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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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schmerzhafte Tränen. Purpurrote Paisleymuster schwirren vor seinen geschlossenen Augen. Yogendra klettert wie ein Affe die Stange hinauf und schließt den Spezialpalmer an das Kamerakabel an.
    »Hab’s dir versprochen, nicht wahr?«, hatte Anand gesagt, während er mit dem Palmer spielte. »Schalt ihn ein, steck diese Nadel in das Übertragungskabel. Mein kleiner Djinn hier drinnen ist einfach goldig. Sobald er eingeklinkt ist, kann die Kamera in eure Richtung blicken, und alles, was die Kaih sieht, ist Hintergrund. Wie ein Tarnumhang.«
    »Hast du es?«, flüstert Shiv. Yogendra tippt ihm zweimal auf den Rücken. Dann arbeiten sich die beiden um die Basis des Turms herum zum südlichen Touristeneingang, aber Shiv hält trotzdem den Atem an, als sie vor das Spionauge treten. Er rechnet mit losheulendem Alarm, mit der Drohne einer Hovercam, die mit Neurotoxinnadeln bewaffnet über die Festungsmauer schwebt, mit dem plötzlichen Rattern einer automatischen Waffe, mit dem schleifenden Geräusch, wenn die Killermaschine ihre Klinge zückt.
    Unter dem Turm fällt der Boden zum Südzugang hin ab. Dahinter liegt ein kleiner verwilderter Friedhof, christlich, wenn man nach der Form der Grabsteine geht. Der Ruheplatz der Angreez-Soldaten, die dieses Fort bewachten. Idioten, denkt Shiv. Hier sinnlos zu sterben. Hinter dem kleinen Friedhofswäldchen erkennt er ein paar altersschwache Häuser, Dhobi-Ghats und den Fluss, der sich aus dem Sichtfeld windet. Zum Touristeneingang hinunterzuklettern ist nicht ungefährlich, weil der Sandstein im Regen schlüpfrig ist. Und der größte Idiot von allen war Bill Gates, weil er sich erträumte, mit seinem Geld den Tod besiegen zu können.
    Der Plan sieht vor, dass Shiv und Yogendra an der Mauer über dem Haupttor zur nördlichen Brüstung zurückgehen, von wo sie leicht zu Hastings’ Pavillon hinunterspringen können. Doch als die zwei Einbrecher unter der Festungsmauer hocken und durch den fernen Donner auf die Geräusche von Wachmännern horchen, tippt Yogendra gegen Shivs Arm und macht eine drehende Bewegung neben seiner Nachtsichtbrille. Shiv erhöht die Vergrößerung und haucht einen leisen Fluch im Namen seiner kleinen Götter. Im Monochromsichtfeld erkennt er nun deutlich zwei Sicherheitsroboter, die den Haupteingang flankieren. Zwischen ihren Beinen hängen Gatling-Geschütze. Hinter den Killermaschinen sieht er ein grell erleuchtetes Wachhäuschen. Shiv erkennt die militärischen Stumgewehre an der Wand hinter dem dösenden Wachmann, die Stiefel auf dem Schreibtisch, einen Fernseher, der eine weiße Fläche zeigt. Das ist definitiv kein Girli in rotem Catsuit.
    »Scheiß auf Anand«, flüstert Shiv. Auf diesem Weg kommen sie nicht heraus. Yogendra grinst unter seiner großen Brille und zeigt ihm einen entschlossen hochgereckten Daumen. Seine Perlenkette glüht in Shivs lichtverstärkter Sicht. Yogendras Daumen zeigt in die andere Richtung. Auf den langen Weg. Am Fuß der eingestürzten Mauer am Touristeneingang reißt Yogendra Shiv plötzlich hinter einem Trümmerhaufen zu Boden, wirft sich auf ihn. Automatisch kommt Shiv ein Fluch über die Lippen, dann sieht er, wie Yogendra einen Finger zum Touristentor ausstreckt. Wie eine niedere Gottheit im Nachtsichtgerät glühend stakst der Verteidigungsroboter geduldig in die Lücke. Der Sensorkopf, der mit hellen Spinnenaugen gespickt ist, dreht sich, um jedes Detail seiner Umgebung wahrzunehmen. Kommunikationsvorrichtungen krönen ihn wie ein göttliches Diadem. Der Roboter hält inne, hebt die Waffenkapseln. In den vier Armen steckt genügend variationsreiche Feuerkraft, um Yogendra und Shiv fünfmal hintereinander auf fünf unterschiedliche Weisen zu töten. Yogendra drückt Shivs Kopf hinter den Steinhaufen und sich selbst so flach wie möglich auf ihn. Shiv schmiegt sich eine scheinbare Ewigkeit lang an den Boden. Yogendra wiegt nicht viel, aber die Steine sind scharf. Seine Rippen drohen an den Spitzen zu brechen. Dann hört er, was Yogendra auf die Maschine aufmerksam gemacht hat: das leise Zischen eines schlecht gewarteten Stoßdämpfers. Sie beobachten, wie das Monster hinter der Krümmung des Turms aus ihrem Blickfeld verschwindet. Dann verlassen sie ihre Deckung und stürmen zur südlichen Festungsmauer.
    Sie folgen der Mauer, am Südwestturm vorbei und weiter an der Terrasse auf der Flussseite entlang. Shivs Beinmuskeln protestieren gegen die geduckte Haltung. Er ist völlig durchnässt. Hastings’ Pavillon hängt wie

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