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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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ständig verändernde Kreisdiagramm der BIPS-Börse flackerte. »Führen Sie mich nicht in Versuchung!« Als hätte sie auch nur eine Sekunde lang erwogen, die letzte Chance für Francescas Scan zu verspielen – nach all der Arbeit, den geduldig ertragenen Ängsten –, und das aus keinem anderen Grund als der lächerlichen Befürchtung, das neue, künstliche Universum könnte sich tatsächlich ihrem Willen entziehen und ein unerwünschtes Eigenleben führen.
    Durhams Terminal piepte. Maria warf einen Blick hinüber. Eine Meldung, daß ein Anruf eingegangen war: höchste Dringlichkeitsstufe. Sie wandte sich wieder ab, als er den Text aufrief.
    »Wo wir gerade über ›Bedenken in letzter Minute‹ sprechen: Riemann hat seine Meinung geändert. Er will mitmachen.«
    Ungehalten sagte Maria: »Nun, dann sagen Sie ihm, daß es zu spät ist. Der Dampfer ist abgefahren!« Das war nicht ganz ihr Ernst; so weit sie wußte, reichte das Geld so eben, um den heutigen Tag zu überstehen. Mit dem Preis einer einzigen zusätzlichen »Eintrittskarte« würde sich die Finanzlage beträchtlich ändern.
    Durham erwiderte: »Immer mit der Ruhe – es dauert nicht mehr als eine halbe Stunde, ihn an Bord zu nehmen. Mit dem zusätzlichen Geld können wir weit mehr finanzieren als den erneuten Rechenaufwand – wir werden das Programm länger betreiben können.«
    Maria mußte das erst einmal verdauen. Dann sagte sie: »Sie wollen im Ernst den größten Teil von zwei Millionen Ecu verpulvern, um etwas zu verlängern, das …«
    Durham lächelte. »Das was? Das auch so funktioniert hätte?«
    »Das Ihrer Meinung nach auch so funktioniert hätte ! «
    »Je länger ich mit ansehen kann, wie meine Kopie dieses TVC-Universum beobachtet, desto zufriedener werde ich sein. Ich weiß einfach nicht, was nötig ist, um die Gesetze des Automaten zuverlässig zu verankern – aber wenn zehn wasserdichte Experimente gut sind, dann sind elf noch besser.«
    Maria stieß ihren Stuhl unsanft zurück und stand auf. Wenn das so war, dann brauchte sie ihr Terminal jetzt nicht. Durham tippte in seine Tastatur und startete die Programme, die die Garten-Eden-Konfiguration für den zusätzlichen Passagier (und sein Softwaregepäck) neu berechnen würden. Dann buchte er Riemanns Überweisung auf direktem Weg auf das Konto von SNV.
    Sie sagte: »Was ist nur mit Ihnen los? Zwei Millionen Ecu … das sind mehr als zwei Millionen Dollar! Davon hätten Sie bis zum Ende Ihrer Tage ohne Sorgen leben können!«
    Durham tippte weiter; Riemanns Dokumente mußten noch eine Reihe gesetzlich vorgeschriebener Tests durchlaufen. »Ich werde auch so zurechtkommen.«
    »Dann spenden Sie es für einen guten Zweck!«
    Durham runzelte die Stirn, aber seine Stimme blieb ruhig, als er sagte: »Ich bin sicher, daß Thomas Riemann ein ganze Menge Geld im Jahr für Hungerhilfe und Nutzpflanzenforschung spendet. Er hat sich dafür entschieden, diese Summe für einen Platz in meinem Universum auszugeben. Es ist nicht meine Aufgabe, sie nun für einen Zweck zu verwenden, der Ihnen oder mir vielleicht würdiger erscheint.« Er sah sie an und fügte mit gespieltem Ernst hinzu: »Das nennt man Betrug, Frau Deluca. Dafür kann man Sie ins Gefängnis stecken.«
    Maria war ungerührt. »Sie könnten einen kleinen Teil für sich selbst behalten. Für diese Welt, für dieses Leben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß auch nur einer Ihrer Klienten erwartet, daß Sie das alles ganz umsonst tun.«
    Durham war mit der Eingabe fertig und drehte sich zu ihr um. »Ich erwarte nicht, daß Sie das verstehen. Für Sie ist das ganze Projekt nur ein Spiel, und das ist in Ordnung. Aber Sie dürften wohl kaum von mir verlangen, daß ich auf dieser Grundlage an die Sache herangehe.«
    Maria wußte nicht mehr, was sie so aufgebracht hatte: der verzögerte START, die obszöne Geldverschwendung – oder einfach, daß Durham so ruhig war, weil für ihn alles ganz klar und selbstverständlich war.
    Sie sagte: »Dieses ganze Projekt ist ein Witz! Dreihundert Millionen Menschen leben in Flüchtlingslagern, und Sie bieten sechzehn Milliardären ein Sanktuarium an! Was haben sie denn zu befürchten? Eine Anti-Kopien-Bewegung wird es nie geben, und sie müssen nicht befürchten, jemals abgeschaltet zu werden. Sie wissen so gut wie ich, daß sie für die nächsten zehntausend Jahre einfach dasitzen und immer reicher werden!«
    »Kann sein.«
    »Dann sind Sie also doch ein Betrüger, oder? Selbst wenn Ihr Sanktuarium

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