Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
Vom Netzwerk:
ausdehnt.
    Ein solches Bündnis aber würde eine Verständigung zwischen Eli Cohen, dem zionistischen Führer der gemäßigten rechten Mitte, und Schlomo Rabinovitch, dem für seine »biblische Sicht« der Politik bekannten, charismatischen Führer der Ultraorthodoxen, voraussetzen.
    Eine Einigung zwischen Cohen und Rabinovitch würde zu einem entschiedenen Rechtsruck in der Politik Israels führen. Ob das wirklich der Wille des israelischen Volkes ist, bleibt fraglich.
    Einige Beobachter sind überzeugt, dass das Misstrauensvotum über Gaza das Wiedererwachen eines »historischen Bewusstseins« in Israel widerspiegelt. Tatsächlich wächst die Zahl der Israelis, die in dem Rückzug aus den besetzten Gebieten einen Bruch des Bundes sehen, den der Gott Israels mit den Patriarchen schloss.
    Cohen bleiben noch zwei Tage …

    Cohen stand auf, ging durch sein Arbeitszimmer und stützte sich mit den Händen auf die Bank des weit geöffneten Fensters. In der Kuppel des Felsendoms spiegelte sich das rote Licht der untergehenden Sonne. Glockenklang kam aus dem christlichen Viertel, von einer Moschee rief die Stimme eines Muezzins zum Gebet, und ein Singsang hebräischer Psalmen erhob sich aus dem orthodoxen Viertel Me’a Sche’arim.
    »Jahwe, Jahwe, warum musstest du ausgerechnet uns zum ›auserwählten Volk‹ machen?«, brummte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er kehrte zum Schreibtisch zurück und hob den Telefonhörer.

    Cohens Schritte klapperten über das Kopfsteinpflaster, das unter der Mittagssonne glühte. Ein Duft nach frisch gebackenem Brot wehte durch die Gasse, wo Wäsche zum Trocknen aufgehängt war. Aus der Yeshiva Chasidei Breslav ertönte der eintönige Gesang der Schüler, die die Abschnitte der Heiligen Schrift auswendig lernten.
    Cohen stieg eine Steintreppe hinauf und klopfte an eine Tür, die seit langer Zeit keinen Anstrich mehr gesehen hatte.
    Rabinovitch saß an einem Schreibtisch aus einem rohen Brett, das auf zwei Böcken ruhte. Der Rest der Einrichtung bestand aus wenigen Holzregalen voller Bücher und einem großen Lesepult, auf dem eine Thorarolle ausgebreitet war.
    »Ich nehme an, Sie wissen, warum ich hier bin.« Cohen öffnete seinen verschwitzten Hemdkragen.
    »Ich weiß, aber ich will es von Ihnen hören.« Keine einzige Schweißperle war auf dem Gesicht des Führers der Charedim zu sehen, trotz der Jacke, dem bis zum Hals zugeknöpften weißen Unterhemd, dem schwarzen Hut und dem Prophetenbart.
    »Was soll das denn? Seien wir nicht kindisch. Also, willigen Sie ein?«
    »Eine Aufforderung, der neuen Regierungskoalition beizutreten, genügt mir nicht. Wir gehörten schon den früheren Koalitionen an.«
    Cohen runzelte die Stirn.
    »Ihre unausgesprochene Frage«, sagte Rabinovitch, »hätte mit den Worten enden müssen ›als stellvertretender Ministerpräsident‹.«
    »Reden Sie doch keinen Unsinn! So verächtlich geht ihr Charedim also mit jahrhundertealten Werten um? Ist Ihnen bewusst, welche Folgen eine solche Ernennung hätte?«
    »Und ist Ihnen bewusst, dass das Misstrauensvotum der Knesset eine Ohrfeige Israels war, um Sie in die Wirklichkeit zurückzuholen?«
    »Welche Wirklichkeit? Ihre biblischen Visionen? Der Mann auf der Straße will den Rückzug aus den besetzten Gebieten, ebenso wie die internationale Gemeinschaft. Ich kann nicht anders entscheiden.«
    »Habe ich vielleicht das Gegenteil behauptet?«
    Cohen riss die Augen auf. »Wollen Sie sagen, Sie würden für den Rückzugsplan stimmen?«
    »Natürlich.«
    »Ich werd verrückt. Welches Spiel spielen Sie, Rabinovitch? Vor einer Woche haben Sie und die gesamte Rechte gegen den Rückzug gestimmt, und jetzt ändern Sie Ihre Meinung?«
    »Meine Ideen bleiben so fest bestehen wie die Worte des Gesetzes. Nur meine Verantwortlichkeiten haben sich geändert, und ich werde mich nicht als Sündenbock für die Fehler von euch Zionisten hergeben.«
    »Was zum Teufel meinen Sie damit?«
    »Glauben Sie, als Vizeministerpräsident und als Zünglein an der Waage des Vertrauens der Knesset stimme ich gegen den Rückzug, damit die ganze Welt uns Ultraorthodoxe für die Welle des Terrorismus verantwortlich macht, die Israel vernichten würde? Halten Sie mich für einen Idioten?«
    »Wo ist dann der Haken?«
    »Mein Herr, ich bin ein Mann Gottes. Ein einfacher Mietvertrag.«
    »Ein Mietvertrag?«
    »Ein Mietvertrag zwischen Israel und den Palästinenserbehörden für die symbolische Summe von einem Schekel im Jahr.«
    »Und was vermieten

Weitere Kostenlose Bücher