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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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Bibi, Stufe 2,1, pummelig, lächelnd, mit Lebensfalten im Gesicht und einer grellroten Bindi. Sie könnte überzeugend die Rolle eines Tantchens vom Lande in einer Episode von Stadt und Land übernehmen. Sie namastiert in Vishrams Hoek-Sicht.
    »Für die Resolution«, sagt sie freundlich, wie es eine Mama tun würde, und verschwindet.
    Vishram hat die Kopfrechnungen angestellt, bevor Indira ihm das grafisch aufbereitete Ergebnis in die Augen spielen kann. Als Nächstes steht KHP Holdings auf der Liste, achtzehn Prozent Anteil, mit Abstand der größte Einzelaktionär außerhalb der Familie. Wenn Bhardwaj mit Ja stimmt, hat Vishram gewonnen. Wenn er mit Nein stimmt, braucht Vishram noch elf der übrigen zwanzig Parteien.
    »Mr. Bhardwaj?«, sagt Vishram. Seine Hände liegen flach auf dem Tisch. Er darf sie nicht anheben, weil sie zwei handtellergroße Schweißflecken hinterlassen würden.
    Bhardwaj nimmt seine Brille mit der harten Titanfassung ab und wischt mit einem Poliertuch aus weichem Filz über einen taktischen Schmutzfleck. Er atmet hörbar durch die Nase aus.
    »Das ist ein höchst irreguläres Vorgehen«, sagt er. »Ich kann nur darauf hinweisen, dass so etwas unter Mr. Ranjit Ray niemals passiert wäre. Aber das Angebot ist großzügig und lässt sich nicht ignorieren. Daher unterstütze ich den Vorschlag und stimme für die Resolution.«
    Vishram erlaubt seiner Faust und seinen Kiefermuskeln einen kleinen mentalen Spasmus, ein kleines Ja! Selbst an dem Abend, als er am Funny-Ha-Ha-Wettbewerb teilnahm, hat er keinen Publikumskick erlebt wie das Gemurmel, das sich nun am Sitzungstisch erhebt. Auch die anderen können rechnen. Vishram spürt, wie Marianna Fuscos bestrumpfter Schenkel unter der transparanten Tischplatte aus Nano-Diamant kurz gegen seinen drückt. Eine Bewegung am Rand seines Sichtfelds lässt ihn aufblicken. Seine Mutter schlüpft aus dem Saal.
    Die Formalitäten der weiteren Abstimmung hört er kaum noch. Wie betäubt dankt er den Aktionären und Vorstandsmitgliedern für ihr Vertrauen in den Namen und die Familie Ray. Und denkt dabei: Geschafft! Geschafft! Scheiße, geschafft! Er erklärt der Tischrunde, dass er sie nicht enttäuschen wird, dass sie diesem großen Unternehmen eine großartige Zukunft gesichert haben. Und denkt dabei: Ich werde Marianna Fusco in ein Restaurant ausführen, ins beste, das sich in der Hauptstadt eines besetzten Landes auftreiben lässt, dessen Premierministerin soeben ermordet wurde. Er fordert alle Anwesenden auf, durch den Korridor weiterzugehen, dann werden Sie genau die Zukunft sehen, für die Sie gestimmt haben. Und denkt dabei: ein weicher, verknoteter Seidenschal.
    WIE DER VIEHTRIEB EINER KÄLBERHERDE , textet Marianna Fusco, während das Personal von Ray Power versucht, die Vorstandsmitglieder, die Forscher, die Gäste, die Nachzügler und die zweitrangigen Journalisten, die für die Große Story des Tages entbehrlich sind, über die Böden mit den Ramayana-Ahornholzintarsien zu führen. Das Gewimmel der Körper befördert Vishram und Ramesh, einen Kopf größer, in den Orbit.
    »Vishram.« Big Brother zeigt ein breites und aufrichtiges Lächeln. Es sieht fremdartig aus. Vishram kannte ihn bislang nur ernst, verwundert, mit gesenktem Kopf. Sein Händedruck ist fest und lang. »Gut gemacht.«
    »Du bist jetzt ein reicher Mann, Ram.«
    Typisch Ramesh, den Kopf schief zu legen, die Augen nach oben zu verdrehen, im Himmel nach einer Antwort zu suchen.
    »Ja, es scheint so, geradezu obszön reich. Aber weißt du, eigentlich ist es mir völlig egal. Trotzdem gibt es eine Sache, die du für mich tun könntest. Gib mir irgendeine Aufgabe bei diesem Nullpunkt-Ding. Wenn es stimmt, was du behauptest, habe ich mein Berufsleben damit verbracht, in die falsche Richtung zu blicken.«
    »Du solltest dir die Demonstration ansehen.«
    »Die würde ich um nichts in der Welt verpassen wollen. Oder sollte ich lieber sagen: um nichts im Universum.« Er lacht nervös. Dritte Comedy-Regel, denkt Vishram Ray. Lach niemals über deine eigenen Witze. »Ich glaube, Govind möchte kurz mit dir sprechen.«
    Er hat es auf so viele unterschiedliche Weisen geprobt, mit so vielen unterschiedlichen Stimmlagen, so vielen Nuancen und Posen, und doch fällt alles in den Augenblicken von ihm ab, die er braucht, um Govind in der Menge ausfindig zu machen. Er kann seine Waffen nicht auf diesen pummeligen, scheu lächelnden, schwitzenden Mann im zu kleinen Anzug richten.
    »Tut mir leid«, sagt

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