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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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versetzt, nie habe ich die Maßeinheiten des Korns verringert …«
    Als Nepher geendet hatte, befahl Meryre ihm, sich auf Hände und Füße niederzulassen. Mit einer Kopfbewegung gab er dem dritten Priester ein Zeichen. Dieser kam näher, tauchte sein Gefäß ins Wasser und hielt es über das Haupt des Pharaos.
    »Im Namen von Ra-Harmakhis bei Sonnenaufgang, im Namen Ras beim höchsten Sonnenstand am Mittag und im Namen Atons in der Abenddämmerung«, sagte Meryre, während er den Stock gegen die Sonne hob und mit dem im Licht glänzenden ankh das Zeichen der Dreieinigkeit malte.
    Jedes Mal, wenn einer der drei Namen des Gottes ausgesprochen wurde, goss der Priester Wasser über Nephers Haupt.
    »Ich erkläre dich für geläutert vom ursprünglichen Bösen des Seth«, sagte Meryre. »Deine Initiation in die Heiligen Mysterien kann beginnen.« Dann stieg er mit den anderen Priestern aus dem Wasser und blickte sich um. »Hoheit, kommst du nicht mit?« Seine Miene wurde fragend. »Hoheit …?«
    Reglos saß Nepher im Wasser, zur Sonne gewandt, mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen.

 
    16    Aus der U-Bahn-Station Embankment trat eine Nero-Wolfe-Figur mit rechteckiger Ledertasche über der Schulter und schlenderte über die St. Katherine Docks Richtung Waterloo Bridge. Das Hawaiihemd und die Kakishorts vom Typ »Überlebenstraining im Dschungel« kämpften mit dem Bierbauch.
    Der Mann trat, sich das Doppelkinn kratzend, an den Verkaufsstand von Cleopatra’s Kiosk und kaufte ein King-Size-Schokoladeneis. Dann ging er weiter am Themseufer entlang, gedankenverloren sein Eis leckend. Als er vor dem Obelisken stand, betrachtete er die Reihen der Hieroglyphen, die bis zur Spitze reichten. Er stieg die Stufen zwischen den beiden bronzenen Sphinxen hinauf.
    Auf der Plattform mit Blick auf den Fluss mischte er sich unter eine Gruppe von Touristen, sah sich nach allen Seiten um und setzte sich auf eine Bank. Hier aß er sein Eis auf, leckte er sich die Finger und öffnete die Tasche. Eine Reihe verchromter Knöpfe blitzte in der Sonne. Er drückte auf einen Knopf, der Apparat begann zu brummen. Der Mann stellte den Frequenzwähler auf 150 Megahertz ein, zog zwei meterlange Antennen heraus und richtete sie auf den Obelisken.
    Auf der gegenüberliegenden Bank saß ein schmächtiger junger Bursche mit Bürstenschnitt und Akne im Gesicht, in die Lektüre einer Zeitung vertieft.
    Der Dicke ging auf den Obelisken zu und wanderte dann langsam um den Marmorsockel herum, den Blick auf die Leuchtanzeige seines Apparates gerichtet. Nachdem er eine Runde gedreht hatte, blieb er mit unzufriedener Miene stehen. Er drehte am Frequenzwähler und machte eine zweite Runde. Wieder schnaubte er ärgerlich, verstellte noch einmal den Frequenzwähler und ging noch einmal um den Obelisken.
    Der Junge mit der Akne faltete die Zeitung zusammen, stand auf und lehnte sich an die Brüstung der Plattform.
    Nachdem der Dicke sich wieder hingesetzt und die Antennen eingezogen hatte, wählte er eine Nummer. »Spyro, hier ist Archibald. Ich hab’s mit dem GPR probiert, das neueste Radarmodell. Kein Ergebnis.«
    »Wie hoch bist du gekommen?«, fragte Konstantine.
    »Drei Meter über dem Sockel, aber ich habe nichts gefunden.«
    »Hast du es mit einer niedrigeren Frequenz versucht?«
    »Klar. Aber wenn ich die Auflösung verringere, um das Feld zu vergrößern, wird das Scheißsignal undeutlich.«
    »Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als mit einer Ausziehleiter raufzugehen.«
    »O.K., aber wenn das Loch an der Themseseite liegt, müssen wir ein Gerüst aufbauen.«
    Der Mann hängte sich die Tasche über die Schulter und ging zum Embankment zurück.
    Neben einer Sphinx stehend, blickte der Bursche dem Dicken nach, bis er in der Metrostation verschwand. Dann nahm er ein Handy und telefonierte.

    Hinter einem Bogen aus dem Mittelalter tauchte Spyros bärtiges Gesicht unter einem Panamahut auf.
    Suchend ließ der Antiquitätenhändler den Blick über den muschelförmigen, sonnenüberfluteten Platz und die Touristenscharen schweifen, dann schaute er zu den Zinnen des Torre del Mangia hinauf. Mit lässiger Eleganz den Spazierstock schwenkend, ging er auf die Reihe der Restaurants und Bars an der oberen Seite des Platzes zu. Vor dem Sonnensegel der Bar Il Palio blieb er stehen und musterte die Kunden.
    Ein Mann blätterte in der »Nazione«. Er hatte einen Spitzbart und dichte Augenbrauen unter einer Löwenmähne. Statt einer Krawatte trug er einen

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