Curia
Er versuchte, sie festzuhalten, doch vergebens. Der Lärm der zerbrechenden Teller hallte durch den Dachboden. Théo erstarrte. Sein Puls begann zu rasen.
»Wollt ihr mich jetzt umbringen?«, flüsterte er, das Kästchen fest unter dem Arm. »Kein Wort! Ich will nichts hören!« Er hob einen Finger. »Mund halten, verstanden?«
Konstantine wechselte einen mitleidigen Blick mit dem Conte und schüttelte den Kopf.
»Heilige Madonna«, sagte der Conte, halb überrascht, halb nachdenklich. »Wenn der Erzbischof mir das nächste Mal dumm kommt, werde ich auch so reagieren.«
Sie blieben schweigend stehen und horchten angestrengt auf das kleinste Geräusch.
»Vielleicht sind das alles Büros«, flüsterte Théo.
»Nein, mein Herr. Die drei unteren Stockwerke sind bewohnt. Und jetzt sind alle putzmunter, das haben wir Ihnen zu verdanken.«
»Lassen Sie mich machen, Sie Komiker, ich bin stärker.« Konstantine riss ihm die Stange aus der Hand.
Er steckte die Stange in die Ringe, drückte sein Knie gegen die Tür und zog mit Gewalt. Die Ringe lösten sich, und die Tür ging auf. Auf Zehenspitzen stiegen sie die Treppe hinunter. In den unteren Stockwerken drehten sich Schlüssel in Türschlössern, und Türen öffneten sich. Das Licht im Treppenhaus ging an.
»Hast du den Lärm gehört? Mein Mann hat einen Satz im Bett gemacht und geschrien, das wär ein Erdbeben.«
»Da oben sind bestimmt Diebe«, sagte eine Männerstimme. »Wir müssen die Polizei rufen.«
Théo blickte die beiden an. »Wir rasen jetzt nach unten«, flüsterte er, »und schreien dabei so laut, wie wir können.«
Die beiden blickten ihn überrascht an.
»Wir schreien?«, fragte der Conte.
»Das ist ein Trick der Maori. Die haben das früher im Kampf gemacht, und jetzt wenden die All Blacks den Trick beim Rugby an. Sie gewinnen immer.«
» Parbleu , die Idee gefällt mir sehr«, sagte Konstantine mit blitzenden Augen. »Auf in den Kampf!«
Wie besessen brüllend, stürzten sie Hals über Kopf die Treppe hinunter. Die wenigen Mieter, die sich nicht rechtzeitig in ihren Wohnungen hatten verbarrikadieren können, legten sich schützend die Hände über den Kopf, als die drei an ihnen vorübersausten. Im Erdgeschoss angelangt, überquerten sie einen schwach beleuchteten Innenhof und kamen in einem engen Gässchen heraus. Im gelben Licht einer Straßenlaterne warf ein Straßenschild seinen langen Schatten aufs Pflaster.
»Wo sind wir?« Théo blickte sich keuchend um.
»Dort hinter dem Dom ist das Baptisterium von San Giovanni«, sagte der Conte. »Da steht sicher auch Polizei. Besser, wir fliehen in die andere Richtung.«
Ein Fenster wurde aufgestoßen. »Haltet den Dieb! Polizei!«
Sie verschwanden im Laufschritt durch ein Gewirr von Gässchen und kleinen Plätzen. Schließlich blieben sie in einem dunklen, nach Urin stinkenden Hauseingang stehen. Einen Augenblick lang verharrten sie reglos, auf ihren keuchenden Atem und das Tropfen aus einer Regenrinne lauschend.
»Hier trennen wir uns«, sagte der Conte.
»Vielen Dank, Conte.« Théo drückte ihm die Hand.
»Ich beneide Sie.« Der Conte zeigte auf das Kästchen, dann deutete er mit einer Kopfbewegung auf Konstantine. »Ich hoffe, von jetzt an lässt mich Ihr Freund, dieser Ehrenmann, in Ruhe.«
»Warten Sie einen Moment.«
Théo nahm Konstantine flüsternd beiseite. Als Spyro protestierte, wurde Théos Ton schärfer, und er machte eine energische Handbewegung.
Konstantine stellte sich unter eine Straßenlaterne, zog ein Scheckheft heraus, füllte einen Scheck aus und reichte ihn dem Conte. Nach einigem Hin und Her steckte er ihn ein, die beiden gaben sich die Hand, und der Conte verschwand in der Dunkelheit.
»Im Grunde hast du recht«, sagte Konstantine ernst. »Der Conte ist ein Meisterdieb wie ich – wie du –, und Qualität muss belohnt werden.«
»Komm, wir suchen uns ein Taxi, Meisterdieb. Vielleicht finden wir im Hotel eine Schneidzange.«
»Weißt du übrigens, dass du ziemlich arrogant bist?« Konstantine riss ihm das Kästchen aus dem Arm. »Das trage ich jetzt, verstanden?«
Ein Rollladen ratterte, und der rote Neonschriftzug eines Cafés leuchtete auf.
»Na, was sagst du?«, fragte Konstantine, mit einer einladenden Geste auf das Café weisend. »Wollen wir uns nicht einen schönen Cappuccino genehmigen und dazu Mandelkekse zum Eintunken?«
»Warum nicht? Auch Diebe müssen schließlich essen.«
Das erste Tageslicht streifte den Glockenturm des Domes. Polizisten,
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