie denn bloß? Wollen Sie einen diplomatischen Zwischenfall mit dem Vatikan provozieren?«
»Ich tue nur meine Arbeit«, sagte der Kommissar. »Haben Sie sich nicht mal gefragt, warum da so viel Staub aufgewirbelt wird?«
»Mein Güte, gebrauchen Sie doch Ihren Verstand.« Der Präfekt hob und senkte die gefalteten Hände. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass der Malteserorden in diese Geschichte verwickelt ist? Ach was!«
»Vielleicht haben Sie recht, vielleicht nicht. Aber ich bin Polizist und überlasse nichts dem Zufall.«
»Werden Sie nicht kindisch.« Der Präfekt beugte sich mit Verständnis heischender Miene über den Schreibtisch. »Warum lassen Sie die Purpurkäppchen solche Geschichten nicht untereinander aushandeln, wie’s bis jetzt immer gehalten wurde?«
»St. Pierre wurde bei uns umgebracht, nicht im Vatikan.«
Der Präfekt machte eine resignierte Geste. »Vergessen wir doch die Details.«
»Verlangen Sie von mir, den Fall zu den Akten zu legen?«
»Ich verlange, dass Sie erkennen, wie die Welt funktioniert.« Der Präfekt wedelte mit der CD und zwinkerte ihm zu. »Ist doch eine schöne Karriere, die Sie bisher gemacht haben … Denken Sie drüber nach, und nehmen Sie sich den besseren Teil.«
»Kann ich die CD behalten?« Der Kommissar streckte die Hand aus.
Der Präfekt seufzte achselzuckend. »Was ich Ihnen sagen musste, habe ich gesagt.« Er reichte dem Kommissar die Hülle. »Aus Freundschaft.«
Kaum war Dominici draußen, griff der Präfekt zum Telefon und wählte.
»Herr Minister, ich hab’s probiert.«
»Lassen Sie ihn nicht aus den Augen«, sagte die Stimme am anderen Ende.
»Und wenn …?«
» Promoveatur ut amoveatur . Muss ich Ihnen das sagen?«
Der Präfekt legte auf. »Hm, der alte Fuchs hat wirklich recht«, murmelte er. »Wegbefördern … Auf Latein klingt das auch gleich ganz anders.«
Die Sonne fiel durch die Vorhänge auf eine Holzskulptur der drei weisen Affen.
22 Möwen stürzten sich im Tiefflug dicht über die Wasseroberfläche, ihre Schreie mischten sich mit dem Tuckern des Motors.
Der Bug des Schiffs durchschnitt eine hohe Welle, deren Spritzer Monsignore Guzmans Gesicht benetzten. Er saß neben dem schläfrigen Pater Pinkus am Bug und blickte, die Hand zum Schutz gegen die Sonne an die Stirn gelegt, auf die Halbinsel des Berges Athos.
Steil fielen die waldigen Hänge zum Meer ab, dazwischen lagen kahle Felsen und einsame Buchten. Auf einer Klippe erhob sich ein Kloster. Der Anblick seiner mittelalterlichen Mauern und
Weitere Kostenlose Bücher