Cyberabad: Roman (German Edition)
er und streckt die Hand aus. Govind schüttelt den Kopf und nimmt dann die Hand.
»Genau das, mein Bruder, ist der Grund, warum du es im Geschäftsleben nicht weit bringen wirst. Du bist zu weich. Zu höflich. Du hast heute gewonnen, du hast einen großen Sieg errungen, also genieß es! Nutz es aus. Brüste dich damit. Lass mich noch einmal von deinen Wachmännern aus dem Gebäude eskortieren.«
»Das Programm kennst du doch bereits.«
Die PR-Leute von Ray Power haben die Herde weitergedrängt, Vishram und Govind sind allein im Korridor. Govinds Griff um Vishrams Hand ist fest.
»Unser Vater wäre stolz, aber ich bin weiterhin der Meinung, dass du diese Firma vor die Wand fahren wirst, Vishram. Du machst Eindruck, du hast Charisma, du bist Showbusiness. Das alles sind tolle Eigenschaften, aber damit führt man kein Unternehmen. Ich habe einen Vorschlag. Ray Power sollte genauso wie die Familie Ray niemals ein geteiltes Haus sein. Ich habe mündliche Vereinbarungen mit externen Investoren, aber nichts ist niedergeschrieben worden, nichts ist unterzeichnet worden.«
»Eine Re-Fusion«, sagt Vishram.
»Ja«, bestätigt Govind. »Bei der ich die Betriebsleitung übernehme.«
Vishram kann dieses Publikum nicht einschätzen.
»Ich werde dir zu gegebener Zeit eine Antwort geben«, sagt er. »Nach der Demonstration. Und jetzt möchte ich, dass du dir mein Universum ansiehst.«
»Eine Sache noch«, wirft Govind ein, während ihre Ledersohlen leise über die Ahornintarsien klacken. »Woher stammt das Geld?«
»Von einem alten Verbündeten unseres Vaters«, sagt Vishram, und während er unterschwellig das Geräusch hört, vor dem sich ein Comedian am meisten fürchtet – wie sich die eigenen Schritte entfernen –, wird ihm klar, dass unter den Szenen, die er geprobt und nie verwendet hat, eine bestimmte fehlte. Er hat sich nicht überlegt, was er tun würde, wenn er hinter diesem Diamanttisch einen grausamen Tod gestorben wäre.
Sie suchen sich einen kleinen Platz an der Tür, unter der Klappkoje des Wagenschaffners. Hier verbarrikadieren sie sich hinter den blauen, stoßfesten Koffern und kauern sich wie Kinder aneinander. Die Türen sind verschlossen, so dass Parvati durch das winzige Guckloch aus Rauchglas nur den Himmel sehen kann, der die Farbe des Regens hat. Sie lugt durch die Trennwand in den nächsten Waggon. Die Körper sind gegen die harte Plastikscheibe gepresst und wirken beunruhigend flach. Keine Körper, sondern Menschen, die ihr Leben genauso wie sie nicht auf sinnvolle Weise in jener Stadt fortsetzen können. Die Stimmen übertönen das Summen der Zugmaschine, das Rattern der Gleise. Sie findet es erstaunlich, dass etwas, das so extrem überladen ist, sich überhaupt noch bewegen kann, aber die Beschleunigskräfte in ihrer Magengrube und im Rücken an der gerippten Kunststoffwand verraten ihr, dass der Raipur Express immer schneller wird.
In diesem Zug gibt es nirgendwo Personal, keine Fahrkartenkontrolleurin in schickem weißem Sari mit dem Rad von Bharat Rail auf der Schulter des Pallav, keinen klirrenden Chai-Wallah, keinen Steward im Schneidersitz auf der Koje über ihnen. Der Zug fährt jetzt sehr schnell, hinter dem kleinen Rechteck aus rauchigem Himmel wischen Strommasten vorbei, und Parvati gerät für einen Moment in Panik, als sie denkt, dass dies der falsche Zug ist, die falsche Richtung. Dann denkt sie: Wäre es nicht egal? Hauptsache weg.
Weg. Sie drückt sich gegen Krishan, greift nach seiner Hand unter den Falten ihres schmutzigen Saris, verstohlen, damit niemand es sieht, damit niemand zu Spekulationen verleitet wird, was diese beiden Hindus vielleicht tun. Ihre Finger ertasten warme Feuchtigkeit. Sie zuckt zurück. Blut. Blut, das sich in einer klebrigen Lache zwischen den Körpern ausbreitet. Blut, das an den Rippen der Kunststoffwand klebt. Krishans Hand, die nur Millimeter von ihrer entfernt war, ist eine geballte rote Faust. Parvati rückt von ihm ab, nicht aus Entsetzen, sondern um diesen Wahnsinn zu verstehen. Krishan sackt an der Wand zusammen und hinterlässt einen roten Streifen, bevor er sich mit dem linken Arm abstützt. Über der Hüfte ist sein weißes Hemd rot, völlig mit Blut getränkt. Parvati sieht, wie es mit jedem Atemzug durch den Stoff gepumpt wird.
Der seltsame Seufzer, als er sie in den Waggon zog, fort von den Schüssen auf dem Bahnsteig. Sie hat gesehen, wie die Kugeln von den Stahlträgern abprallten.
Sein Gesicht hat die Farbe von Asche, die Farbe
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