Cyber City
wenn sie erst einmal in der Küche war.
Sie konnte einfach nicht verstehen, warum Durham der Polizei jede Auskunft verweigerte. Das hieß doch, daß er krumme Geschäfte machte, die ihn – zumindest – seinen Job kosteten, wenn man ihm auf die Schliche kam. Zum Teufel mit ihm. Auch wenn er nicht vorhatte, sie zu hintergehen – Schwierigkeiten hatte er ihr allemal bereitet. Sie würde nicht einen Cent für die bereits geleistete Arbeit erhalten; auch andere Gläubiger kamen nicht an das hinterlegte Geld heran, selbst wenn Durham bankrott ging – aber die Polizei, wenn es unredlich erworben war …
Lorenzo, der Prächtige. Ach ja …
Das Schlimmste daran war, daß diese Hayden – so hörte sie sich jedenfalls an – überzeugt war, in Maria eine Komplizin Durhams vor sich zu sehen. Wenn Durham weiter schwieg, dann mußte sie zusehen, wie sie sich aus der Affäre ziehen konnte.
Bloß wie?
Zuerst mußte sie herausfinden, was dahintersteckte. Dann ließ sich vielleicht klären, wieviel (oder wie wenig) sie damit zu tun hatte.
Sie sagte: »Was genau verspricht er den Kopien?«
»Eine Zuflucht. Ein Ort, wo sie vor jeder äußeren Einwirkung sicher sind – weil es keine Verbindung von diesem Ort zur äußeren Welt geben soll. Keine Telefon- oder Datenleitungen – nichts, wodurch man sie identifizieren oder orten könnte. Er erzählt gerne und in aller Breite von einem kommenden ›Dunklen Zeitalter‹ in dem die verarmten Massen nicht länger hinnehmen werden, daß reiche Unsterbliche über ihr Wohl und Wehe entscheiden – und böse Politiker mit sozialistischen Neigungen alle Supercomputer für die Wetterkontrolle requirieren.«
Detektiv-Sergeantin Hayden schien das komisch zu finden. Maria enthielt sich vorerst eines Urteils; schließlich kam es darauf an, wie Durhams Klienten darüber dachten – es leuchtete ihr durchaus ein, daß eine Kopie das »Projekt Schmetterling« als Bedrohung empfinden konnte. »Also sollen sie ihre Klone dorthin schicken, und man wird die Tore schließen – und wenn die Originale die Zeit des Umsturzes nicht überstehen, ist nichts verloren. Und was dann? Wie lange soll das ›Dunkle Zeitalter‹ dauern?«
Hayden zuckte die Achseln. »Wer weiß? Ein paar hundert Jahre? Vermutlich wird eines Tages Durham oder ein vertrauenswürdiger Nachfolger entscheiden, daß es an der Zeit ist, sich wieder zu zeigen. Die beiden Kopien, deren Beauftragte Anzeige erstattet haben, haben sich seine Pläne nicht zu Ende angehört; sie haben ihn hinausgeworfen, bevor er auf Einzelheiten kam.«
»Er muß noch andere Kopien angesprochen haben.«
»Natürlich. Niemand hat sich bei uns gemeldet, doch wir besitzen eine Liste der mutmaßlichen Leute. Unglücklicherweise haben alle ihr Vermögen im Ausland, und ich konnte noch mit keinem von ihnen sprechen – wir arbeiten zur Zeit noch die notwendigen Formalitäten aus. Einige haben bereits durch ihre Anwälte klargemacht, daß sie nicht darüber reden wollen – was höchstwahrscheinlich bedeutet, daß sie Durham vertrauen und nichts Nachteiliges zu hören gewillt sind.«
Maria hatte Mühe mit der Vorstellung: Keine Verbindung, keine Kommunikation nach draußen. Eine Insel fern der Realität, irgendwo, nirgendwo. Einigen Kopien, die sich als Angehörige der Solipsistischen Nation fühlten, mochte die Aussicht behagen – aber sie hatten meist nicht genügend Geld, um Opfer eines Betruges zu werden. Und wenn selbst Durhams reichste und bis ins Mark paranoide Klienten überzeugt waren, daß die Weltmeinung sich gegen sie richten würde … was, wenn die Verhältnisse so widrig wurden, daß die Verbindung niemals wieder hergestellt wurde? Die Menschen draußen, die »Wächter« dieses Refugiums, würden sterben – oder ihren Posten im Stich lassen. Konnte denn irgendeine Kopie – abgesehen von den radikal »separatistischen« – das Risiko eingehen, in einem verborgenen, inmitten einer Wüste vergrabenen Computer wie auf einer einsamen Insel zu stranden, ohne Möglichkeit, aus eigener Kraft herauszufinden, ob die Welt draußen wieder »lebenswert« war – und ohne die Möglichkeit, mit einer wie auch immer gearteten Welt Kontakt aufzunehmen?
Isotopenbatterien konnten für einige tausend Jahre den nötigen Strom liefern; eine vielfach redundante Hardware nach den modernsten Standards konnte – zumindest theoretisch – ebenso lange funktionieren. Die dort gespeicherten Kopien würden über alle Informationen verfügen, die sie zu Anfang besessen
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