Curia
blauen Seidenschal, ein Adelswappen zierte die Brusttasche seines blauen Jacketts. Konstantine schlängelte sich zwischen Tischchen hindurch.
»Conte Fulgenti, vielen Dank, dass Sie trotz der kurzfristigen Ankündigung zu einem Treffen bereit waren«, sagte Konstantine, nachdem sie bestellt hatten. »Oder soll ich Sie mit ›Maestro‹ anreden?«
»›Conte‹ genügt vollauf«, sagte der Mann mit einer tiefen, schnarrenden Stimme. »Was verschafft mir die Ehre?«
»Nicht doch, lieber Conte, Sie sind zu bescheiden.« Bedächtig zündete Konstantine eine Montecristo an, zwischen zwei Zügen beobachtete er den Mann aus den Augenwinkeln. »Mir ist es eine Ehre, den Leiter der Restaurierungsabteilung des Doms von Siena sprechen zu dürfen, dessen Ruf ihm den Beinamen ›Maestro‹ eingetragen hat.«
Zufrieden machte der Conte eine wegwerfende Handbewegung.
»Ich habe mit Interesse eine Ihrer Arbeiten gelesen, Die Schätze des Doms von Siena . Donatello, Pinturicchio, Iacopo della Quercia … Diese Basilika ist ein kleiner Louvre.«
»Das darf man mit Fug und Recht behaupten. Und auch die Sicherheitssysteme stehen dem Louvre in nichts nach, das können Sie mir glauben.«
»Wer hätte das gedacht …« Nachdenklich zog Konstantine an seiner Zigarre.
Der Kellner kam.
»Iacopo della Quercia und die anderen mögen mir vergeben«, sagte Konstantine, einen Schluck von seinem Margarita nehmend, »aber was mich immer besonders fasziniert hat, sind die Intarsien des Doms. Erklären Sie mir diese Technik, Conte.«
»Nun, sagen wir so: Intarsien sind eine Komposition aus unterschiedlichen, ineinandergefügten Komponenten, etwa wie ein Puzzle.« Der Conte trank die Hälfte seines Bellini in einem Zug. »Zunächst macht der Künstler einen Entwurf, dann schneidet er die Marmorelemente zu, und schließlich fügt er sie so ineinander, dass sie ein Bild ergeben.«
»Benutzt der Bildhauer einen Klebstoff, um die Elemente zusammenzufügen?«
»Auf keinen Fall!« Der Conte hob die Hand, als wollte er diese ketzerische Idee abwehren. »Die Verbindungslinien dürfen kaum zu sehen sein, und die Oberfläche muss vollkommen eben und glatt poliert sein. Genau daran erkennt man die Meisterschaft des Bildhauers.«
»Wenn Sie eine der Intarsien im Dom restaurieren müssen, heben Sie also nur die betreffenden Komponenten an, richtig?«
»Genau. Obwohl das leichter gesagt ist als getan, wenn man sie nicht beschädigen will.« Der Conte warf einen raschen Blick auf seine Taschenuhr. »Würden Sie mir den Grund dieses Treffens verraten?«
»Die Intarsie des Hermes Trismegistos.«
Konstantine beugte sich zu dem Conte vor und redete leise auf ihn ein. Schließlich schüttelte der Conte mit einem gutmütigen, nachsichtigen Lächeln den Kopf.
»Diese Intarsie ist ein einzigartiges, weltberühmtes Kunstwerk. So etwas würde der Vatikan niemals genehmigen. Man stelle sich das vor! Drei Teile hochheben, nur um, entschuldigen Sie bitte, eine simple Neugierde ohne jede wissenschaftliche Grundlage zu befriedigen. Vergessen Sie es.«
»Ich habe nichts von Genehmigungen gesagt.« Konstantine nahm einen Schluck Margarita und schnalzte mit der Zunge.
»Ach, wirklich nicht?«
»Kein Wort.« Wieder beugte sich Konstantine zu dem Conte vor, um ihm seinen Plan zu erklären.
Die Augen des Conte wurden zu schmalen Schlitzen. »Machen Sie Witze, oder sind Sie womöglich aus einer Irrenanstalt entflohen?« Plötzlich schlug er sich an die Stirn und brach in ein krampfhaftes Gelächter aus. »Ich Dummkopf! Jetzt verstehe ich. Sie sind von der ›Versteckten Kamera‹!«
»Conte, entspannen Sie sich. Sie werden mit keiner versteckten Kamera aufgenommen. Und was mich betrifft, so bin ich geistig vollkommen gesund, und bei Geschäften mache ich nie Witze.«
Das Lächeln des Conte erstarb. »Gut, fassen wir zusammen.« Seine Miene wurde spöttisch. »Sie möchten, dass ich Sie mitten in der Nacht in den Dom lasse und drei Teile der Intarsie des Hermes Trismegistos anhebe, damit Sie darunter etwas hervorholen können, was jemand im Jahr 1488 dort versteckt haben soll. Richtig?«
»Genau.« Konstantine breitete die Arme aus, als wollte er die Vernünftigkeit seines Ansinnens unterstreichen.
Der Conte zog seine goldene Uhr aus der Westentasche. »Ich danke Ihnen für die Plauderei und den Aperitif, aber es ist spät geworden.« Er machte Anstalten, sich zu erheben.
Konstantine hielt ihn mit dem Griff seines Spazierstocks zurück. »Ihre Sammlung von
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