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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Büro hinuntergehen, dann rufe ich zurück.«
    »Ich erwarte Ihren Anruf.«

    Der Conte erhob sich. »Geben Sie mir den Ring.«
    Théo gehorchte. Mit gespreizten Beinen über der Intarsie stehend, positionierte der Conte den Ring so über dem darunterliegenden Stück, dass alle Kettchen gleich stark gespannt waren. Dann zog er den Ring mit einer gleichmäßigen Bewegung hoch. Mehrmals wiederholte er, heftig schnaufend und mit rot angelaufenem Gesicht, diese kontinuierliche Zugbewegung, doch das Stück blieb an seinem Platz.
    »Es war nicht genug Salzsäure«, sagte der Conte.
    Er wiederholte die Operation mit der Säure und dem Holzhammer, dann zog er wieder. Das Stück rührte sich nicht. Wieder zog er, bis er puterrot im Gesicht war. Mit einem schmatzenden Geräusch löste sich das Stück und gab ein Rechteck aus schwärzlichem Mörtel frei.

    Kowalski beugte sich hinter dem Bogen des Hauptportals vor und hob die Pistole. Über den Kirchplatz hallten zwei dumpfe Knaller. Santi zuckte zusammen, stieß einen erstickten Seufzer aus und sackte zu Boden. Blut schoss ihm aus dem Mund. Kowalski betrachtete den Körper, dann packte er ihn an den Füßen und schleifte ihn, eine Blutspur auf dem Marmor hinterlassend, in die Ausschmiegung des rechten Portals. In Santis Brille, die am Bogen lag, spiegelte sich das Licht der Scheinwerfer. Kowalski beugte sich über den Körper und schloss Santi die Augen. Dann stand er ruckartig auf, stieg die Stufen des Doms hinunter und kehrte zu seinem Posten an der Ecke Erzbischöflicher Palast, Via dei Fusari zurück.
    Im ersten Stock eines gegenüberliegenden Hauses leuchtete hinter einem Fensterladen das Flämmchen eines Feuerzeugs in der Dunkelheit auf.

    Der Conte begann, den Mörtel mit dem Meißel zu bearbeiten. Als ein großes Stück absprang, wurde darunter ein Marmorgrund sichtbar.
    »Sieh mal an, interessant«, sagte der Conte im Tonfall des Wissenschaftlers.
    Er erklärte, der Bildhauer der Intarsie habe eine Aushöhlung in die ganze Marmorplatte gegraben, um die Teile der Komposition dann einen nach dem anderen auf diesen Grund zu kleben.
    »Gut, dass ich das jetzt weiß«, sagte Konstantine. »Beeilen wir uns!«
    Der Conte brummte etwas in breitem toskanischen Dialekt. Als er den Mörtel aus der Aushöhlung geklopft hatte, beleuchtete die Lampe ein gleichmäßiges marmornes Fundament.
    »Zufrieden?« Der Conte blickte Konstantine und Théo mit kaum verhehlter Genugtuung an. »Kein Loch. Gar nichts.«
    »Bleiben noch zwei Stücke«, sagte Théo.
    »Lohnt sich das?«
    »Conte, wissen Sie, was in meinem Beruf den Unterschied zwischen Scheitern und Erfolg ausmacht? Ein Schlag mit der Spitzhacke. Nur einer. Also los!«

    Vier Polizeiwagen hielten vor den Stufen des Doms. Ein Dutzend Polizisten und ein Mann in Zivil stiegen aus den Autos.
    Einer zeigte auf das rechte Portal und sagte etwas. Alle eilten die Stufen hinauf und drängten sich um den am Boden liegenden Körper. Der Mann in Zivil bückte sich und fühlte ihm den Puls. Er schüttelte den Kopf.
    Dann versammelte er die Polizisten um sich und machte, während er sprach, Zeichen in Richtung Dom und Erzbischöflicher Palast. Die Gruppe löste sich auf. Drei Beamte postierten sich vor dem Hauptportal und drei vor dem Palast, während die anderen hinter der linken Ecke des Doms verschwanden. Zwei von ihnen blieben vor dem Eingang zum Campanile stehen. Der Rest lief durch die Arkaden des Neuen Doms, dann eine steile Treppe hinunter und stellte sich vor das Baptisterium San Giovanni hinter dem Dom.

    Der Conte zuckte mit den Achseln. Er schob die Klinge unter das Stück, auf das ein Großteil der lateinischen Inschrift gemeißelt war, und bewegte sie vor und zurück. Nach einer Viertelstunde glitt das Messer ungehindert unter die gesamte Oberfläche. Der Conte hob das Stück an, und wieder erschien der Untergrund aus dunklem Mörtel. Er klopfte auf den Meißel, und ein großes Stück löste sich. Der Conte hielt mit aufgerissenen Augen inne.

    »Entschuldigen Sie bitte«, keuchte der päpstliche Sekretär am anderen Ende. »Ich hatte Probleme mit diesem verflixten Computer. Wie glücklich kann sich unser Herrgott schätzen, dass er nicht mit Windows zu tun hatte.«
    »Haben Sie die Nummern gefunden?«
    »Notieren Sie bitte, die Telefonnummer lautet …«

    Théo beugte sich über den Spalt. »Ein Loch. Die Marmorplatte hat ein Loch. Schnell, Conte, machen Sie weiter.«
    Der Conte schlug den Rest des Mörtels mit dem Meißel ab.

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