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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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physischen Tod – der Philosophie der Solipsistischen Nation, die Frau, die es nicht nötig gehabt hatte, ihr Gehirn zu manipulieren oder externe Kontrollgeräte zu benutzen, die ihr ein Dasein als Software-Reinkarnation akzeptabel erscheinen ließen … sie handelte immer mehr wie ein Möchtegern- Fleisch-und - Blut -Mensch – oder noch eher wie eine Möchtegern-EIysianerin –, von Jahr zu Jahr. Und das, obwohl es keinen Grund dafür gab. Ihr kleines Scheibchen Unendlichkeit war immer noch unendlich wie das Ganze – und es gab nichts, was die Elysianer taten, das Kate nicht auch tun konnte.
    Mit der Ausnahme, daß sie nicht unter ihnen sein konnte. Und genau das schien sie am meisten zu begehren.
    Zugegeben, die Elysianer waren absichtlich ausgezogen, um den logischen Endpunkt von allem zu verwirklichen, was Kopien je zu erreichen hoffen konnten – während sie nur versehentlich als eine Art Anhalter mitgefahren waren. Die Welt der Elysianer würde bis in alle Ewigkeit (nach elysianischen Zeitmaßstäben) größer und vor allem schneller sein als ihre eigene. Deshalb wollte sie natürlich – den Umständen ihrer archaischen menschlichen Werte entsprechend, die zu löschen sie nicht den Mut gehabt hatte – Teil ihrer Welt sein. Peer empfand es als absurd, daß sie ihr Leben noch immer damit verschwendete, die Elysianer zu beneiden. Sie hätte genauso gut ihre eigene, ebenso komplexe, ebenso bevölkerte Welt erzeugen, ja sogar STARTEN können – und den Elysianern ebenso endgültig den Rücken kehren, wie diese der Erde den ihren gekehrt hatten.
    Aber Kate hatte es sich selbst ausgesucht. Peer hatte sich daran gewöhnt, wie er sich auch an all ihre anderen Meinungsverschiedenheiten gewöhnt hatte. Er war davon überzeugt, daß sie irgendwann in ferner Zukunft ihre gemeinsamen Probleme schon lösen würden – immerhin verbrachten sie die Ewigkeit miteinander. Es war noch früh. Es würde noch Ewigkeiten früh sein.
    Er drehte sich um und warf einen Blick auf die Stadt unter ihnen – oder die fremdartige, rekursive Karte der Stadt, mit der sie, vergraben hinter den Mauern und Fundamenten der Wirklichkeit, auskommen mußten. Malcolm Carters geheime, schmarotzende Software war nicht völlig blind gegenüber ihrem Wirt; sie konnten beobachten, was in den höheren Ebenen des Programms vor sich ging, in dessen redundanten Algorithmen sie existierten – aber sie konnten überhaupt keinen Einfluß auf das nehmen, was dort geschah. Sie konnten kurze, unvollständige Aufzeichnungen der Aktivitäten in der realen Stadt aufschnappen und sie anschließend als limitiertes Duplikat wieder abspielen. Es war fast wie … wie die weit auseinanderliegenden Welten in einem Abschnitt von Ulysses: Peer und Kate lasen: »Leopold Blum wanderte durch Dublin.« Vielleicht nicht ganz so kurz.
    Trotzdem war der Anblick von hoch oben aus der Luft atemberaubend. Peer mußte zugeben, daß wahrscheinlich kein Unterschied zum Anblick der echten Stadt bestand. Die Sonne begann soeben im Meer zu versinken, und als sie tiefer gingen, glitzerten im Osten die Wasserfälle von Ulam wie ein bernsteinfarbener Strom, der über das granitene Gesicht der Vine-Berge hinabfiel. Am Fuß der Berge stachen Dutzende silberner Nadeln und Prismen aus Obsidian hervor, phantasievolle Wachtürme, die das Licht reflektierten und hundertfach brachen. Peer verfolgte den Lauf des Stroms durch üppige Wälder und dunkle grasbewachsene Ebenen bis in die Stadt.
    Die Gebäude der Vororte waren flach und weit verstreut. Je weiter sie sich dem Zentrum näherten, desto größer wurden sie, desto dichter standen sie beisammen; das Profil erhob sich zu einem Umriß, der die Gestalt der Vine-Berge widerspiegelte. In der Nähe des Stadtzentrums standen Hochhäuser, die untereinander durch Tausende kristallener Überwege auf jedem Stockwerk verbunden waren; sie waren so zahlreich und dicht, daß es schien, als wäre jedes einzelne Gebäude mit jedem anderen direkt verbunden. Natürlich war das nicht der Fall, aber der Gedanken war faszinierend.
    Menschenmassen füllten dekorativ die Übergänge und Bürgersteige; hirnlose Marionetten, die nur den einfachsten Regeln gehorchten – aber sie sahen so zielstrebig und beschäftigt aus, als wären sie echt. Vielleicht nur eine eigenartige Verschönerung – aber nicht eigenartiger, als überhaupt Bürgersteige und Übergänge und Gebäude zu errichten. Die meisten Elysianer kamen kaum jemals hierher, aber das letzte Mal, als Peer

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