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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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Ermittlung wegen Betruges festgehalten hatte. Der Kontaktmann erteilte Mert den Auftrag, Sadun auf den Pfad der Tugend zurückzuholen – was ungefähr das Gleiche war, als würde man einen Wolf beauftragen, einem anderen Wolf die Vorzüge der veganen Lebensweise zu erläutern, während beide sich über den Resten eines saftigen jungen Lamms die Lippen lecken.
    Mert kannte sich mit Kryptografie und Programmierung aus; Sadun wusste über Kreditkarten Bescheid. Es dauerte nicht lange, dann zogen beide an einem Strang. Und zu Merts Verblüffung teilte Sadun ihm mit, er sei Mitglied von DarkMarket. Er besuchte die Website unter den beiden Nicknames Cryptos und PilotM. Wenige Stunden später loggte Mert Ortaç sich mit dem zweiten der beiden Namen ein.
    O Wunder! , dachte Mert, als er zum ersten Mal das Innenleben von DarkMarket erblickte:
    Was gibt’s für herrliche Geschöpfe hier!
    Wie schön der Mensch ist! Wackre neue Welt,
    Die solche Bürger trägt!
    Mert war fasziniert. Er erkundete alle Ecken und Winkel der Website, sah sich in den Foren um, lernte, ihren Jargon zu imitieren, und ging dann daran, die Geheimnisse mit noch undurchsichtigeren Mitteln zu lüften. Bisher hatten sich Merts kriminelle Ambitionen auf die Entschlüsselung von Smartcards und den Verkauf geklonter Karten, deren Codierung er geknackt hatte, beschränkt. Nachdem er sich jetzt auf DarkMarket herumtrieb, schnappte er sehr schnell neue Tipps zum Kreditkartenbetrug auf. Mit der Kombination dieser Fähigkeiten gerieten er und Sadun in sehr trübe, finanziell allerdings nahrhafte Gewässer.
    Zuvor jedoch ging er daran, DarkMarket vollständig zu kartieren, als sei es ein Untergrundlabyrinth mit verborgenen Falltüren und Schätzen. Seine Bosse beim staatlichen Geheimdienst wollten natürlich alles wissen, was die DHKP/C betraf, die Terroristenorganisation, gegen die sie ermittelten. Mert jedoch interessierte sich mehr für alles andere, was sich in den Foren abspielte.
    Sehr schnell begriff er, dass Cha 0 , Master Splyntr, Shtirlitz und Lord Cyric die entscheidenden Mitglieder der Website waren. Als Mert anfing, sich auf DarkMarket herumzutreiben, hatte man JiLsi und Matrix 001 bereits aus dem Verkehr gezogen.
    Er brauchte nur Sekunden, dann wusste er, dass Cha 0 Türke war. Das hatte allerdings nicht mit seinen Fähigkeiten als Hacker zu tun, sondern war ausschließlich dem Zufall zu verdanken. Als er die Werbeanzeigen für Cha 0 s Skimmer musterte, fiel ihm im Hintergrund ein türkisches Reklameschild für Döner Kebab auf. Auf einem anderen Foto stand ein Skimmer, der zum Verkauf angeboten wurde, neben türkischem Waschpulver.
    Er gab die Nachricht über den starken türkischen Einfluss auf der Website an seinen Beamten beim Geheimdienst weiter, der sich daraufhin noch stärker für DarkMarket interessierte: Auf der Website waren nicht nur linke Terroristen aktiv, sondern sie wurde sogar von Türken betrieben! Das konnte wichtig werden, und in jedem Fall erforderte es weitere Ermittlungen. Mert erhielt die Befugnis, mit Cha 0 und anderen Türken, die sich auf DarkMarket herumtrieben, Kontakt aufzunehmen. Es dauerte nicht lange, dann glaubte er, er habe noch einen zweiten identifiziert: Lord Cyric.
    Mert stöberte in Archiven aus den frühen 1990er Jahren, als viele Computerfreaks den sogenannten Bulletin Board Service oder BBS nutzten, eine Brücke zwischen einem elektronischen Nachrichtensystem und dem Internet. Als er die Log-Dateien durchsah, fiel ihm der Unterkiefer herunter: Er stieß auf zwei vertraute Nicknames, die unmittelbar nebeneinanderstanden: Cha 0 und Lord Cyric! Demnach, so schloss er, sah es so aus, als würden diese beiden führenden Köpfe von DarkMarket sich schon sehr lange kennen.

31 Diener zweier Herren
    Der fiktive Lord Cyric wurde bei Gamern und Computerfreaks in den 1980er und frühen 1990er Jahren sehr beliebt. Er war eine selbst ernannte Gottheit und trieb sich in den Forgotten Realms (»Vergessenen Reichen«) herum, einer gottverlassenen, mittelalterlich anmutenden Fantasywelt, in der Krieger nach Schätzen und dunklen Geheimnissen suchten, während sie gleichzeitig Wesen mit magischen Kräften und zerstörerischen Gelüsten vernichteten. Die Realms wurden zum Lieblingsrevier aller Computerspieler, die sich in dem Computerrollenspiel »Dungeons and Dragons« einem Abenteurerteam angeschlossen hatten. Später tauchte das von Tolkien inspirierte Ödland in verschiedenen anderen Computerspielen, darunter auch im

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