Curia

Verwandten.«
    König Faisal strich sich über den Bart, den Blick nach oben gerichtet, als suchte er Inspiration aus dem Jenseits. »Allahs Wille geschehe.«
    »Allah sei gedankt«, sagte Prinz Zoltan trocken und breitete die Arme aus.

    Ein aufgeregtes Raunen lief durch Bänke des Halbrunds der Knesset.
    Der Knesset-Speaker trat ans Mikrofon, klopfte mit dem Hammer auf das Rednerpult und bat die Mitglieder des Parlaments mehrmals um Ruhe. Als das Murmeln verstummte, erteilte der Speaker dem Premierminister das Wort. Eli Cohen, der erste Minister aus dem Likud, erhob sich, trat hinter das Rednerpult und beugte sich zum Mikrofon vor. »Verehrter Speaker, sehr geehrte Mitglieder der Knesset, die Entscheidung, uns aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland zurückzuziehen, war die schwierigste meiner Laufbahn, aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass dieses Disengagement den Interessen des Staates Israel entspricht …« – Pfiffe, Schreie und Beschimpfungen von der Rechten, tosender Applaus von der Linken – »… Der Rückzug wird in fünf Etappen über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erfolgen und beginnt am …«
    Ein Abgeordneter der Shas, der Partei der extremen Rechten, mit schwarzem Anzug, schwarzem Hut, Bart und zwei langen Schläfenlocken: »Renegat! Verräter! Dieses Land gehört uns, weil Gott es uns gegeben hat, und hier ist die Besitzurkunde!« Er wedelte mit einer hebräischen Bibel, während der Speaker ihn mit dem Klopfen seines Hammers zur Ordnung rief. »So sprach Jahwe auf dem Hügel Jerusalems zu Abraham: ›Hebe Deine Augen auf und siehe von dem Ort, an dem Du stehst, nach Norden und nach Süden, nach Osten und nach Westen: das ganze Land, das Du siehst: Dir will ich es geben und Deinen Nachkommen, für ewige Zeiten …‹« – Pfiffe und Spottrufe von der Linken, Beifall von der Rechten.
    Der Speaker, mit gerötetem Gesicht: »Ruhe! Sie werden des Saales verwiesen!«
    Zwei muskulöse Saaldiener gingen auf den Abgeordneten zu, nahmen ihn unter beiden Armen und schleiften ihn gewaltsam aus dem Saal, während er fortfuhr, sein Bibelzitat zu brüllen.
    »Ich erinnere die ehrenwerten Mitglieder an die Verfahrensregeln. Noch so eine Störung, und ich hebe die Sitzung auf.«
    Eli Cohen: »Die erste Etappe sieht den Rückzug von siebentausend Siedlern aus achtzehn Siedlungen im Gazastreifen und von fünfhundert Siedlern aus vier Siedlungen in Westjordanien vor. Wir haben …«
    Ein Abgeordneter der Rechten, Vereinigtes Thora-Judentum: »Cohen, du unterschreibst Israels Todesurteil! Erst der Rückzug, dann ein Palästinenserstaat und zuletzt? Sie werden nicht aufhören, bevor sie uns nicht alle aus unserem eigenen Haus gejagt haben« – tobender Applaus von der Rechten, Pfiffe und Beschimpfungen von der Linken, vereinzeltes Handgemenge.
    Der Speaker, mit hochrotem Gesicht, unter hektischem Klopfen: »Schweigen Sie! Ruhe! Sie werden des Saales verwiesen!«
    Aus den Gruppen der Arbeitspartei und der Ultraorthodoxen, die an den entgegengesetzten Enden des Saales saßen, sprangen Abgeordnete auf und riefen sich gegenseitig Beschimpfungen zu; sie liefen über die Absperrungen im Halbkreis aufeinander zu und begannen sich zu beleidigen, zu ohrfeigen und zu treten. Der Speaker war aufgestanden, dunkelrot im Gesicht, mit pulsierenden Halsschlagadern, er schrie: »Ich rufe Sie zur Ordnung! Ruhe!« und wütete mit dem Hammer auf dem Pult, bis dieser ihm in der Hand zerbrach.
    Speaker, mit verzweifeltem Ausdruck: »Die Sitzung ist aufgehoben.«

    JERUSALEM, FÜNF TAGE SPÄTER
    Eli Cohen warf eine Ausgabe des »Yediot Aharonot« auf den mit Zeitungen übersäten Schreibtisch, nahm die Brille ab und rieb sich die Lider. » A broch , verdammt!«
    Aus dem Computer kam ein Piepen, auf dem Monitor blinkte ein Pfeil. Cohen setzte die Brille wieder auf.

    »Agence France-Press«, Jerusalem, 13. August …
    Nach dem Misstrauensvotum der Knesset über den Rückzug aus dem Gazastreifen und die terroristischen Attentate, für die sich die PLO und die Hamas verantwortlich erklärten, hat Präsident Horkavy den zurückgetretenen Premierminister mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
    Politische Beobachter der Lage in Israel bezweifeln, dass es Cohen gelingen wird, eine Koalitionsregierung zu bilden, die über mindestens 61 der 120 Sitze in der Knesset verfügt. Cohen könnte eine Mehrheit nur dann bilden, wenn er die Koalition auf die ultraorthodoxen, religiösen Parteien der Rechten