Cute & Winter: Eiskaltes Verlangen (German Edition)
Wohnzimmer. Dennis saß auf dem Sessel, Kilian ihm schräg gegenüber auf der Couch. Der Fernseher war aus. Mit einem Blick in das Gesicht seines Bruders, und ohne auf seine langjährige Erfahrung als Privatermittler zurückgreifen zu müssen, erkannte er, dass die beiden sich gestritten hatten. Worüber?
„Alles klar?“
„Klar“, sagten die beiden unisono.
„Na, dann ...“
René war klar, dass die beiden irgendetwas vor ihm verheimlichten. Was konnte das nur sein? Hatten sie tatsächlich was miteinander, wie Tom bereits unterstellte?
René fasste den Entschluss, Dennis ein wenig von sich fernzuhalten, auch wenn ihm das schwerfiel. Er musste sich auf den Fall konzentrieren, und im Moment hatte er den Eindruck noch nie derart abgelenkt gewesen zu sein. Und hier ging es um Mord, nicht um einen säumigen Mieter oder um ein Eifersuchtsdrama.
Er hatte keine Kapazitäten für eine Beziehungssache, er wollte den Kopf freihaben, und da fiel ihm eine sehr gute Methode ein. Etwas, das ihn sonst immer entspannte.
Angespannt ließ René sich auf seinen Bürostuhl fallen und tippte die Mouse auf seinem Schreibtisch leicht an. Der Bildschirm erwachte zum Leben. René loggte sich im Internet auf einer Gay-Chatseite ein. Es dauerte nicht lange, da hatte er einige bekannte Nicks entdeckt, unter anderem den von Tom. Er verfolgte die offene Kommunikation einen kurzen Moment und tippte dann eine Nachricht für Tom ein. Ein Wort.
„Ich ...“
Mehr brauchten sie nicht, um sich zu verständigen.
Natürlich hätte es andere Typen gegeben, andere Möglichkeiten, bekannte und neue. Typen, die sich gnadenlos von ihm durchnehmen ließen. Er entdeckte Sebastian im Chat. Sebastian mit dem Silberblick, dem Hammergerät und dem dämlichsten Nick überhaupt, der vermutlich auf seinen IQ schließen ließ. So genau konnte René das nicht sagen, er hatte sich nicht lange genug verbal mit Sebastian befasst. Außerdem war Christopher auf der Suche nach einem „netten“ Fick. Andreas und der smarte Lutz mit der weichen Haut und den hoffnungslos romantischen Ansichten über Beziehungen. Ihm fielen noch ein paar charmante Details ein, die er allerdings gleich wieder aus seinem Hirn verbannte. René hatte sie alle gehabt, und diese Typen waren nur die, an die er sich erinnern konnte und wollte. Aber ihm stand der Sinn nach etwas anderem. Und was Tom heute Nacht anbot, war genau nach seinem Geschmack.
Toms Antwort bestand lediglich aus einer Uhrzeit. Seine Zusage überraschte René nicht, aber sie machte ihn auch nicht ruhiger.
Er loggte sich aus und fuhr den PC herunter. Jetzt musste er nach Hause fahren, kurz duschen, denn Tom stand auf „frisch geduscht“, und Dennis und Kilian entsprechend instruieren. Der Gedanke an Dennis warf einen kleinen Schatten auf seine Vorfreude. Aber er hatte schon, bevor er Dennis kannte, seinen Spaß mit Tom gehabt. Warum sollte sich daran etwas ändern?
Der Kleine wird sich schon mit Kilian amüsieren, dachte René. Und schließlich war er weder Dennis’ Vormund noch sein Babysitter oder sein Animateur.
Dennis war alles andere als glücklich über Renés Fickdate, obwohl ihm René natürlich nicht erzählte, wohin er wollte. Das besorgte dann Kilian, der mit einem anzüglichen Grinsen im Türrahmen stand und die kurze Unterhaltung mitverfolgt hatte.
Wahrscheinlich hätte Dennis auch so geahnt, dass René nicht in Ermittlungssachen unterwegs war. Aber der Junge hätte sich wohl eher die Zunge abgebissen, als seine Eifersucht offenkundig zu machen.
René verzichtete auf eine Shorts, als er sich nach der Dusche anzog. Er wollte es Tom nicht unnötig schwer machen. Bei dem Gedanken daran schlich sich ein lüsternes Grinsen auf Renés Gesicht, das er jedoch schnell wieder unterdrückte.
„Wann kommst du wieder?“, fragte Dennis, und René meinte, einen leicht mauligen Unterton herausgehört zu haben. Er verzichtete auf einen Kommentar dazu und sagte: „Ich weiß noch nicht. Geht ruhig ins Bett ... Aber nicht zusammen“, fügte er grollend hinzu.
Kilian lief pflichtschuldig rot an und zog sich ins Wohnzimmer zurück. Was sollte René nun davon halten?
Er ließ sein Handy und sein Portemonnaie in den Jackentaschen verschwinden und nahm sein Schlüsselbund in die Hand.
„Bis später. Ich bin über Handy erreichbar – in Notfällen.“
Er zog die Tür hinter sich zu, ohne Dennis’ Erwiderung abzuwarten.
Toms Tür war nur angelehnt. Ein Umstand, der René überraschte und wachsam machte.
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