Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
Vom Netzwerk:
Gewändern gar nicht mehr so cool aus. Ganz besonders hasst Shiv den altmodischen Schnurrbart im Mughal-Stil. Er würde ihn gern abschneiden lassen, aber Yogendra muss die hakenförmige Klinge des großen Messers an die Lenden von Ramanandacharya halten. Eine kleine Bewegung aus dem Handgelenk, und die Oberschenkelarterie ist durchtrennt. Shiv kennt die Anatomie. Der Raja wird in weniger als vier Minuten verblutet sein.
    Sie gehen über das nasse Kopfsteinpflaster von Hastings’ Pavillon zum Tempel hinauf, einander so nahe wie Liebende oder Betrunkene.
    »Wie viele haben Sie davon?«, flüstert Shiv und stupst Ramanandacharya gegen die Schulter. »Da drinnen, wie viele Frauen, hm?«
    »Vierzig«, sagt Ramanandacharya. Shiv schlägt ihm mit dem Handrücken ins Gesicht. Er weiß, dass es an den Pillen liegt, dass sie ihn ungeduldig machen, mutiger, als ein kluger Mann sein sollte, aber er mag das Gefühl.
    »Vierzig Frauen? Wo haben Sie die alle her?« Stups.
    »Von überall. Philippinen, Thailand, Russland. Wo sie billig sind?« Wieder ein Rückhandschlag. Ramanandacharya krümmt sich. Sie kommen am Wachroboter vorbei, der sich auf den Stahlbeinen niedergehockt hat.
    »Sind auch ein paar gute Bharati-Frauen dabei?«
    »Ein paar aus dem Dorf ... ah!« Shiv schlägt fester zu, Ramanandacharya reibt sich das Ohr. Shiv nimmt ein Stück der reichlich mit Gold bestickten Seide zwischen die Finger, spürt das feine Gewebe, die hautartige Glätte, die Leichtigkeit.
    »Mögen die Weiber das? Den ganzen Mughal-Scheiß?« Er schubst Ramanandacharya mit beiden Händen. Der Datenraja stolpert auf einer Stufe. Yogendra zieht schnell das Messer zurück. »Warum konnten Sie kein Hindu sein, hm?«
    Ramanandacharya zuckt mit den Schultern.
    »Das Mughal-Fort ...«, versucht er zu erklären. Shiv schlägt ihn noch einmal.
    »Mughal-Fort-Ficker!« Er nähert sich seinem Ohr. »Und wie oft ... Sie wissen schon. Jede Nacht?«
    »Auch am Mittag ...« Der Satz geht in einen schrillen Schrei über, als Shiv dem Datenraja einen heftigen Schlag gegen den Kopf verpasst.
    »Dreckiges Chuutya-Arschloch!« Jetzt weiß er, was es für ein Geruch ist. Dieser süßliche, säuerliche, dunkle Moschusgeruch an Ramanandacharyas Gewändern und Schmuck: Sex.
    »Uh«, sagt Yogendra.
    Der Schwarm der Roboter hat den Orbit um den Lodi-Tempel verlassen und fließt über den Hof auf das Trio zu wie ein schwarzer Pfeil aus Öl. Plastikfüße trippeln auf dem Kopfsteinpflaster. Die feuchten Panzer glänzen schwärzlich. Ramanandacharya schnalzt mit der Zunge und seufzt und dreht den Ring am linken kleinen Finger. Der Schwarm teilt sich wie das Meer in dieser christlichen Geschichte, die freundliche amerikanische Missionare guten jungen Frauen in den Kopf setzen, um aus ihnen unverheiratbare Wesen zu machen, die nie einen anständigen Ehemann bekommen werden.
    »Sie hätten Ihre Füße in zwanzig Sekunden bis auf die Knochen abgenagt«, sagt Ramanandacharya.
    »Halt’s Maul, Fettsack.« Shiv schlägt ihn wieder, weil die Skarabäen ihm Angst eingejagt haben. Ramanandacharya macht einen Schritt, dann einen weiteren. Der Ring aus Robotern folgt ihm fließend. Yogendra streift mit der Messerspitze Ramanandacharyas Leistengegend.
    Der Säulengang des Tempels ist dieselbe trostlose, tropfende Hülle aus graffitiertem Gips und hingekritzelter religiöser Volkskunst, die Shiv von der Festungsmauer aus gesehen hat, aber nun aktiviert Ramanandacharyas Kirlian-Signatur die Staffeln der blauen Flutlichter, und Shiv bemerkt, dass er den Atem anhält. Der Suddhavasa im Innern ist ein durchsichtiger Plastikwürfel, dessen Kanten unter dem grellen blauen Licht leuchten. Die Skarabäen kehren wieder in ihren Orbit zurück. Ramanandacharya streckt eine Hand zur durchscheinenden Plastikyoni der Luftschleusentür. Ein Ziffernfeld schält sich aus der fließenden Oberfläche. Ramanandacharya tritt vor, um den Kode einzugeben; das Messer blitzt auf, Ramanandacharya stößt einen Schrei aus, greift nach seiner Hand. Blut quillt aus einem feinen Schnitt an seinem rechten Zeigefinger.
    »Du machst es.« Yogendra zeigt mit der Messerklinge auf Shiv.
    »Was?«
    »Er könnte mit Tricks oder Fallen arbeiten, Sachen, von denen wir nichts wissen. Er denkt, wenn wir es haben, wird er sowieso sterben. Du gibst den Kode ein.«
    Ramanandacharya reißt die Augen auf, als Shiv den Palmer hervorzieht und das Passwort für die Tür eintippt.
    »Woher haben Sie das? Von Dane? Wo ist Dane?«
    »Im

Weitere Kostenlose Bücher