Curia
beide dagegen sind nur zwei arme Idioten.«
»Spyro, begreifst du nicht, dass dieser Mann, wenn er 1488 solche Dinge schreiben konnte, über außergewöhnliche Quellen verfügt haben muss und dass diese Tatsache für seine Zeit ganz und gar unerklärlich ist?«
»Warum unerklärlich?«
»Das Totenbuch wurde 1888 im Grab des Pharaos Pepi II. entdeckt. Pico schreibt im Jahr 1488, er habe von dem Text aus einer chaldäischen Quelle erfahren. Wie ist das möglich?«
»Dieser Pico scheint eine Vorliebe für Rätsel gehabt zu haben. Ich dagegen hasse Rätsel, wusstest du das?«
Théo las die letzten Zeilen des Pergaments laut vor. »Ich schließe daraus, dass Pico in Paris jemanden getroffen hat, jemand Wichtigen.«
Es musste sich um den Neffen eines Mannes handeln, der Nicolas hieß und dessen Nachname mit F anfing. Er musste etwas mit einem gewissen Abraham dem Juden zu tun haben, der Nicolas offenbar enthüllt hatte, was das mfkzt der ägyptischen Alchimisten war und wie man es herstellte.
»Wir müssen unbedingt herausfinden, wer dieser Nicolas war«, schloss Théo, »und vor allem, was Pico entdeckt hat.«
»Was auch immer es war, ich bezweifle, dass es uns bei der Suche nach dem Grab helfen wird. Denn das ist es, was wir suchen, lieber Kompagnon: das Grab.«
»Lass uns warten, bis Raisa das Pergament gelesen hat, bevor wir Schlussfolgerungen ziehen. Tust du mir diesen Gefallen?«
Konstantine zuckte die Achseln. »Na schön, warten wir. Ich für meinen Teil werde mich nach dieser Orgie aus weißem Pulver an einer Montecristo erfreuen und mich dabei auf mein Bett hinfläzen.« Er stand auf. »Vergiss nicht, dass unser Flugzeug um elf Uhr abfliegt. Frühstück um sieben.«
Théo ging auf den Balkon und setzte sich auf einen Korbstuhl. Die Sonne kam hinter den mit Zypressen bestandenen Hügeln hervor und warf ein goldenes Licht auf die Weinbergterrassen, die sich bis ins Tal erstreckten.
Er machte sich Illusionen, Spyro hatte recht. Auch wenn es Raisa gelänge, das Pergament zu entziffern, würde der Kegel sie nie zum Grab führen. Er legte den Kopf an die Rückenlehne. Seine Lider wurden schwer, und die Augen fielen ihm zu.
Zypressen umringten ihn, dann verwandelten die Bäume sich in weit geöffnete Türen. Diese wurden zu einem Labyrinth aus Zerrspiegeln, und er begann, panisch umherzurennen, auf der Suche nach dem Ausgang. Die Spiegel warfen sein Bild tausendfach zurück, jedes mit einem anderen Gesicht. Er packte eine Statuette mit den Zügen Echnatons, schrie die Spiegel an, dass sie logen, und hieb wild auf sie ein, um sie zu zerstören.
Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch die Hand. Er blickte an sich herunter und sah, dass er die Armlehne des Stuhls so fest umklammerte, dass die Knöchel weiß hervortraten. Merde , immer wieder dieser Traum. Raisa. Er musste sie anrufen. Er ging ins Zimmer zurück und wählte ihre Nummer.
Im Innenhof des Hotels schlängelte er sich zwischen den Frühstückstischen hindurch. Spyro schlürfte Zeitung lesend einen Kaffee.
»Wir haben die Ehre des Aufmachers.« Konstantine reichte ihm »La Nazione«.
Die Schlagzeile lautete: »Mord im Dom von Siena«. Théo überflog den Artikel. »Sie schreiben, das Opfer sei ein Numerarier des Opus Dei.«
»Eben. Das ist die Bestätigung, dass außer dem Opus Dei hier noch jemand seine Hand im Spiel hat.«
Théo ließ seinen Blick über die Tische schweifen.
»Wie konnte der Mörder gestern Nacht am Dom sein?«
»Willst du damit sagen, dass uns jemand beschattet?«, flüsterte Konstantine und schaute sich um.
»Ja, und er muss uns gefolgt sein. Natürlich. Und er könnte Gast in diesem Hotel sein.«
»Das Pergament!« Konstantine sprang auf. »Schnell, zurück aufs Zimmer!«
»Ganz ruhig. Ich habe alles in den Hotelsafe gegeben.«
Ein Mann, der ein Bein nachzog, ging am Büfett vorbei und setzte sich, den Rücken zu ihnen gewandt, ans andere Ende des Patios. Ein Gefühl des Déjà-vu überfiel Théo. Vergeblich versuchte er, dieses Gesicht mit einem Ort zu verbinden. Er seufzte, streckte eine Hand nach der Kaffeekanne aus und füllte ihre Tassen.
»Théo, wer zum Teufel steckt da noch mit drin? Man hat nicht mal Zeit, ein Problem zu lösen, schon taucht das nächste auf.«
Théo blickte gedankenverloren auf die Hügel. Ein Mann, der am Bartresen saß, ließ die »Repubblica« sinken und spähte in Richtung Innenhof. Dann steckte er eine Gitane in eine Elfenbeinspitze und zündete sie mit einem Benzinfeuerzeug
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