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Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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waren eingekreist und mit einem grellen, gelben Leuchtstift waren die Worte
Verdammte Lügnerin
über das Bild gekritzelt worden.
    Mir wurde flau im Magen. Ich stopfte schnell den Ausschnitt in meine Tasche und bewegte dann die Laptopmaus. Ein Passwort wurde verlangt. Keine Zeit. Mein Handy vibrierte. Rausers Warnung?
Scheiße
.
    Ich vergewisserte mich, dass die Glock noch hinten im Hosenbund steckte, stürmte aus dem Zimmer und lief die Treppe hinunter. Die Abstände zwischen dem Piepen der Alarmanlage waren kürzer geworden.
Scheiße
.
    Es ist merkwürdig, was das Gehirn alles wahrnimmt, wenn das normale Zeitgefühl aufgehoben ist. Ich erinnere mich, dass mir auffiel, dass es keine Haustiere in Charlies Wohnung gab. Keine Familienfotos, keine Bilder. Nackte Wände. Und im Fernsehen lief irgendeine Krimidoku. War er ein Möchtegernbulle? Ein Kriminologiefreak?
    Und dann heulte eine ohrenbetäubende Sirene auf, begleitet von einer lauten Männerstimme:
Einbrecher, Einbrecher! Raus!
Die Alarmanlage plärrte es in die gesamte Nachbarschaft hinaus:
Einbrecher, Einbrecher! Raus!
    Als ich die Türklinke anfasste, spürte ich einen Widerstand und hörte Schlüssel klimpern. Durch den Spion sah ich Charlies Fahrrad auf dem Gehweg liegen.
    Ich rannte durchs Wohnzimmer, schob die Verandatür auf und erinnerte mich an den drei Meter hohen, massiven Holzzaun ohne Pforte.
Einbrecher!
Ich stieß Flüche aus, von denen ich gar nicht gewusst hatte, dass ich sie kannte. Gefangenlief ich ein paarmal im Kreis herum, ehe ich einen schweren Gartentisch umkippte, zum Zaun zerrte, hinaufkletterte und mich hochzog. Es war kein Spaß. Meine Arme zitterten. Ich musste mich unbedingt in einem Fitnessstudio anmelden. Als ich auf der anderen Seite auf den Boden krachte, verschlug es mir fast den Atem, doch ich rappelte mich auf und rannte weg von Charlie, sprang in meinen Wagen und jagte los, ohne die Scheinwerfer einzuschalten. Das Handy in meiner Tasche vibrierte erneut.
    «Hey», sagte Rauser, nachdem ich rangegangen war. «Großartige Arbeit. Und sehr diskret.»
    Ich hielt in der Nähe der Station Candler Park an und lehnte meinen Kopf zurück. Mein Herz raste noch immer. «Wenigstens hast du jetzt einen Grund reinzugehen, richtig? Es hat einen Einbruch gegeben.»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, dass er uns um Hilfe ruft. In ein paar Sekunden wissen wir mehr, aber ich bin nicht sehr optimistisch.»
    «Ich reiße mir den Arsch auf für die Polizei. Und wozu?»
    «Ach, wie selbstlos. Und vielleicht kommt gleich Hilary vorbei und gibt mir ein paar Ohrfeigen.»
    «Machtfixierte Kerle. Interessant. Deswegen bist du auch ständig auf CNN zu sehen, oder?»
    Rauser schwieg einen Moment. «Das war verdammt dämlich, Keye. Mein Gott. Mach so was nicht nochmal. Ich kann dich nicht schützen, wenn du so verrückte Sachen machst.»
    «Ich brauche keinen Schutz», entgegnete ich, obwohl mein Herz noch wie verrückt schlug.
    «Warte mal. Ein paar Streifenbeamte sind gerade an Charlies Tür. Sie reden, sie reden, aha, wie ich’s mir gedacht habe. Er sagt ihnen, dass alles in Ordnung ist, und schickt sie weg. Er spielt wieder den Behinderten.» Rauser hielt inne. Ich hörte,wie er eine Zigarette aus der Schachtel klopfte. «Also, was hast du gefunden?»
    «Siehst du, wusste ich’s doch, du wolltest, dass ich da reingehe.» Ich lächelte und fuhr etwas beruhigter wieder an. Rauser hielt sich zwar nicht immer strikt an die Regeln, aber er war ein guter und ehrlicher Polizist. Früher hatte ich mich auch einschränken müssen. Das war vorbei. Die private Branche hat ihre Vorteile.
    Ich erzählte ihm von Charlies Reihenhaus und von den Zeitungsausschnitten, besonders von dem, der in meiner Tasche steckte. Doch natürlich konnten wir ihn nicht verwenden. Rauser konnte ihn nicht einmal nach DN A-Spuren überprüfen lassen, ohne zu erklären, wie er an ihn gekommen war.
    «Pass auf», sagte Rauser. «Ich möchte, dass du ihn anzeigst, damit wir ihn vorladen und ein bisschen auseinandernehmen können.»
    «Anzeigen? Weshalb?»
    «Nötigung, sexuelle Belästigung, versuchte Vergewaltigung.»
    Ich schwieg.
    «Ist das nicht genau die Art von Täuschung, von der du gesprochen hast?», meinte Rauser. «Ein Doppelleben, ein Haufen Lügen unter der Oberfläche. Der Unfall, die Rosen, das passt alles zusammen. Wenn du eine Anzeige machst, wird Dobbs ihn verhören wollen, und der Chief kann nichts dagegen sagen, dass du dabei bist, schließlich hast du ja die Anzeige

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