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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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es geheimhalten, und warum?«
    »Sie werden es nicht geheimhalten – auf längere Sicht. Aber es läßt sich am meisten verdienen, wenn man die neue Technik zuerst den superreichen Kopien verkauft – bevor sie auf den Markt kommt und die BIPS-Preise verfallen.«
    »Und warum sich dann als blinder Passagier einschleichen? Wenn es soweit ist, brauchst du die Wetterkontrolle doch nicht mehr zu fürchten!«
    »Weil es sein kann, daß es zu diesem Quantensprung niemals kommt. Das einzige, was ich weiß, ist, daß einige der reichsten – und bestinformierten – Kopien beschlossen haben, sich zu dieser … geheimen Zuflucht zurückzuziehen. Und ich habe die Chance, mit ihnen zu gehen.«
    Peer sagte eine Weile gar nichts. Schließlich fragte er: »Also wirst du … umziehen. Oder dich klonen?«
    »Klonen.«
    Er hätte seine Erleichterung verbergen können, aber er versuchte es gar nicht. Er sagte: »Ich bin froh. Ich hätte dich vermißt.«
    »Und ich würde dich vermissen. Ich möchte, daß du mitkommst.«
    »Du willst …«
    Kate beugte sich zu ihm herüber. »Carter hat gesagt, er könnte dich auch einplanen – und dein Gepäck – für fünfzig Prozent zusätzlich. Laß dich klonen und komm mit. Ich will dich nicht verlieren – keine meiner Versionen will das.«
    Peer fühlte eine Welle ängstlicher Erregung aufsteigen. Er speicherte das Gefühl, dann sagte er: »Ich weiß nicht, ich habe nie …«
    »Eine Zweitversion, die auf der sichersten Hardware des Planeten laufen wird. Das heißt doch nicht, sich denen draußen auszuliefern – im Gegenteil, wir werden eigenständiger sein als bisher, ein Stück echter Unabhängigkeit gewinnen.«
    »Unabhängigkeit? Und was, wenn die anderen Kopien sich eines Tages in Carters Stadt langweilen und beschließen, sie aufzugeben – sie gegen eine völlig andere Art von Existenz einzutauschen?«
    Kate ließ sich nicht beirren. »Das ist nicht auszuschließen. Aber auch im öffentlichen Netz gibt es keine Garantie. So haben wir wenigstens die Chance, daß eine Version von uns überlebt.«
    Peer dachte nach. »Blinde Passagiere … keine Verbindung nach draußen … nur wir beide und die Software, die wir mitbringen.«
    »Du bist doch ein Angehöriger der solipsistischen Nation, oder nicht?«
    »Das weißt du selbst. Aber … Ich habe noch nie eine Zweitversion betrieben. Ich weiß nicht, wie ich mich nach der Teilung fühlen werde.«
    Wie wer von beiden sich fühlen würde …?
    Kate bückte sich und hob sein Herz vom Boden auf. »Eine Zweitversion wird dich nicht im geringsten stören.« Sie durchbohrte ihn mit einem Blick aus den ungewohnten grauen Augen. »Wir werden mit einer Verlangsamung von siebenundsechzig leben. Carter wird die fertige Stadt in sechs Monaten Echtzeit – von heute an gerechnet – an Durham liefern. Aber wer weiß, wann Projekt Schmetterling uns das nächste Mal außer Betrieb setzt? Du hast also nicht lange Zeit zum Nachdenken.«
    Kates Augen erblickten Peer noch immer als den auf dem Stuhl neben ihr sitzenden Mann, in Nachdenken versunken – während er in Wirklichkeit längst aufgestanden war und im Zimmer umherwanderte, um ihren forschenden, schwer erträglichen Blicken zu entgehen.
    Wer bin ich? Ist es das, was ich will?
    Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Mit der Hand aktivierte er ein Menü auf einem der Schirme; eine Anordnung aus einem Dutzend identischer Bilder erschien – die anatomische Darstellung eines menschlichen Gehirns aus dem neunzehnten Jahrhundert, die Oberfläche säuberlich in einzelne Felder aufgeteilt, jedes mit Erklärungen versehen, welche Emotionen, Leistungen oder Fähigkeiten dort saßen. Die einzelnen Felder waren Menüsymbole und boten Zugriff auf ganze Bündel von Parametern: gespeicherte frühere Bewußtseinsinhalte oder rein synthetische Erinnerungen.
    Peer berührte das Sinnbild mit dem Namen KLARHEIT.
    Zwölf Echtzeit-Jahre als Kopie (das war nicht viel) hatte er damit verbracht, alle Möglichkeiten zu erforschen, jede Konsequenz zu Ende zu denken, um herauszufinden, was er nun war. Er hatte seine Umgebung, seinen Körper, seine Persönlichkeit, seine Wahrnehmungen verändert – oder besser: verfremdet, aber alle neuen Erfahrungen waren zu Bestandteilen des alten, immer gleichen Selbst geworden. Alle Streiche, die er seinem Gedächtnis hatte spielen wollen, waren seinem Bewußtsein hinzugefügt worden, hatten es nicht einfach ersetzt. Am Ende war er immer ein und dieselbe Person geblieben, die die

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