Curia
in einem Behälter mit unterschiedlichen Mitteln von Hitzeeinwirkung bis zu hochfrequenten Strahlungen.
»Bohm machte eine verblüffende Entdeckung: Bei den Elektronen im zweiten Behälter zeigten sich die gleichen Wirkungen. Und sogar wenn er den Abstand zwischen beiden Behältern vergrößerte, schienen die gereizten Elektronen des ersten mit denen des zweiten zu kommunizieren.«
Bohm schloss daraus, dass die Plasmaelektronen sich keineswegs chaotisch, sondern auf »intelligente« Weise bewegen, als wären sie Teil eines zusammenhängenden und ferngesteuerten Systems. Subatomare Teilchen, sagte er, seien weit komplexere Entitäten als bis jetzt angenommen, und ihre Bewegungen würden von einer unbekannten Kraft gesteuert.
»Es ging noch weiter«, fuhr Kassamatis fort. »Bei seinen Experimenten mit den zwei Behältern stellte Bohm fest, dass diese Kraft nicht geringer wurde, wenn man den Abstand zwischen den Behältern vergrößerte. Und obendrein teilte sich die Kraft augenblicklich von einem zum anderen Behälter mit.«
»Konnten die Experimente Bohms denn wiederholt werden?«
»Natürlich. 1982 von Alain Aspect, einem französischen Physiker am Pariser Institut d’Optique Atomique d’Orsay. Aber Aspect beschränkte sich nicht auf die Wiederholung.«
Mit dem berühmt gewordenen Experiment der »Quantenverschränkung« zeigte Aspect, dass die subatomaren Teilchen Informationen nicht nur mit einer höheren als der Lichtgeschwindigkeit weitergaben, sondern auch über große Entfernungen hinweg. Damit war das »Prinzip der Lokalität«, also des begrenzten Aktionsradius eines Teilchens, falsifiziert.
»Ein Signal, welcher Art auch immer, braucht ein Transportmittel«, sagte Kassamatis. »Bohm und Aspect haben gezeigt, dass es in der Natur etwas gibt, das die Grenzen von Zeit und Raum überwinden kann. Und dieses Etwas ist nicht das Licht und auch keine elektromagnetische Strahlung.«
»Hat Aspect denn eine Erklärung dafür gefunden? Was ist das Transportmittel für dieses Signal?«
»Bis heute bleibt die einzige Erklärung die von Bohm.«
Bohm postulierte die Existenz eines universalen Quantenfelds, des sogenannten Nullpunkt-Quantenfelds, sowie einer Energie, die für die intelligente Bewegung der Elektronen verantwortlich sei, das Quantenpotenzial. Man müsse sich das so vorstellen wie den Radar, der ein Schiff lenkt.
»Daraus schloss Bohm, dass es eine ›implizite Ordnung‹ in allen Quantensystemen geben müsse und dass die Elementarteilchen über ein ›Gedächtnis‹ verfügen. Mit anderen Worten, es ist, als hätte die Materie einen Geist.«
»Ein Postulat beweist noch nichts.«
»Ein Postulat nicht, aber ein Gesetz ja. Das Gesetz ist das der Nichtlokalität.«
»Nie gehört, aber bei dem Wort denke ich an ein Haus, das von Gespenstern heimgesucht wird.«
Kassamatis lachte. »Genau das sagte auch Einstein.« Er biss in ein Croissant. »Kaum einer kennt dieses Gesetz, aber es sieht so aus, als sei es die wichtigste Entdeckung der theoretischen Physik des 20. Jahrhunderts. Vielleicht sogar aller Zeiten, wie jemand sagte.«
Das Gesetz war 1964 von John Bell entdeckt worden, einem Forscher am Labor für Teilchenphysik in Genf, der von den Ergebnissen der Bohm’schen Experimente ausging. Mit diesem Gesetz – es sei nur eine mathematische Beweisführung, aber unwiderlegbar – fand Bell eine Lösung für das berühmte EPR -Paradoxon nach Einstein-Podolski-Rosen. Mit dem EPR -Paradoxon, das die Unmöglichkeit der Übertragung von Gedanken über Entfernungen hinweg bezeichnet, hatte Einstein 1935 Bohrs Kopenhagener Deutung angegriffen.
» No spooky actions at a distance , keine spukhafte Fernwirkung, sagte Einstein zu Bohr. Und er fügte hinzu, er sei nicht gewillt, hinter Photonen herzurennen, die in andere Galaxien abwanderten und dabei das Prinzip der Lokalität verletzten.«
»Was besagt dieses Gesetz von Bell denn nun?«
»Es besagt, wenn zwei Quantensysteme interagieren und sich dann trennen, kann man nicht in eines von beiden eingreifen, ohne auch Einfluss auf das andere auszuüben. Und dies gilt, wo auch immer die Systeme sich befinden, und für immer.« Kassamatis zuckte mit den Achseln. »Alles ist untrennbar mit allem verbunden. Wir brauchen keine Zeitkorridore, um in die anderen Welten zu reisen. Hiermit« – er tippte sich an eine Schläfe – »kommen wir überall hin.«
»Die Nichtlokalität hat also Bohms Experimente erklärt. Aber wie erklärt sich das Übertreffen der
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