Cut
erstattet. Hast du gesehen, wie normal er sich bewegt hat?»
Rauser war aufgeregt. Ich konnte seine Energie beinahe durchs Telefon spüren. Ich hörte, wie er ein paarmal sein Feuerzeug entzündete. «Dem Typen geht’s gut, Keye. Er hat sich von diesem Unfall erholt und spielt weiter den Kranken.»Er hielt inne. «Du glaubst nicht, dass er es ist.» Es war keine Frage.
«Ich weiß gar nichts mehr», antwortete ich leise.
«Kann ich mir vorstellen», sagte Rauser, doch er klang entschlossen. Ich kannte diesen Ton. Rauser wollte jetzt nichts vermasseln. Er pfiff auf jede Vorsicht. Er wollte einen Verdächtigen, und er wollte, dass ich ihm dabei half. «Aber du bist doch auch der Meinung, dass wir herausfinden müssen, was mit ihm los ist, oder?»
«Ja.»
«Ich weiß, dass du diesen Kerl magst», sagte Rauser. «Wir alle mochten Charlie. Der arme, harmlose Charlie, richtig? Ob sie ihm deshalb die Tür aufgemacht haben?»
Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Als sie die Tür öffnete, lächelte sie.
24
D ie Klimaanlage hatte schon seit ein paar Stunden den Geist aufgegeben, als wir in die City Hall East kamen. In der dritten Etage war es so heiß wie in einer Restaurantküche. Mit seinen detektivischen Fähigkeiten entdeckte Rauser in einer Besenkammer in einem unteren Stockwerk einen Ventilator und schleppte ihn hoch, bevor ihn sich jemand anders schnappen konnte. Das Ding war aus Metall und verrostet, quietschte bei jeder Umdrehung und wirbelte die Notizen auf, die Rauser mit einem Aschenbecher beschwert hatte. Wir befanden uns mit den Detectives Andy Balaki und Brit Williams im Beobachtungsraum hinter einem einseitig verspiegelten Fenster. In den Vernehmungszimmern hatte Rauser keine Ventilatoren aufgestellt. Er mochte es, wenn es dort heiß war, und hätte nicht davor zurückgeschreckt, selbst im Sommer die Heizung aufzudrehen, damit sich nur ja keiner zu wohl fühlte.
Wir benutzten Beobachtungsraum 3. Abgesehen vom Sichtfenster sah er genauso aus wie die meisten alten Büros des Gebäudes. Ein paar Fenster auf der anderen Seite zeigten hinaus auf die North Avenue und ließen Licht herein. Die Wände waren im typischen Behördengrün gestrichen, und wenn man sie berührte, blätterte die Farbe ab. Auf einem langen Tisch standen drei Monitore, auf denen man die Verhöre beobachten konnte, wenn man nicht durch das Sichtfensterschauen wollte. Auch in den Büros der Beamten gab es Monitore, um die Vorgänge in den drei Vernehmungszimmern zu verfolgen. Rauser lief unruhig umher und wartete darauf, dass Charlie hereingebracht wurde.
«Wo ist unser weltberühmter Profiler?», fragte Detective Brit Williams.
«Der versucht wohl einen Parkplatz für sein weißes Pferd zu finden», meinte Balaki grinsend.
Rauser schaute auf seine Uhr und warf mir einen Blick zu. «Er müsste längst hier sein. Aber er fühlt sich nicht besonders gut.»
«Von mir aus kann er in seinem hübschen Hotelzimmer bleiben, denn wenn Arschlöcher fliegen könnten, wäre Dobbs eine 767», sagte Williams, während er mit den alten Fenstern kämpfte. Die Fenster waren stärker. «Wie lange sind diese Scheißteile eigentlich schon zu? Hundert Jahre?» Sein weißes Oberhemd klebte ihm am Rücken. Er drückte und klopfte gegen die Rahmen, fuhr mit den Händen an ihnen entlang und versuchte mit Gewalt, den Griff umzudrehen. Als er in ein klebriges Spinnennetz griff, fluchte er laut und sah sich nach etwas um, an dem er es abwischen konnte.
«Hey, Einstein», sagte Balaki. «Das Ding da unten, das wie ein Knochen aussieht, das ist ein Schloss. Du musst es erst anheben, bevor du das Fenster aufkriegst.»
William hob das Schloss, drehte den Griff, und das Fenster teilte sich in drei Flügel und öffnete sich zur Straße hinaus. Heißer Wind und Abgase strömten herein. Meine Augen fingen sofort an zu brennen. Unten auf der North Avenue knallte die Sonne auf ein Meer aus Fahrzeugen, die durch die mittägliche Rushhour krochen.
Balaki kam mit den Händen in den Taschen herüber und blickte eine Weile mit mir hinaus. «Sehen Sie die Dialyseklinikauf der anderen Straßenseite? Gestern habe ich einen Typen gesehen, der drüben auf dem Parkplatz gepinkelt hat. Das gehört sich doch nicht, oder?»
Nachdem er alle Fenster geöffnet hatte, zog Brit Williams einen Stuhl an den Tisch und setzte sich dem Sichtfenster zugewandt hin. Schweißperlen glitzerten auf seiner sehr dunklen Haut. Seine Hemdsärmel waren hochgekrempelt und der oberste Knopf
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