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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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überzeugt, dass die Verfasser der Bibel sich von tatsächlichen Ereignissen hatten inspirieren lassen. Wovon? Er nannte eine Reihe von Aufgaben, die vor ihnen lagen, und sprach mit Michaela die Fristen ab.
    Mit einem Ruck klappte Michaela ihren Notizblock zu und blickte ihn herausfordernd an. »Angenommen, wir finden die Antworten – und was wird der Louvre davon haben?«
    »Der Louvre wird eine archäologische Entdeckung machen, gegen die sogar das Grab von Tutanchamun wie ein Freizeitvergnügen von Dilettanten wirkt.«
    Théo ging hinaus, gefolgt von Michaelas Blick, in dem sich Sarkasmus und Staunen miteinander verbanden.

    Théo überquerte den Quai du Louvre und steuerte auf den Place de la Concorde zu. Er ging langsamer und blieb an der Brüstung des Seine-Ufers stehen. Vom Pont des Arts wehten die Klänge von Sous le ciel de Paris herüber, gesungen von Edith Piaf. Unter der Brücke kam ein bateau-mouche hervor, und seine Lichter spiegelten sich als silberne Streifen auf dem Wasser.
    Die Stimme der Piaf wurde von der Musik einer Bouzouki übertönt, die sich über die Uferbänke ausbreitete, und in der Luft lag der Duft einer Frühlingsnacht vor vielen Jahren. Unter der Wasseroberfläche schimmerten bunte Lichterketten, erst verschwommen, dann immer deutlicher.

    Die Meeresbrise brachte die Lichterketten über der Tanzfläche zum Schaukeln. Die Musik der Bouzouki und Geigen verband sich mit dem Duft des Geißblatts und der frisch gepflügten Äcker, während die Tänzer mit übereinandergelegten Armen im Kreis Syrtos tanzten.
    Als sein Kreis sich öffnete, um sich mit dem Nachbarkreis zu verbinden, gelang es Théo, neben Georgia zu kommen. Er wand seinen Arm um ihren, drückte ihn fest und atmete ihr Lavendelparfum ein. Sie erwiderte seinen Druck, ihre grünen Augen lächelten ihn an, und die Reflexe der Lämpchen auf ihren kupferroten Haaren hüpften im Rhythmus der Musik.
    Die Musik brach ab, die Tänzer kehrten an ihre Tische zurück. Er beobachtete Georgia, und sie erwiderte seinen Blick mit schweigendem Einverständnis. Da verließ er den Hof, ging ums Haus herum und wartete unter dem Portikus auf sie. Als Georgia kam, umarmte er sie heftig, küsste sie auf den Mund und den Hals, streichelte ihren Rücken. Dann stiegen sie Hand in Hand über den Hügel und gingen in das Pinienwäldchen. Die Luft roch nach Harz, zwischen den Bäumen leuchteten die Lichterketten. Lautes Gelächter kam vom Hof.
    Er drückte sie fest an sich und küsste sie überall, auf die Lippen, den Hals und die Brüste. Sie legten sich auf die Piniennadeln, er schob seine Hand unter ihren Rock.
    »Nein, Théo, warte«, sagte Georgia keuchend und hielt seinen Arm fest. »Ich … ich hab es noch nie gemacht.«
    »Ich auch nicht«, sagte Théo mit rauer Stimme. Er bewegte sich nicht mehr. »Willst du nicht?«
    Georgia ließ seinen Arm los. Théos Hand wagte sich weiter vor. Er streichelte ihre Scham und spürte, wie der Stoff des Unterhöschens feucht wurde. Sie zog sich den Rock aus. Er knöpfte ihre Bluse auf, und während er mit dem Verschluss des Büstenhalters hantierte, zersprang ihm schier das Herz.
    Unter die gedämpften Klänge der Bouzouki mischten sich Georgias Seufzer.

    Er war siebzehn, sie sechzehn. Er sah sie nie wieder. Georgia starb eine Woche später, als das Flugzeug, das sie nach Hause bringen sollte, an den Bergen Armeniens zerschellte. Das Licht ihrer grünen Augen und die Erinnerung an die Kupferreflexe ihrer Haare hatten ihn nie mehr verlassen. In jener Woche Ende Mai an den Hängen des Dikaios-Berges hätte die Zeit für ihn stehen bleiben sollen.

    Die ägyptischen Sarkophage und Statuen im Ostflügel des Louvre lagen im Halbdunkel. Durch den Flur im zweiten Stock hallten Schritte. Die Digitaluhr an der Wand zeigte 23:48 Uhr.
    Die Tür zu Théos Büro öffnete sich, und der Umriss eines privaten Wachmanns des Louvre zeichnete sich im Türrahmen ab. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe durchschnitt das Dunkel.
    Der Wachmann setzte sich an den Schreibtisch. Die Lampe legte er auf die Tischplatte, das Licht aufs Telefon gerichtet. Er nahm den Telefonhörer und schraubte den Deckel über dem Mikrofon ab. Dann holte er aus der Jackentasche seiner Uniform ein Elektrikerklebeband, ein knopfgroßes Abhörgerät und einen Sender von der Größe einer halben Zigarettenschachtel. Er setzte das Abhörgerät in das Telefon, hantierte mit einem Schraubenzieher an den Kabeln herum und drehte den Deckel wieder zu.
    Dann hockte er

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