Cyber City
Foto.
»Kennen Sie diesen Mann?«
Maria schluckte. »Ja … er heißt Paul Durham. Ich … ich arbeite für ihn. Ein Programmierauftrag.« Sie war im Grunde nicht überrascht; aber es war trotzdem ein kleiner Schock, der sie nach ihrem Höhenflug zurück auf dem Boden der Tatsachen holte. Natürlich interessierte sich das Computerbetrugsdezernat für Durham. Sicher würden sich die Hirngespinste der letzten drei Monate nun vor ihren Augen in Luft auflösen. Aden hatte sie gewarnt; sie selbst hatte es immer gewußt. Dieser Auftrag war eine Seifenblase, die irgendwann platzen mußte. Zu schön, um wahr zu sein.
Doch eine Sekunde später hatte sie sich wieder in der Gewalt und ärgerte sich über ihre Reaktion. Durham hatte das Geld einem Treuhänder übergeben, das stand fest. Er hatte die Rechnungen stets beglichen, die für die Benutzung des SNV aufgelaufen waren. Sie hatte er nicht betrogen. Zu schön, um wahr zu sein war der Fatalismus von Dummköpfen. Zwei Erwachsene hatten eine Übereinkunft getroffen und sich auch daran gehalten; die Tatsache, daß ein Außenstehender nicht verstand, worum es ging, machte daraus noch lange kein Verbrechen. Nach allem, was er für sie getan hatte, schuldete sie ihm zumindest einen leisen Zweifel an dem, was man ihm zur Last legte.
Hayden sagte: »Was für ein ›Programmierauftrag‹ ist das?«
Maria erklärte es, so gut es eben möglich war, wenn man nicht die ganze Nacht darauf verwenden wollte. Hayden verstand einiges von Rechnern, was nicht weiter überraschend war. Sie wußte sogar, was ein zellularer Automat war. Aber was das Autoversum betraf, hatte sie entweder nie davon gehört oder wollte es von Maria hören.
»Sie denken also, daß dieser Mann Ihnen dreißigtausend Dollar zahlen wird … für Ihre Hilfe bei der Klärung einer rein theoretischen Frage zum Thema ›künstliches Leben‹?«
Maria versuchte, nicht entschuldigend zu klingen. »Ich habe selbst einige zehntausend Dollar für das Autoversum aufgewendet. Es ist wie mit anderen Hobbys auch: Man betritt eine Welt für sich, mit ihren eigenen Maßstäben – und dann kann man nicht mehr davon lassen, wird besessen, zum Sonderling. Aber es ist nicht verschrobener als … das Basteln von Flugzeugmodellen oder das Wiederholen der Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs am Bildschirm.«
Hayden widersprach weder, noch schienen sie Marias Vergleiche sonderlich zu beeindrucken. »Wußten Sie, daß Paul Durham Versicherungen an Kopien verkauft?«
»Ich weiß, daß er Versicherungsvertreter ist. Er selbst hat es mir gesagt. Daß er nicht beruflich mit Computern zu tun hat, heißt doch nicht …«
»Wußten Sie auch, das er versucht hat, seinen Klienten Anteile an einer Art ›Sanktuarium‹ zu verkaufen? Ein Ort, an den sich Kopien – oder ihre Klone, Zweitversionen – zurückziehen können, falls das politische Klima sich eines Tages gegen sie wenden sollte?«
Maria blinzelte. »Nein. Was meinen Sie damit, ein Sanktuarium … einen privaten Supercomputer? Hat er versucht, Geld für eine Gesellschaft aufzutreiben, die …«
Hayden sagte trocken: »Sicher versucht er, Geld aufzutreiben – aber ich bezweifle, daß er je genug zusammenbekommen wird, um die Art von Hardware bezahlen zu können, die er für den angebotenen Service braucht.«
»Und was werfen Sie ihm vor? Daß er ein Unternehmen zu gründen versucht, an dessen Erfolg Sie nicht glauben können?« Hayden schwieg. »Haben Sie ihn befragt? Vielleicht gibt es eine einfache Erklärung für das, was man Ihnen berichtet hat. Irgendeine senile Kopie könnte seine Reklame für ein ›Sanktuarium‹ falsch verstanden haben.« Eine senile Kopie? Nun ja, vielleicht kam es hin und wieder vor, daß ein Scan im Greisenalter sich gegenüber kognitiven Reparaturalgorithmen als resistent erwies.
Hayden sagte: »Natürlich haben wir ihn befragt. Er weigert sich, mit uns über dieses Thema zu reden. Das ist der Grund, warum wir unser Glück bei Ihnen versuchen.«
Marias Optimismus begann zu wanken. Wenn Durham nichts zu verbergen hatte, warum verschwieg er dann alles, was ihn entlasten konnte?
Sie sagte: »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen könnte. Wenn Sie meinen, daß er seine Klienten täuscht, dann müssen Sie mit denen reden. Es ist deren Aussage, die Sie brauchen, nicht die meine.«
Eine lange, ungemütliche Pause entstand. Dann sagte Hayden: »Die Aussagen von Kopien haben keine Rechtskraft; rein rechtlich gesehen sind sie nichts anderes als eine
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