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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Retina-Pigment bis hin zu geochemischen Zyklen.
    Zu diesem Zeitpunkt leben auf Lambert sechshundertneunzig Millionen verschiedene Spezies, und alle unterliegen den Gesetzen des Autoversums. Sie alle stammen nachweislich von einem einzigen Organismus ab, der vor drei Milliarden Jahren gelebt hat – und dessen Eigenschaften Sie mit Sicherheit auswendig kennen. Glauben Sie allen Ernstes, das irgend jemand das alles entworfen haben könnte?«
    Maria warf ihm einen wütenden Blick zu. »Nein. Natürlich hat es sich entwickelt. Es muß sich entwickelt haben. Sie können aufhören – Sie haben gewonnen, ich glaube Ihnen. Trotzdem, warum mußten Sie mich wecken? Ich glaube, ich verliere den Verstand!«
    Durham hockte sich zu ihr hin und legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie begann leise zu weinen, als sie versuchte, ihren Verlust in kleine Teile zu dividieren, die sie verstehen konnte. Francesca war tot. Aden war tot. Alle Freunde, die sie je gekannt hatte, waren tot, egal ob aus Fleisch und Blut oder in den Netzwerken. Alle Leute, von denen sie je gehört hatte: Musiker und Schriftsteller, Philosophen und Filmstars, Politiker, Massenmörder. Sie waren nicht richtig tot; ihre Leben lagen nicht in der Vergangenheit, an einem Stück und begreifbar – sie waren rings um sie herum verstreut, wie Staub, bedeutungslos, unzusammenhängend.
    Alles, was sie je gekannt hatte, war im statischen Rauschen untergegangen.
    Durham zögerte, dann legte er unbeholfen einen Arm um ihre Schultern. Sie wollte ihm weh tun, aber statt dessen klammerte sie sich an ihn und begann erneut zu weinen, mit zusammengebissenen Zähnen, die Fäuste geballt, zitternd vor Wut und Verzweiflung.
    Er sagte: »Sie werden nicht den Verstand verlieren. Sie können jedes erdenkliche Leben leben, das Sie sich wünschen. Siebentausend Jahre bedeuten hier überhaupt nichts, wir haben unsere alte Kultur nicht verloren. Wir besitzen noch immer alle Bibliotheken, die Archive, die Datenbanken. Tausende von Leuten werden Sie kennenlernen wollen, Menschen, die Sie für das verehren, was Sie für uns getan haben. Sie sind ein Mythos, eine Heldin von Elysium: die schlafende Achtzehnte Gründerin. Wir werden ein großes Fest zu Ehren Ihres Erwachens veranstalten.«
    Maria stieß ihn von sich. »Ich will das nicht. Ich will nichts von alledem!«
    »Wie Sie meinen. Es ist Ihre Entscheidung.«
    Sie schloß die Augen und lehnte sich an die Mauer. Sie wußte, daß sie wie ein bockiges Kind auf ihn wirken mußte, aber es war ihr egal. Heftig fuhr sie ihn an: »Sie haben doch das letzte Wort. Das letzte Lachen. Sie haben mich zum Leben erweckt, nur um mir den Beweis für Ihre kostbaren Theorien unter die Nase zu reiben. Ich will nur wieder schlafen gehen. Für immer. Ich will, daß das alles hier verschwindet.«
    Durham schwieg eine Zeitlang. Dann sagte er: »Wenn Sie das wirklich wollen, nun gut. Sobald ich Ihnen Ihr Erbe gezeigt habe, sobald Sie wissen, wie Sie es kontrollieren können, haben Sie auch die Macht, sich vom Rest von Elysium abzukapseln. Und wenn Sie sich dann entscheiden zu schlafen, wird niemand mehr imstande sein, Sie erneut zu wecken.
    Aber wollen Sie wirklich nicht dabei sein, dort auf Lambert, wenn wir zum ersten Mal mit einer Zivilisation in Kontakt treten, deren Existenzgrundlage Sie geschaffen haben?«
     

24
    (Stadt der Brunft)
     
    Peer war in seiner Werkstatt damit beschäftigt, auf der Drehbank ein Tischbein herzustellen, als sein Blick auf Kates letzte Nachricht fiel: Das mußt du unbedingt sehen. Bitte! Wir treffen uns in der Stadt.
    Er sah weg.
    Er arbeitete mit Zuckerpinie, seinem Lieblingsholz. Er hatte sogar eine eigene Pflanzung errichtet. Er hatte die Daten aus einem Genkatalog und Abbildungen von Pflanzenzellen entnommen und individuelle Musterzellen jeden Typs bis auf die atomare Ebene hinab simuliert, dann hatte er ihr allgemeines Verhalten in Programme gepackt, die er milliardenfach ablaufen lassen konnte – für Zehntausende von Bäumen. Theoretisch hätte er die gesamte Plantage auch aus einzelnen Atomen errichten können – es wäre der bei weitem eleganteste Weg gewesen –, aber es hätte ihn viel zu sehr verlangsamt, die Bäume seinem Bedarf entsprechend nachwachsen zu lassen – und er hätte Kate hinter sich lassen müssen.
    Er hielt die Drehbank an und las die Nachricht erneut. Sie stand auf einem kleinen Zettel, der an das Notizbrett der Werkstatt geheftet war (der einzige Teil seiner Umgebung, zu dem er ihr Zugriff gewährt

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